Gendern, aber richtig: „Genderleicht“ von Christine Olderdissen

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Kein Thema ist für Menschen in Schreibberufen derzeit so präsent wie das Gendern. Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich? Reicht die Doppelnennung von männlichen und weiblichen Formen nicht aus? Und gibt es Gästinnen? Diese Fragen beantwortet Christine Olderdissen in ihrem Buch „Genderleicht“.

 

Copy: Bei der genderneutralen Sprache scheiden sich die Geister. Damit meinen wir nicht die Menschen, die das Gendern in jeder Form strikt ablehnen und sich auf das generische Maskulinum als etablierte Konvention berufen. Sondern die Frauen und Männer, die beruflich schreiben und geschlechtergerechte Sprache umsetzen wollen, dabei aber vor den gleichen Problemen stehen wie wir in der #DMW-Blogredaktion: Wie kann ich gendern und dabei klar und verständlich schreiben?

 

Nach wie vor verweigert der Rat für deutsche Rechtschreibung als maßgebende Instanz der deutschen Sprache den Genderzeichen die offizielle Anerkennung. Zwar heißt es in einem Statement des Rates zur geschlechtergerechten Schreibung, dass „allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll und sie sensibel angesprochen werden sollen.“ Direkt im Anschluss folgt allerdings eine Einschränkung: „Dies ist allerdings eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aufgabe, die nicht allein mit orthografischen Regeln und Änderungen der Rechtschreibung gelöst werden kann.“ Eine offizielle Regelung zur geschlechtergerechten Sprache gibt es also nicht.

 

Frauen sind nicht mitgemeint

Diese Lücke füllt Christine Olderdissen mit „Genderleicht.“ Viele kennen sie auch als Leiterin des gleichnamigen Projektes. Ihr Buch ist ein umfassender Ratgeber auf dem Weg zu einer schönen und trotzdem geschlechtergerechten Sprache. Gendern ist für sie „zunächst mal das Bewusstmachen, wie männlich dominiert die deutsche Sprache ist, übrigens wie viele andere Sprachen. Und dann zu überlegen, wie können wir Frauen darin sichtbarer machen?“

 

Das ist auch im 21. Jahrhundert immer noch notwendig. Denn historisch sind Frauen im Recht eben nicht mitgemeint, sondern ausdrücklich ausgeschlossen. Dabei muss geschlechtergerechte Sprache gar nicht auffällig sein. Für Olderdissen bedeuten Genderzeichen ein Aufeinanderzugehen, welches allerdings auch den Verzicht auf Privilegien beinhaltet: Ja, Männer sind bei gegenderter Sprache weniger präsent als vorher. Trotzdem kann das generische Maskulinum funktionieren: Christine Olderdissen empfiehlt, dabei darauf zu achten, welches Bild vor dem eigenen geistigen Auge entsteht: Bei dem Wort „Festivalbesucher“ sehen die meisten Menschen automatisch eine bunt gemischte Menge, weshalb die männliche Form hier nicht stört. Anders sieht es bei dem Wort „Arzt“ aus: Obwohl inzwischen gut 50 Prozent aller Ärzt*innen in Deutschland Frauen sind, stellen sich viele Menschen unter „Arzt“ einen Mann vor – weshalb man hier besonders darauf achten sollte, geschlechterinklusive Sprache zu verwenden.

 

Aber wie gendere ich denn nun richtig? Die wichtigsten Tipps auf einen Blick:

  • Gendern nur bei natürlichen Personen – Unternehmen und Institutionen haben kein Geschlecht.
  • Gegendert werden nur Substantive, die durch Anhängen der Silbe -in eine weibliche Bedeutung bekommen – von Vater, Bruder oder Mitglied gibt es keine weibliche Form, also werden sie auch nicht angepasst.
  • Silbentrennung vermeiden: Das umgeht die Frage, ob das Sternchen oder der Trennstrich zuerst kommt.
  • Nicht zu viele Sternchen – Faustregel: Nicht mehr als ein Genderzeichen pro Absatz.

Sprachliche Kreativität wagen

Was immer hilft, ist Kreativität. Denn „[a]uch ohne Genderzeichen ist im Deutschen viel mehr Geschlechtergerechtigkeit möglich, als uns lange bewusst war,“ so Olderdissen. Anreden zum Beispiel funktionieren ganz ohne Pronomen: „Guten Tag!“ statt „Lieber“ oder „Liebe“. Auch in Stellenanzeigen hilft es, den Fokus auf die Tätigkeit zu legen und zum Beispiel „Verstärkung für die Buchhaltung“ zu suchen an Stelle von„Buchhalter (m/w/d)“.

 

Grundsätzlich empfiehlt Christine Olderdissen, im Singular nicht zu gendern, da sonst schnell sehr holprige Sätze entstehen: „Das war die Meinung des*der Reporters*in und ihrer*seines Kollegen*in und er/sie bekam sogar Applaus von seiner*m Chef*in.“ Eine Lösung sieht sie in der Verwendung von Synonymen: „Das war die Meinung der Reporter*innen, alle im Team stimmten zu und sie bekamen sogar Applaus aus der Chefetage.“ Moment – nicht Chef*innenetage? Auch  in zusammengesetzten Wörtern können Gendersternchen oft durch die Verwendung von Synonymen überflüssig werden – hier zum Beispiel Führungsetage. Zu viele Genderzeichen können laut Olderdissen sogar den gegenteiligen Effekt haben: „Vor lauter Sternengewusel verschwimmt der Inhalt des Textes. Schade drum.“

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