Scoopcamp 2012: Wenn Drohnen dröhnen, hallt's in den Medien

Fangen wir von hinten an: Meinolf Ellers, Geschäftsführer der dpa infocom, rief beim Abschlusspanel der Journalistenkonferenz Scoopcamp zur Frauenquote für nächstes Jahr auf: Von ihm aus könnten es auch gern 60:40 Frauen auf den Podien sein, er wünsche sich, dass sich Frauen melden, die beim #scoop13 sprechen wollen. Wir sind zurzeit 450 Digital Media Women in Hamburg und Berlin – da werden wir schon das ein oder andere Thema finden, oder, Digis?

Bitte macht doch hier unten in den Kommentaren mal Vorschläge, zu was ihr gern eine Session oder einen Workshop halten oder hören würdet. Das Umfeld beim Scoopcamp ist ganz einfach beschrieben: Viele der großen, wichtigen oder innovativen Medien Deutschlands sind dabei. Von „Zeit Online“ bis Deutsche Welle, von der „Osnabrücker Zeitung“ bis zur Agentur Blinkenlichten, die etwa 250 Plätze sind schnell weg, und das Publikum sind Redakteure, freie Journalisten, Fotografen und Programmierer (in dieser Reihenfolge). Es ist auch der ein oder andere Entscheider dabei.

Foto: scoopcamp/Claudia Hettwer

Scoop sucht Speakerin

Das Rahmenthema wird von der ausrichtenden dpa-Tochter und Hamburg@work [Edit] vorgegeben und dreht sich immer „New Storytelling aus Multimedia und Social Media“ und „Datenjournalismus“. Es geht immer um Medien, Inhalte und Journalismus, aber auch um Geschäftsmodelle, Wahrnehmung und innovative Ideen rund ums Publishing (und dazu gehören ja heute nicht mehr nur die Gatekeeper). Da die Nachrichtenagentur dpa und Hamburg@work [Edit] Gastgeber sind, auch irgendwie immer um Nachrichten und Medientrends. Ich könnte mir beispielsweise ein Scoopcamp vorstellen, bei dem hauptsächlich User und Leser zu Wort kommen, moderiert von Experten. Oder ein Panel, in dem eben keine Verlags-Zu-und-Mitarbeiter zu Wort kommen, sondern ausschließlich Menschen, die von ihrer Arbeit im Web im b2c-Geschäft gut leben können – da dürften sich einige von euch angesprochen fühlen, nehme ich an. Was sind eure Ideen?

DigiWomen auf dem Podium inklusive Bauchnabelshow

Carolin Neuman im Panel "Potenziale für Medienpubliszistik im Netz". Foto: Agnieszka Krzeminska.
Carolin Neuman in ihrem Panel „Potenziale für Medienpubliszistik im Netz“. Foto: Agnieszka Krzeminska.

Beim #scoop 12 ging DMW-Gründerin Carolin Neumann mit gutem Beispiel voran und diskutierte in ihrer Funktion als Redaktionsleiterin von „Vocer“ mit Wolfgang Michal von „Carta“, Christian Meier von „Meedia“ und Jessica Binsch von der dapd über „Potenziale für Medienjournalismus im Netz – keine Kohle, aber unendliche Möglichkeiten“. Hier die wichtigsten Inputs aus meiner Perspektive:

