Agiles Arbeiten im Ehrenamt – Perspektive eines #DMW-Quartiers

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„Toll, was ihr alles auf die Beine stellt.“ Das hört man als aktives #DMW-Mitglied öfters. Und es motiviert. Nur, wie kann ehrenamtliches Engagement organisiert werden? Vor allem, wenn sich das Ziel nicht mehr nur darauf beschränkt, ein berufliches Netzwerk aufzubauen, sondern einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten? Und was hat das alles mit agilem Arbeiten und Scrum zu tun? 

 

Es ist längst überfällig, dass wir #DMW darüber reden, wie wir uns organisieren und zusammenarbeiten. Denn wir haben über die vergangenen Jahre in allen Quartieren (Regionalgruppen) viel gelernt, viel ausprobiert und viel umstrukturiert. Wir sind gefallen, immer wieder aufgestanden und gestärkt aus den Niederlagen wieder nach oben geklettert. Uns treiben die Fragen um, wann ein Team zu klein ist, um Veränderungen anzustoßen. Warum die gestiegene Teamgröße plötzlich zum Nachteil wird. Und ob agiles Arbeiten im Ehrenamt die Lösung sein kann.

Man hört viel über agiles Arbeiten und Scrum und überhaupt. Ist weiß nicht, ob das die Lösung für alle™ unsere Probleme sein kann. Ich glaube aber, dass uns als ehrenamtlichem Team ein paar agile Arbeitsweisen entgegenkommen und deshalb will ich euch meine Gedanken dazu vorstellen.”

(#DMWmuc Quartier, vor 2,5 Jahren)

München – 15 bis 20 feste Orga-Mitglieder tragen die #DMW-Vision nach München: “Wir wollen in einer Welt leben, in der Vielfalt herrscht. Wir wollen in einer Welt arbeiten, in der Frauen gleichberechtigt teilhaben und sichtbar Einfluss nehmen. Wir sehen im digitalen Wandel die größte Chance, diese Vision zu verwirklichen.” Um das zu erreichen, bieten wir Weiterbildungsangebote über unsere #DMW-Academy an. Bieten Austausch, Inspiration und Diskussion an unseren Themenabenden, Meet-ups und Round-Table-Talks. Wir vernetzen in München Frauen und Männer aus digitalen Berufen, Unternehmen mit GestalterInnen des digitalen Wandels, Konferenz-Veranstalter mit SpeakerInnen zu digitalen Themen und geben Impulse in die Politik, um alle Perspektiven in Digitalisierungs-Debatten vertreten zu haben. Wir machen all das. Tag für Tag. Im Ehrenamt.

15+ Team-Mitglieder bringen viel Leben mit und erzeugen viel Impact

Wir sind in Festanstellung, arbeiten in Vollzeit und Teilzeit, wir sind Freiberuflerinnen und Unternehmerinnen. Wir sind am Anfang unseres beruflichen Weges und wir blicken auf einige Jahre Berufserfahrung zurück. Wir sind auf Jobsuche, beenden einen Job und starten gerade einen neuen. Wir sind als Digital Natives groß geworden und haben uns in einen digitalen Beruf eingearbeitet. Wir haben Kinder, wir bekommen Kinder, wir sind alleinerziehend, wir sind in Partnerschaft und wir pflegen Familienangehörige. Wir gehen unseren Hobbies nach, machen nebenberufliche Projekte, sind neugierig auf Neues, feiern die lautesten Partys und lesen gerne in Ruhe ein Buch auf der Couch. Wir sind all das und noch so viel mehr. 

 

Eines wird schnell deutlich: 15+ Team-Mitglieder bringen viel Leben mit. Genau das macht ein #DMW-Quartier unfassbar stark! Wir sind in den unterschiedlichsten Bereichen aktiv. Wir können über New Work aus all den Perspektiven sprechen und auf den Punkt sagen, wie die Arbeit der Zukunft aussehen muss, an welchen Stellen der Digitale Wandel gleichberechtigte Teilhabe verhindert und wie wir dem begegnen müssen. Die Probleme, uns in einer Filterbubble zu bewegen und uns nur in einseitigen Diskussionen zu bewegen, kennen wir nicht.

