Make a better world – #dmwHH meet Popineffect

Der wahrscheinlich letzte Themenabend in diesem Jahr führte uns in den Popineffect Store.

Sebastian Timm stellte uns das Konzept hinter diesem zeitbegrenzten Pop-up-Store vor: Produkte und Events zum Thema Nachhaltigkeit finden hier auf 520 Quadratmeter mit ca. 30 Ausstellern vorübergehend ein Zuhause. Die vorher leerstehende Fläche, die für einen Monat von einem Makler zur Verfügung gestellt wurde, soll anschließend wieder als Laden vermietet werden. In der Zwischenzeit gab es fünf bis acht Events die Woche, gestern Abend zum Beispiel eine Tagebuchlesung mit Hörbuchspezial oder auch Mittagspausenkonzerte mit Livemusik, am 1. November steigt eine Closing-Party. Mal sehen, wo es im Anschluss weiter geht. Die Chancen dafür stehen gut.

Lesley Sevriens (TheGardenGirls.de), Taalke Renken (Digital Media Women), Christian Wolff und Natalie Richter (SlashCup)
Lesley Sevriens (TheGardenGirls.de), Taalke Renken (DMWHH), Christian Wolff und Natalie Richter (SlashCup) (Foto: Rieka Anscheit)

SlashCup

Passend zum Store voller guter, nachhaltiger Ideen stellte als erste Vortragende am DMW-Abend Natalie Richter mit SlashCup, einer Idee vom Start-up-Weekend, einen nachhaltig produzierten Coffee-to-go-Becher vor. Die Story: Natalie besuchte ihren Bruder in München, und weil dort gerade Start-up-Weekend war, nahm sie das auch gleich mit. Weil die anderen Themen ihr zu langweilig waren, pitchte sie spontan eine eigene Idee. Sie fand ein Team und errang mit diesem den ersten Platz!

Die Probleme von Coffee-to-go-Bechern sind folgende: Erstens die Fülle des Mülls, 6,5 Milliarden Becher pro Jahr allein in Deutschland. Zweites Problem bestehen nur zehn Prozent des Bechers üblicherweise aus Recyclingmaterial, 90 Prozent aus Neupapier. 20 Millionen Bäume pro Jahr werden weltweit dafür abgeholzt. Drittes Problem: Die Innenfolie der Becher ist üblicherweise fest mit dem Papieraußenbecher verschweißt, und der Becher braucht so unnötig lange, um zu verrotten. Wiederverwendbare Becher, die man mitbringt, funktionieren an den meisten Ausgabeorten aus verschiedenen Gründen nicht.

Lösung für den Durchschnittsverbraucher: SlashCup. Recyclingpapier plus Innenbecher aus einem Zuckerohrabfallprodukt, das hitze- und wasserbeständig ist. Diese können leicht voneinander getrennt und entsorgt werden. Innen befinden sich kleine Botschaften („Glückskeksmoment“), damit der Verbraucher Spaß daran hat, das Ding auseinander zu nehmen. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Verkauf des Zusatznutzens Spaß an den Verbraucher, nachhaltiges Image für den Gastronom bzw. Kaffeeverkäufer. Ergebnis: weniger Müllvolumen, kein Neupapier verwenden = weniger Holzverschwendung und weniger Wasser zur Produktion nötig. Tags: Green Appeal, Sustainability, Lifestyle Experience. Kritische Frage: Funktioniert die Mülltrennung wirklich? Vor allem für die, die nicht nur unterwegs den Kaffee kaufen, sondern auch unterwegs den Becher wegwerfen?

TheGardenGirls.de

Der zweite Vortrag von Lesley Sevriens von TheGardenGirls.de gab eine Übersicht zu den Themen ihres Blogs zum Thema Nachhaltigkeit, speziell im Bereich Mode und Kosmetik. Die Journalistin fand zu ihrem Blog, nachdem sie in der Entwicklungsredaktion des Magazins Ivy saß. Denn leider kam das Magazin zum Thema Nachhaltigkeit nie auf den Markt, und deshalb startete Lesley mit einem eigenen Blog.

DMW-Publikum im Popineffect Store
DMW-Publikum im Popineffect Store (Foto: Rieka Anscheit)

Sie berichtete uns zum Beispiel über nachhaltige Fasern: Da gibt es nicht nur Baumwolle, die bei der Produktion enorm viel Wasser verbraucht, sondern auch Nessel, Hanf, etc. Moderne, synthetische Fasern sind auch okay, weil wegen der wachsenden Bevölkerung auch andere, natürliche Stoffe problematisch sind, zum Beispiel Mais fehlt an anderer Stelle als Nahrungsmittel, wenn daraus Fasern gemacht werden. Ein weiteres Thema war der Cradle-to-Cradle-Gedanke: Natürliche Produkt-Kreisläufe sollen komplette Entsorgung und Kompostierbarkeit schon bei der Produktion berücksichtigen.