  • Medienpublizistik ist eine Bauchnabelshow, deren Bedeutung aber steigt, da der Medienkonsum der User stetig steigt. Etwas, wovon sich der „durchschnittliche user“ um die sechs Stunden täglich berieseln lässt (denn „beschäftigt“ wäre zu viel gesagt), muss ongoing evaluiert werden. Die Erkenntnis ist nicht neu, zeigt aber nochmal, das man auf Medienjournalismus nicht verzichten kann, auch wenn sie (fast) immer selbstreferentiell ist.
  • Unabhängige Berichterstattung ist immer mit wenig Geld verbunden. Punkt. Oder wie Wofgang Michal sinngemäß sagte: Armut ist die erste Voraussetzung für unabhängige Berichterstattung, die anderen müssen strategisch bestimmt werden.
  • Da es in Deutschland mutige Medienportale wie „Carta“, „Vocer“ und Branchendienste wie „Meedia“, „Kress“ und „Turi2“ gibt, sehen sich viele Verlagshäuser wohl nicht mehr in der Pflicht, diese „Nestbeschmutzer-Bericherstattung“ – denn man kritisiert ja am Ende Kollegen – fortzuführen. Der Mut wird outgesourced.
  • In den USA finanzieren Stiftungen medienpublizistische Portale, in Deutschland nur zum Teil, weil die Berichterstattung wohl immer als ausreichend kritisch und unabhängig wahrgenommen wird. Vielleicht muss man ja nicht warten, bis sich das ändert…
  • Christian Meier wollte leider nicht so richtig verraten, wie „Meedia“ denn nun seine News generiert, er sagte aber, dass der Branchendienst auf jeden Fall ein Morgengeschäft ist und dass die Leserzahlen nachmittags am höchsten sind, wahrscheinlich weil die Kunden/Redakteure dann selbst eher Zeit haben, zu lesen. Bei „Carta“ und „Vocer“ ist es anders, die längeren Beiträge werden auch viel am Abend gelesen, bis etwa 22 Uhr. Samstag ist das Tal der Nutzerstatistik, Montag steigt’s wieder stark an.

Multimedia-Gänsehaut mit Reportagen

Im zweiten Track saß ich bei Daniel Nauck und Kay Meseberg von der Agentur 2470 Media. Die Berliner machen aus Fotos, Videos und Audios Multimediareportagen, die wie Filme mit Standbildern funktionieren. Für ihr Projekt berlinfolgen bekamen sie 2012 den Grimme Online Award. „Berlinfolgen“ ist ein Mosaik aus Filmen, bei dem Berliner „wie du und ich“ vorgestellt werden. Kurios: Die Menschen-Präparatorin, die eine riesige Gallensteinsammlung besitzt oder der Druckermeister der „taz“, der sich und seine große Liebe als Auslaufmodell sieht. Die Reportagen überzeugen durch astreine Qualität und eine entschleunigte Erzählweise, bei der man hinterher das Gefühl hat, etwas wirklich wertvolles konsumiert zu haben. Mein Tipp: Zieht euch die Filme mal an einem Samstagabend mit Gläschen Wein rein. Ein Genuss!

Drohnen dröhnen

Im Publikum des scoopcamp: Journalisten, Redakteure und Medienmacher. Foto: scoopcamp/Claudia Hettwer .
Im Publikum des scoopcamp: Journalisten, Redakteure und Medienmacher. Foto: scoopcamp/Claudia Hettwer .

In den fantastischen Keynotes ging es um Drohnen, News Applications und Open Data – darüber ist anderswo schon viel geschrieben worden (unter anderem ganz aufgeregt, warum das Gadget kein Allgemeinwissen unter Journalisten sei), daher  beschränke ich mich hier auf den Hinweis, dass wir letzte Woche ein Video zu Drohnenjournalismus veröffentlicht haben, in dem Marcus Bösch „am Steuer sitzt“. Die Drohne an sich als Journalistengadget war dann nach dem Scoopcamp auch in der „Tagesschau“.

 

Zum gutgelaunten Abschluss plauderten die Chefredakteure Lars Haider vom „Hamburger Abendblatt“ und Christian Meier von „Meedia“ mit Meinolf Ellers, dpa infocom, und Heiko Hubertz von Bigpoint über die allseits nicht beantwortete Frage, warum Online der Media-Rubel nicht rollt. Ergebnis? Offen. Hubertz, der die erfolgreichste deutsche Browsergames-Firma Bigpoint erfunden hat und mit Online-Spielen und virtuellen Gütern Millionen macht, riet zur Vereinfachung in den Zahlungsmodellen. Das Zahlen müsse einfach und „schmerzlos“ sein, ohne lange Formulare und das Bedürfnis des Users sofort befriedigen. Positiv-Beispiel: der iTunes-Store.


Disclaimer: Die Autorin steht zu mehreren der genannten Firmen in Geschäftsbeziehung.

Ihr könnt HIER in den Kommentaren eure Themenideen fürs Scoopcamp 2013 eintragen:

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