 

Dieses „viele Leben“ brauchen wir, denn unser Ziel ist größer als jede Einzelne stemmen kann. Wir arbeiten daran, den größten und bestmöglichen Hebel zu finden, um Gleichberechtigung für die Frauen zu erreichen. Dafür müssen wir viele unterschiedliche Systeme bewegen (Wirtschaft, Politik, Gesellschaft) und viele unterschiedliche Menschen zusammenbringen. Wir schauen uns im Verein und in jedem Quartier an, wie wir Impact erzeugen können. Wir stellen uns regelmäßig die Frage, welche Wirkung wir mit einem Projekt oder einer Aktion erreichen. Und genau deshalb ist unser größtes Glück und unser größter Spaß, dass wir so Viele sind, dass wir aus unterschiedlichen Branchen und Berufen kommen, unterschiedliche Blickwinkel haben und die Systeme gleichzeitig bearbeiten und verändern können.

Planung ist alles! …und dann kommt das Leben dazwischen.

Gleichzeitig ist die Herausforderung: Wir bringen unterschiedliche Stärken ein, kommen aus unterschiedlichen Branchen und Berufen. Und ja, eine Entwicklerin spricht, denkt und packt Projekte anders an als eine Online Marketing Managerin. Und ja, eine freiberufliche UX-Designerin arbeitet anders als eine Datenschutzbeauftragte. Und dann wäre da noch der Faktor Zeit: wir arbeiten zu unterschiedlichen Zeiten – sowohl beruflich als auch für die #DMW ehrenamtlich. Wenn die beruflichen Projekte größer werden, Familie, Partnerschaft und Freunde mehr Aufmerksamkeit brauchen, Veränderungen privater oder beruflicher Natur anstehen, reduziert sich die ehrenamtlich verfügbare Zeit ganz selbstverständlich. Bis sie irgendwann bei null ist und die Entscheidung ausgesprochen wird, das Orga-Team zu verlassen.

 

Wie können wir das Unplanbare planen? Gar nicht. Tun wir nicht. Wir lassen das Leben zu, so wie es kommt. Wir haben gelernt, in sehr kurzen Zyklen anstehende Aufgaben neu zu priorisieren, unsere Kommunikation zu verbessern und vor allem den Druck von den Schultern einer Einzelnen zu nehmen. 

 

Vor 2,5 Jahren haben wir uns im Münchner #DMW-Quartier Richtung agiles Arbeiten entwickelt. Wir haben unsere Rollen neu definiert, in dem wir geschaut haben, was sich jede Einzelne von dem Team und den Quartiersleiterinnen wünscht. “Wie sehe ich die (Team-, Quartiersleiterinnen-) Aufgaben?” “Was ist mir dabei wichtig?” “Was wäre mir wichtig, wenn ich in den Schuhen der Quartiersleiterin stehe?”

Es ging nicht darum einen Konsens zu finden. Wir wollten aufzuzeigen, wie verschieden unsere Gedanken, Wünsche und Anforderungen sind.

 

Was in all den Erzählungen, Wünschen und Aufregern vorkam: es ist uns wichtig miteinander zu arbeiten und nicht nur Aufgaben zu erledigen, damit sie erledigt sind. Wir möchten wissen, was parallel alles läuft und wer mit wem in Gesprächen ist, wir wollen (voneinander) lernen und wir müssen wissen, dass unsere Arbeit etwas verändert, einen Wert hat.

 

Miteinander

Wertschätzung

Transparenz

 

Wir haben uns an agilen Methoden orientiert. Es liegt so nahe, Individuen und Interaktionen vor Prozesse zu stellen. Dadurch können wir frei bleiben und auf Veränderung reagieren, anstatt einem Plan folgen zu müssen.

So arbeiten wir agil! Und feiern mehr denn je.

Scrum ist nur etwas für Entwicklerteams? Agile Manifeste kommen nur in der IT-Branche zum Einsatz? Weit gefehlt. Auch wir orientieren uns an Scrum und am agilen Manifest. Denn auch wir haben uns die Frage gestellt, wie wir Veranstaltungen, Kooperationen, Projekte und Kampagnen im Team umsetzen können, wenn wir nicht von Anfang bis Ende jeden Schritt schon im Voraus planen können. Wir müssen auf Veränderungen schnell reagieren und müssen hocheffizient arbeiten, weil die zur Verfügung stehende Zeit im Ehrenamt stark begrenzt ist. Genau dann hilft es, sich auf kurze Zyklen zu konzentrieren. Die in Scrum verwendeten Sprints und Rollen haben uns motiviert, den für uns geeigneten “Sprint-Zyklus” zu finden. Wir können Effizienz und Reaktionsfähigkeit nur erreichen, wenn wir uns regelmäßig und schnell austauschen, wenn wir fokussiert sind und das gesamte Team weiß, was passiert und jede sich mit ihren Stärken einbringen kann.