Weitere von Lesleys Themen waren Vintage, Klamotten-Tauschbörsen, DIY, Nachhaltigkeit durch Produktion im eigenen Land (Beispiel Trigema), Bio- und Fairtrade-Siegel etc. Außerdem blogt Lesley noch über Naturkosmetik. Ihr Tipp: hautbalance.de

Bekanntere, nachhaltige Textil-Label: Armed Angels, Organic Cotton und zum Beispiel die im Popineffect-Store platzierten: Goodsociety, Misericordia, Glore, Pampa und Pop, Camilla Norrback, Avocado Store und so weiter.

Alle Artikel haben heute ein frischeres Design, und es gibt viele neue Marken. Es ist nicht mehr nur Trend, sondern eine neue Lebenseinstellung. Auch wenn bisher nur 0,7 Prozent der angebauten Baumwolle Biobaumwolle ist. Wichtig war beiden genannten Vortragenden, dass es keinen erhobenen Zeigefinger gibt, um Menschen von einer nachhaltigen Lebensweise zu überzeugen, sondern ein gutes Gefühl beim Konsum.

LemonAid

Beim dritten Vortrag von Christian Wolff, Diplom-Kommunikationsdesigner und Online-Konzeptioner, ging um ein Designkonzept für ein nachhaltiges Produkt im Rahmen seiner Diplomarbeit. Es handelte sich dabei nämlich um die Gestaltung von LemonAid, einer fair gehandelten, nachhaltig produzierten Limonade, falls sie jemand nicht kennt. Es mussten Vorschläge von der Gestaltung der CI über die Flaschenform bis zum Markenauftritt bzw. Markteintritt gemacht werden.

Limonaden als Fast Moving Consumer Goods kann man nicht lange kommunizieren. „Limonade“, „Bio“ und „lecker“ mussten schnell erkennbar sein. Auch hier wieder das Motto, dass Bio lieber Spaß machen soll, kein erhobener Zeigefinger zum Kauf motiviert. Eine coole, junge, neue Zielgruppe sollte angesprochen werden.

Christian entwickelte diverse Entwürfe zu neun unterschiedlichen Ansätzen: Kreuz, Foto, Illustration, Icons (inkl. Kartoffeldruck), Typo etc. waren Teil der Ideen. Herausforderungen erschienen bei der Austauschbarkeit, der Geschwindigkeit des Erkennens, der Modernität. Ist zum Beispiel Bio und Fairtrade erkennbar? Auch Flaschenform und Flaschenfarbe waren wichtig. Abhebung von der Konkurrenz bedeutete etwa die Abwendung von der 0,33-Liter-Longneck-Flasche. Ein zusätzliches Verschlusssiegel als Symbol der Hochwertigkeit wurde kreiert. Bei der Schriftauswahl standen Lesbarkeit versus Emotionalität.

Zum Schluss entwarf Christian die Markteinführung in drei Phasen: B2B, Bars und Lokale etc., dann Handel POS, dann B2C, also Werbung für Verbraucher. Website, Plakate, Regalnasen, alles was dazu gehört. Es war wichtiger als üblich, Werte zu kommunizieren. Auf Basis seiner Diplomarbeit entstand das, was wir heute als LemonAid kennen.

Mein Fazit

Networking im Popineffect Store
Networking im Popineffect Store (Foto: Rieka Anscheit)

Insgesamt spannende Themen, auch wenn eine Pause zwischendurch gut gewesen wäre, um alle interessanten Informationen besser verarbeiten zu können. Natürlich gibt es inzwischen eine ganze Menge nachhaltige Produkte, Blogs, Läden etc. Aber hat man nach wie vor nicht das Gefühl, dass die Marktdurchdringung so riesig ist, wie viele es sich wünschen.

Solange es in Europa, aber auch in Amerika immer mehr, und nicht weniger, Menschen gibt, die sich diese Lebensweise finanziell nicht leisten können, sehe ich persönlich nicht, dass sich diese Entwicklung so schnell massentauglich verstärkt. Stichwort: Jugendmassenarbeitslosigkeit. Wer keine Chance hat auf einen für den Lebensunterhalt ausreichenden, Job, hat oft auch keine Chance, wahrhaft nachhaltig zu leben.

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