Im Rahmen der re:publica luden die Digital Media Women diesen Dienstag zum Themenabend ins BASE_camp in Berlin Mitte. Auf dem Podium saßen drei Frauen, die geschafft haben, wovon viele träumen: Sie wurden reich mit dem Internet. Doch das war irgendwie zweitrangig an diesem Abend. Im Zentrum stand, was Moderatorin Sanja Stankovic zu Beginn des Abends sagte: „Wir Digital Media Women möchten tolle Frauen sichtbar machen.“
Silke Bierhals ist so eine. Die Senior Produktmanagerin bei etventure hat in ihrem früheren Leben zanox mit aufgebaut, laut Wikipedia heute der größte europäische Anbieter für Affiliate-Marketing. Damals war es eine Idee, von der Silkes Freunde sagten: „Es ist verrückt, dafür zu arbeiten, nimm einen ordentlichen Job an.“ Doch als zanox ein ordentlicher Job wurde, dort nicht mehr 17 sondern 750 Mitarbeiter arbeiteten und sich eine ganz andere Kultur entwickelt hatte, war für Silke Bierhals klar: Das ist nicht mehr mein „Baby“. Als sie überlegte, was sie als nächstes macht, erinnerte sie sich an die Anfangszeit bei zanox: „Dieses Kribbeln im Bauch, etwas auf die Beine zu stellen.“ Bei etventure hat sie das jetzt wieder.
Die besten Ideen kommen aus dem Nichts
Für Regina Mehler fängt es an spannend zu werden, wenn jemand sagt: Geht nicht! Mehler war Director Marketing bei Siebel Systems und verantwortete die Marketingstrategie von Adobe Systems. „Aber die tollsten Sachen habe ich gemacht mit wenig oder gar keinem Geld.“ Wenn es nichts gibt, was eine Marketingchefin gerne hätte, läuft Mehler zur Höchstform auf. Und genau darüber hat sie auch ihr Buch geschrieben, von dem einige Exemplare nach Ende der Diskussion verlost wurden. Es heißt der „Der Phönix-Effekt: Vom Suchen und Finden: Innovationsmangement und -Marketing durch Querdenken“.
Catherine Barba ist seit 17 Jahren in der Internetbranche tätig, hat drei Start-ups gegründet, zwei erfolgreich verkauft und investiert nun in diverse Tech-Start-ups wie zum Beispiel leetchi.com, die den Themenabend mit Cocktails sponserten. „Ich war überhaupt nicht dafür geeignet, als Kind oder Studentin, ein Unternehmen zu gründen, ich hatte noch nie einen Unternehmer gesehen und wusste nicht, dass es so etwas gibt“, erklärte Catherine, die aus Frankreich kommt und in einem charmanten Mix aus Deutsch und Englisch sprach. Sie ist davon überzeugt, dass es bestimmte Menschen waren, die ihrem Leben diese überraschende Richtung gaben. Angefangen mit ihrer ersten Chefin, die ihr Vertrauen schenkte, obwohl sie nach ihrem Studium keine Ahnung vom Arbeiten hatte. Später ein Unternehmer, der sie inspirierte und nicht zuletzt ein Mentor, der ihr half, zwei Firmen zu entwickeln und erfolgreich zu verkaufen. „Luck is the chance to meet people who take you up“, brachte es Barba auf den Punkt. Doch es war unübersehbar, dass es vor allem in ihr selbst war, was die zierliche Frau mit der riesigen Ausstrahlung so weit gebracht hat.
„Meine Projekte waren erfolgreich, weil ich absolut daran geglaubt habe“, fasste Regina Mehler ihr Erfolgsrezept zusammen. „Leidenschaft und dran bleiben, dann geht so gut wie alles“, ist sie überzeugt. Fehler gehören für sie nicht nur dazu, sie macht sie sogar gern, sofern sie sich nicht wiederholen. „Ein Unternehmen, das keine Fehlerkultur hat, wird nie innovativ sein“, hat sie bei Adobe Systems gelernt. In dieser Hinsicht ist Deutschland leider wenig innovativ, konstatierten Mehler und Bierhals. Wer einmal ein Unternehmen in die Insolvenz gebracht hat, der hat es schwer, ein neues aufzubauen. Umso leichter müsste es in Deutschland für Frauen sein, Führungsetagen zu besetzen. „Denn nur eine einzige Frau im Management reduziert das Risiko der Insolvenz um 20 Prozent“, zitierte Sanja Stankovic aus der Wilson-Studie von 2009.