 

Ganz konkret haben wir als Münchner #DMW-Quartier alle 3 Wochen ein “Stand-up” (wir nennen es 3-weekly-call) via Zoom (Tool für Onlinebesprechungen). Wir arbeiten mit einem Trello-Board und den Haupt-Spalten: abgeschlossene Projekte, laufende Projekte, Backlog. In das Backlog trägt jede ihre Themen und Ideen selbständig ein. Wir haben eine Spalte mit laufenden Projekten, die in jedem 3-weekly-call durchgesprochen wird. Und im Vorfeld eines Calls bitten wir das Team, Updates auf dem eigenen Trello-Ticket einzutragen. Wenn es kein Update gibt, ist das ok. Wenn es ein Update gibt, wird das besprochen. Die Arbeit, die hinter diesem “Ticket” steckt, wird dadurch sichtbar. Wir besprechen Hürden, suchen gemeinsam nach Lösungen. Oder wir entscheiden gemeinsam, Projekte nicht weiter zu verfolgt, wenn sie zu komplex werden oder nicht mehr auf das gewünschte Ziel einzahlen. Wir haben seit dem 3-Wochen-Zyklus eine sehr hohe Beteiligung unserer Orga-Mitglieder an den Calls. Und alle drei Monate versuchen wir einen Call gegen ein Treffen und eine Board-Durchsprache an einem Tisch zu tauschen. Es ist nie verkehrt, sich in die Augen zu schauen und sich Zeit füreinander zu nehmen!

 

Ein paar Dinge funktionieren im Ehrenamt allerdings anders als in der Scrum-Theorie.  Wir  haben nicht einen Product Owner, sondern verstehen uns alle als Product Owner – auch dadurch ist das Commitment gestiegen. Jede legt Tickets ins Backlog, jede verargumentiert die Zielerreichung und sucht sich ihr Team zur Umsetzung. Nur bei einer Sache ist es mir  persönlich wichtig, dass sie nur in den Calls oder Treffen stattfindet: das Ticket eines abgeschlossenen Projektes wird nur unter Jubel und Applaus am Board als erledigt markiert und in die Spalte “abgeschlossen Projekte” verschoben. Wir machen uns zu selten bewusst, was wir eigentlich erreichen. Wir machen uns nicht bewusst, dass es eben keine Selbstverständlichkeit ist, Aufgaben, Projekte und Kooperationen so erfolgreich umzusetzen. 

 

Ich persönlich liebe diesen Moment, auch, weil wir im Namen des Teams und des Vereins danke sagen können: “Danke, dass du diese Kooperation betreut hast”, “Danke, dass du diese Veranstaltung organisiert hast”, “Danke, dass du diesen Beitrag geleistet hast”. 

 

Neben der Wertschätzung, die mindestens am Ende jeder Aufgabe sichtbar werden muss, schaffen wir durch das agile Arbeiten auch eine hohe Transparenz in unseren Projekten, können uns besser unterstützen und Synergien nutzen. Wir setzen an unseren Strategietagen unsere jährlichen Fokus-Themen.  Wir haben Zielen, wir verfolgen als #DMW eine Vision, wir leisten einen gesellschaftlichen Beitrag – das schaffen wir, weil wir effizient und fokussiert arbeiten. 

 

Dem digitalen Wandel mit Kreativität, Problemlösungskompetenz, Kommunikation und Empathie begegnen

Wir haben zwar keinen Kicker oder Obstkorb, aber auch wir setzen auf flache Hierarchien. Wir verteilen alle anfallenden Aufgaben im Team und dadurch auf alle Schultern. Es hilft, zu sehen, was alles zu so einem Quartier gehört, wer unsere AnsprechpartnerInnen außen sind, welche Fragen an uns als Quartier gestellt werden und wer uns intern helfen kann. Wissenstransfer ist im Ehrenamt ein unfassbar wichtiger Faktor, um sich nicht permanent auf der Suche nach Antworten aufzureiben oder im mehrstündigen Dokumentationswahn wiederzufinden. Darüber hinaus motiviert es, voneinander zu lernen, sich auszuprobieren und eigenständig zu gestalten. 

 

Aber natürlich bleibt ein Rest Chaos – und wird immer bleiben. So ist das eben. Nicht nur im Ehrenamt. 

  

Und wir begegnen als #DMW und als #DMW-Quartier dem digitalen Wandel so, wie ihm im Moment zu begegnen ist: mit Kreativität, Problemlösungskompetenz, Kommunikation und Empathie. 

 

…und wir feiern: Den Erfolg, den Moment und vor allem die Menschen!

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