¯\_(ツ)_/¯ Rückblick auf die direttissima 2016 in München

dmw_direttissima

Obwohl mittlerweile viele Tage und noch mehr Kilometer zwischen mir und der direttissima the conference in München, kurz #dico, liegen, bin ich immer noch ganz beseelt.

Sie ist in meinen Augen das erste Konferenzformat, das erkannt hat, was digitaler Wandel wirklich bedeutet: Es ist eine Bergtour mit höchstem Schwierigkeitsgrad, die den Beteiligten alles abverlangt: Wissen um Technik, Teamfähigkeit, Vision und Haltung.

Es war eine Konferenz für alle Sinne: Mit entspannter Musik von „Little Big Sea“, Whisky Tasting, gutem Cappuccino, lässigen Loungemöbeln und jeder Menge Futter für die digitale Seele mit Anleihen aus Kunst und Kultur.

Dieses nach links und rechts Schauen machte die #dico16 so angenehm und erfrischend anders. Der Slogan „Transfer it!“ hielt sein Versprechen. Es ging nicht um Technik, es ging nicht um das übliche „Ich zeige euch Ahnungslosen jetzt mal, wie es wirklich geht“, sondern alle Redner bekannten, dass sie im Grunde selbst Ahnungslose sind, die sich quasi von Sicherungspunkt zu Sicherungspunkt hangeln.

Folgende Fixpunkte sind mir von der emotionalen Bergtour, die Veranstalter Felix Wegener in seinen Begrüßungsworten ankündigte, besonders im Gedächtnis geblieben:

Vorwärts irren

Dirk Gehlen erklärt das Shruggy-Prinzip zum „default internet feeling“. ¯\_(ツ)_/¯ steht für eine fröhliche, ratlose, gelassene, digitale Haltung. Diese braucht es, um sich auf der unübersichtlichen Route des digitalen Wandels zurechtzufinden. Frei nach Robert Musil empfiehlt Dirk Gehlen, vorwärts zu irren. Es sei schließlich viel zauberhafter, keine Ahnung zu haben und es auch zuzugeben.

Verliebt sein in die eigene Mannschaft

Marina Treude von Microsoft spricht einen extrem wichtigen Punkt an, der auf der direkten Route zum Gipfel wichtig ist: Die Teamfähigkeit. Ihr Credo lautet, man müsse verliebt in die eigene Mannschaft sein. Hat man Vertrauen ins Team, muss man nicht mehr zusammen im Büro sitzen. Teamarbeit ist ein Innovationstreiber. Mit einem Sparringspartner gehen Entscheidungen viel schneller, bestätigen auch Anna Kaiser und Jana Tepe, die Gründerinnen von Tandemploy, einer Jobsharingplattform. Wie wichtig das Team ist, wird auch später noch einmal sehr deutlich, als Extremkletterer Stefan Glowacz von seinen beeindruckenden Expeditionen erzählt.

Menschen, die als Frauen aufwachsen, glauben, sie könnten nicht programmieren

In dem sehr eindrucksvollen Vortrag über „Women in Tech“ von Fiona Krakenbürger lernte ich, dass der Anteil von Frauen in der IT mit dem Einzug des PCs in die Privathaushalte dramatisch abnahm. Erschreckende Erkenntnis! Ich erkannte mich darin sehr wieder. Note to myself: Die Digital Media Women sollten eine Kooperation mit „Code and Cook“ machen, um diesen Missstand zu beheben und Frauen wieder Macht über den Code zu geben.

Wenn du nichts planst, geht auch nichts schief

Das war eines der Learnings, die Isarmatrose Tobias Schwarz, Manager des Coworkingspaces „St. Oberholz“ in Berlin mitgenommen hat, als er in 63 Tagen 29 Coworkingspaces in neun Ländern besucht hat. Er sieht im Coworking die beste Umgebung für Serendipity, also zu finden, was man nicht gesucht hat. Das muss man sich als Unternehmer erst einmal trauen. Ziemlich shruggie, oder?

Die Ratio unterspülen

Socialweb ist wie Sprechtheater mit verteilten Rollen, sagt Wibke Ladwig in ihrem Erlebnisbericht über digitale Szenografie. Und prompt werden die Zuhörer als Chor engagiert. Das haben wir ja noch nie gemacht! Ein bisschen stemmte sich das Münchner Publikum gegen diese Inszenierung. Aus eigener Erfahrung weiß Wibke jedoch: Wer den digitalen Raum selbst mitgestaltet, liefert sich nicht aus. Nur wer mitmacht, nur wer seine eigene Handschrift kennt, kann souverän in den sozialen Netzwerken kommunizieren. Rheinländer haben entscheidende Vorteile, wenn es ums Ratio unterspülen geht 😉

In ein ähnliches Horn stößt Klaus Eck im anschließenden Vortrag: Es muss menscheln, um im digitalen Raum Resonanz und Empathie zu bekommen. Die Persönlichkeit muss durchkommen. Genau da setzt die digitale Szenografie an.

Wir brauchen mehr Entscheidungsrebellen, die machen und auch Fehler zulassen

Mein persönliches Highlight der Konferenz war der Vortrag von Extremkletterer Stefan Glowacz. Freude und Begeisterung sollten das Fundament jeglichen Handelns sein. Hurra! Er ist auch der Überzeugung, dass die Angst vor Fehlern kontraproduktiv ist. Fehler sind wichtig für Veränderungschancen für Unternehmen. Die beiden eindrucksvoll bebilderten und geschilderten Expeditionen sind das perfekte Beispiel dafür. Dem Team sind einige Fehler unterlaufen, sie sind mehrfach gescheitert, aber Ende standen sie auf dem Gipfel. Nie werde ich vergessen, welche Bedeutung ein einziger vergessener Löffel haben kann.

