Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? Welche Bedürfnisse haben Arbeitnehmer und Selbständige? Was bieten Unternehmen heute? Wie lange wollen wir künftig arbeiten und wie lange werden wir’s? Wie kommen wir aus der Workaholic-Falle heraus? Wie reagiert die Arbeitswelt auf neue technologische und soziologische Bedingungen? Der Kongress Work in Progress, zum wiederholten Mal ausgerichtet von der Hamburg Kreativgesellschaft, hat vergangene Woche Freitag versucht, auf diese Fragen Antworten zu geben. Einige der anwesenden Damen blicken zurück.
Nele Süß
Ich war zum ersten Mal auf der Work in Progress und bin Freitagmorgen mit einer großen Portion Neugier angekommen – und am Ende des Tages erfreulicherweise mit einer noch größeren Portion Neugier wieder gegangen. Das mag sich auf den ersten Blick paradox anhören, ist aber für mich das Beste, was bei einer solchen Veranstaltung passieren kann: dass man so viele Anregungen bekommt, dass die Synapsen im Hirn „Mehr, mehr, mehr!“ schreien. Mehr Infos, mehr Erkenntnisse, mehr Input. Und so liegen auf meinem Schreibtisch nun Bücher und Artikel zu Themen wie „Work-Life-Bullshit“, „Müßiggang“ und „Optimierungswahn“, dem „bedingungslosen Grundeinkommen“ und dem für mich neuen Beruf „Feelgood ManagerIn“. Ich freu mich drauf, diese Themen im Freundeskreis, in Workshops und mit meinen Arbeitskolleginnen diskutieren und damit auch weitertragen zu können – und mal sehen, was dabei rauskommt! Mehr über Nele
Carolin Neumann
Auch nach einigen Tagen bin ich noch nicht unschlüssig, ob ich nun in Hinsicht auf mein eigenes Arbeitsleben frustriert oder inspiriert sein soll. Ich sei doch bereits ein Role Model der neuen Arbeitswelt, wurde mir in Gesprächen danach gesagt. Ganz so sicher bin ich mir nicht: Ich arbeite viel (und gerne), um Geld zu verdienen, viel auch einfach nur aus Spaß, ich achte sehr auf Feelgood und Work-Life-Balance, zwei im Kongresskontext oft genannte Begriffe. Trotzdem nehme ich mit, noch häufiger den „Death bed test“ machen zu wollen und müssen: Soll ich wirklich noch eine Stunde mehr arbeiten? Ist es das, wovon ich am Ende meines Lebens erzählen wird? Inspiriert hat mich beim Kongress auch Conni Biesalski, die planetbackpack.de betreibt, als digitale Nomadin die Welt bereist und eine sehr positive, entspannte Grundstimmung vermittelte. Sie generiert monatlich allein durch ihr Blog passives Einkommen (via Affiliate-Marketing) in vierstelliger Höhe. Da möchte ich auch hin. Mehr über Carolin
Jeanne Vogt
Dass sorgfältiges Nachdenken – ob nun im Tempo einer Maus, Kakerlake oder eines Steins (*Holm Friebe) – eine gute Idee ist, bevor man Entscheidungen trifft, zeigte vor allem der zurecht als Keynotespeaker angekündigte Philosoph Prof. Robert Pfaller. Dazu gehört in seinem Sinne auch das Bewusstwerden darüber, wie man die eigens gesetzten Aufgaben auch gut machen kann. Die Kreativbranche sollte sich weg bewegen vom Anspruch schöpferischer, fast göttlicher Eingebung hin zu glücklich inspiriertem Arbeiten – das war eine Nachricht des besten Vortrags des Kongresses. Pfaller rief jedoch vor allem zu einer Wiederbelebung des gesellschaftlichen Auftrags zu Genießen auf, der aufgrund unser aller heimlicher Unsterblichkeits- und Reinheitsfantasien vom Aussterben bedroht sei. Prof. Beate Zimpelmann brach währenddessen eine Lanze für die – von mir überzeugt gelebte – Erwerbsarbeitszeitverkürzung um Raum für Sorgearbeit oder Ehrenamt zu schaffen. Das frühe Kongressresumée, wieder von Pfaller: „Habt lieber Angst vorm schlechten Leben als vorm Tode!“ Ob nun beim Weintrinken oder Ehrenamt: Umarmen wir das gute Leben und die gute Arbeit! Mehr über Jeanne
Simone Deckner
Was ich vom Kongress mitnehme: „Man sollte mehr Angst haben vor einem schlechten Leben als vorm Sterben.“ Der Philosoph Robert Pfaller hat diese These mit deutlich hörbarem Wiener Schmäh in den Saal gerufen. Was ihn gruselt: unsere heutige Gesundheitsdiktatur, der ganze Effizienzirssinn. Lang her, dass einer, der rauchte, als „eleganter Mensch“ galt. Was das jetzt alles mit Arbeit zu tun hat? Jede Menge. Denn auch wenn Pfaller meint, das gute Leben tobe vornehmlich nach dem 9-to-5-Job, trifft sein Satz doch auch auf die Arbeitswelt zu: schlechte Jobs, schlechte Chefs, schlechte Zimmerpflanzen, schlechte Bezahlung, schlechte Ziele, schlechte Laune. Bis einer die Pille fürs ewige Leben erfunden hat, sollten wir unsere kostbare Lebenszeit mit Arbeit verschwenden, von der wir anderen gern erzählen. Mehr über Simone