Frauen müssen mutiger werden
Wenn Frauen in den Führungsetagen deutscher Unternehmen trotzdem völlig unterrepräsentiert sind, dann liegt das sicher nicht in erster Linie an den Frauen. Doch sie können etwas dafür tun, um an die Spitze zu kommen, findet Regina Mehler. 2010 gründete sie die Women Speaker Foundation. Das Unternehmen vermittelt und coacht Frauen, die etwas zu sagen haben. Und damit fängt es schon an. Wann ist eine Frau überzeugt, etwas zu sagen zu haben? Mehler hat es so erlebt: „Wenn man einen Mann fragt ob er einen Vortrag halten will, sagt er, klar mach ich das und dann überlegt er sich, was er sagt. Eine Frau sagt: Ich bin zwar zu 120 Prozent im Thema, aber mit 150 Prozent fühle ich mich wohler. Ich mach’s nächstes Jahr.“ Für Regina Mehler ist deshalb klar: „Frauen müssen mutiger werden. Wir müssen viel schneller ja sagen.“ Auf die Frage, warum Frauen sich den Stress antun sollen, antwortete sie, es gäbe keine bessere Möglichkeit, die eigene Marke zu entwickeln und bekannt zu werden. Stark nachgefragt bei Women Speaker Foundation sind gerade die Themen Nachhaltigkeit und Werte, Compliance und Change Management. Außerdem werden Frauen sehr gerne als Moderatorinnen engagiert.
Natürlich will Moderatorin Sanja wissen, was den Erfolgsfrauen ihr Reichtum bedeutet? Catherine Barba schätzt es, sich keine Sorgen machen zu müssen, wie viel Geld auf ihrem Bankkonto ist. „Aber ist Geld wichtig, wenn du bedenkst, dass wir in 50 Jahren alle tot sind?“, fragt sie mit Blick in die ganze Runde. Deshalb hat sie ihre Arbeit nie über Familie und Freunde gestellt. Für Regina Mehler bedeutet Reichtum, die Freiheit zu tun was sie will, mit wem sie es will und wann sie es will. Ein Luxus, keine Frage.
Und wie lässt sich Unternehmerinnentum und Risikofreude mit Kindern vereinbaren?, will eine Zuhörerin wissen. So sehr ich mich ärgere, dass diese Frage erfolgreichen Unternehmern nie gestellt wird, so gut kann ich es verstehen, wenn eine Frau, sie stellt, die drei Kinder versorgt und das natürlich auch finanziell. Für Silke Bierhals, die zwei Kinder hat, steht Familie klar an erster Stelle und darf auch mitreden, wenn es darum geht, ob sie ein neues Projekt zu übernimmt. Catherine Barba sieht es pragmatisch: „Ich bin bestimmt keine super Mutter, aber wir machen das so gut wie möglich.“
Work a lot, have fun
Zum Abschluss fragt Sanja, welche Werte die Drei ihren Kindern mitgeben möchten. Silke Bierhals will jedes ihrer sehr unterschiedlichen Kinder ermutigen, eigene Ideen zu entwickeln und selbstbewusst zu vertreten. Regina hat Patenkinder, denen sie mitgeben möchte, was sie weitergebracht hat, nämlich sich auszuprobieren und so viele Praktika wie möglich zu machen. Sie hat lange gebraucht, um herauszufinden, was sie wirklich gerne macht. Und Catherine Barba würde ihrer zehnjährigen Tochter sagen: „Sei nicht passiv, sei aktiv. Work a lot, achte auf die Details, respektiere deine Kunden. Und habe Freude, bei allem was du tust!“
Die Funken sprangen über, das war beim anschließenden Networking deutlich zu spüren. „Inspirierend“, „Mut machend“ und „authentisch“ fielen im Gespräch über das Gehörte. Etwas besonderes war dieser Themenabend, weil erstmals Digital Media Women aus allen Quartieren zusammen kamen. Es wurde genetworkt, geplaudert und gelacht. Und ein bisschen auch gefeiert, denn die Digital Media Women Berlin sind gerade ein Jahr alt geworden.
Wir danken den Sponsoren des Themenabends BASE_camp, etventure, leetchi.com.