Was ich ungemein beruhigend finde: Gegen seine Expeditionen ist jeder digitale Changeprozess ein Spaziergang. Du kannst abends in deinem Bett schlafen, hast drei Mahlzeiten am Tag, es geht nicht um Leben und Tod.

Lieber Original als schlechte Kopie

Sina Trinkwalder spricht mit der ihr bekannten Verve über Plagiate. Ihr Fazit, nachdem sie selbst kopiert wurde: Kopieren bringt dich nicht weiter. Auch sich darüber ärgern, dass andere dich plagiieren, nützt nichts. Die Devise heißt, nach vorne schauen und neue Ideen entwickeln. Manchmal kommen sie nicht sofort, aber plötzlich sind sie da. Innovationen lassen sich eben nicht auf Knopfruck entwickeln.

 

Insgesamt gab es an dem Tag 20 coole, inspirierende, unterhaltsame, nachdenklich stimmende Acts. Nicht von allen kann ich hier berichten. Im Grunde waren alle ein Plädoyer für mehr Nähe, für mehr Echtheit, fürs Mensch sein. Wer nicht dabei war, hat etwas verpasst. Zum Glück gibt es #scrollytelling á la Storify. Hier könnt ihr die #dico16 in Tweets und Bild nachempfinden.

Stimmen zur direttissima

Cécile Schneider
Cécile Schneider (Foto: Moritz Wanke)

Cécile Schneider, Digital Media Women: Ich habe vor allem eine Sache mitgenommen: Das Menschliche und Unperfekte drängt mit Macht ins Digitale zurück. „Sich nackig machen“ stellt Vertrauen und Verbindung her, die mittlerweile wichtigste Währung im Web, wie Theresa Lachner von Lvstprinzip sagte. Allzu glatt gebügelte Auftritte von Unternehmen laufen bereits Gefahr, Androiden und Bots zugeordnet zu werden, wie Klaus Eck (d.tales/Eck Consulting) betonte. Digitale Empathie ist also nur mit Persönlichkeit zu haben – zum Preis, dass sie einige gut finden und andere nicht.

 

 

Sarah Söhlemann
Sarah Söhlemann (Foto: Sarah Söhlemann (www.wereallmadhere.de)

Sarah Söhlemann, Digital Media Women München: „Die Direttissima in einem Satz: Offen sein für Neues, außerhalb der Komfortzone umschauen, ausprobieren, hinfallen, aufrappeln, Krönchen richten. Das war ganz kurz gefragt mein Zwischenfazit zur #dico16 am Freitag, und das fasst den Tag auch rückblickend ziemlich gut zusammen. Thematisch waren es (für mich) nicht unbedingt vollkommen neue Themen, aber eines war ihnen gemein: Hinterfragt doch einfach mal die alten Strukturen, die normalen Methoden, das, was man „halt immer schon so gemacht“ hat. Lasst uns um die Ecke denken, frei in den Himmel denken, auch mal komplett umdrehen und sehen, was passiert. Warum genau soll ich um 9 Uhr im Büro sein? Oder warum zuhause Homeoffice, und nicht in Paris? Wieso ist produktiv gleich arbeitsam am Schreibtisch sitzen und nicht eine Runde Joggen gehen? Wer sagt, dass ich meinen Job alleine besser machen kann als zu zweit im Tandem? Quer-Denken und Quer-Tun führt dann irgendwann zu <em>Serendipity</em>: Finden, was man gar nicht gesucht hat. Innovation, zum Beispiel.“

Roman Czychi
Roman Czychi
(Foto: permanaut.de)

Roman Czychi, Permanaut Personalberatung & Coaching: „Die Direttissima war für mich von vorne bis hinten einfach inspirierend und zum allergrößten Teil auch inhaltlich sehr interessant. „Transfer it“ halte ich für einen wirklich passendes Thema. Aus meinen Mitschrieben, Skizzen und wilden Wortsammlungen würdest du nur mit viel Phantasie erkennen können, um welche Vorträge es sich jeweils handelt. Sie spiegeln vielmehr die Ideen und Einfälle wider, die ich während dem Zuhören hatte. Ich hatte immer irgendwelche Kunden oder Projekte im Sinn, die von dem ein oder anderen Ansatz profitieren würden. Ich selbst beschäftige mich mit meinem Business ja viel mit Personalprozessen und Veränderungssituationen von ArbeitnehmerInnen. Und ich habe mich während den Aussagen der Vortragenden auch immer gefragt, was das mit mir und meinem Business zu tun hat. Definitiv sehr viel! Ich bin froh, dass ich einige wenige liebe Menschen bereits kannte, ansonsten wäre sicherlich der ein oder andere Workshop gut gewesen, um näher mit anderen Kontakt in zu kommen. Es hatte jedoch etwas für sich, der klaren Linie von Vorträgen in einem Raum zu folgen und „nebenbei“ das tolle kulinarische Angebot zu nutzen.“

Felix Wegener
Felix Wegener

Felix Wegener, Veranstalter der #dico: „Für uns war die #dico super erfolgreich. Es war eine Fachkonferenz mit viel Emotion, Menschlichkeit und guten Geschichten. Es ist genau das eingetreten, was ich erhofft hatte: Es hat ein extremer Austausch stattgefunden. Der Transfer von den Speakern auf die Teilnehmer hat funktioniert. Wir sind Feuer und Flamme für die Planung 2017.“

 

 

Galerie

Fotos: Raimund Verspohl. Zuerst gesehen bei den #DMW 😉

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