Schöne neue Führungskräfte

PANDADer Panda Contest ist ein Wettbewerb für Frauen in Führungspositionen und für den Führungs-Nachwuchs. Es handelt sich dabei nicht um einen Wettkampf, sondern um einen Workshop-Tag, an dem jede Teilnehmerin wächst. Vergangenen Samstag hatte Jennifer Schwanenberg, Media Innovation Managerin der Deutschen Presse-Agentur, die Ehre von über 700 Bewerberinnen unter die Top 100 zu kommen und an diesem Tag teilzunehmen. Was sie erlebt hat, war weit außerhalb ihrer bisherigen Erfahrungen und hat sie mehr inspiriert, als sie es erwartet hatte.

Für den #DMW-Blog zieht sie ein persönliches Fazit: Ich habe Vorurteile großen Frauengruppen gegenüber. Ich fürchte grundsätzlich Zickenterror und Stutenbissigkeit. Eigentlich müsste ich es besser wissen – mein Gymnasium war eine Mädchenschule, meine Stufe war weitestgehend bitchfightfrei. Trotzdem ging ich mit meinen Vorurteilen am Samstagmorgen zum Panda Contest. 100 Young Professionals und 100 Executives (mehr als fünf Jahre Arbeits-/Führungserfahrung) wurden ausgewählt. Zusammen mit Beobachtern und Beirat fanden sich gut 280 Frauen in einem Raum – eine Situation weit außerhalb meiner Komfortzone (ganz im Gegensatz zu Männerrunden).

Wir sind nicht alle Affen

Doch welchen Spirit der Wettbewerb transportieren soll, machte Heidi Stopper, die eine beeindruckende Karriere vor allem bei Airbus und ProSiebenSat1 Media hinter sich hat und jetzt selbst Führungskräfte coacht, in ihrer Keynote sofort klar: Gute Führungskräfte müssen empathisch sein und Situationen schnell erfassen können. Vor allem aber müssen sie wissen, was sie selbst können und sich darauf konzentrieren. Um das zu vermitteln, zeichnete sie ein einfaches Bild: Die Aufgabe ist es, auf einen Baum zu klettern – für Affe und Schlange kein Problem, Elefant und Pinguin bleiben am Boden, weil die Aufgabe nicht ihren Fähigkeiten entspricht. In unserer Arbeitswelt wird ihre Leistung als schlecht erachtet. Einem Schüler, der in Englisch eine 2 und in Mathe eine 5 hat, wird nicht empfohlen, sich auf Englisch zu konzentrieren. Damit wir und auch unsere Unternehmen erfolgreich sind, müssen wir aber die Aufgaben erledigen, die unseren Fähigkeiten entsprechen.

Panda ist als Wettbewerb aufgebaut. Im Vorfeld mussten wir Lebensläufe und Empfehlungsschreiben einreichen und in einem dezentralen Videointerview Fragen beantworten, wie wir uns Führung vorstellen und wie wir uns unsere eigene Karriere vorstellen. Auch der Tag selbst ist ein Wettbewerb: Drei Aufgaben müssen in immer anders zusammengestellten Zehnergruppen gelöst werden. Beobachter bewerten währenddessen die Leistung der Teilnehmerinnen. Im Anschluss gibt jede Teilnehmerin ihre Top 3 an und bewertet ihre eigene Leistung.

Ich erwartete das übliche Bild: Innerhalb der ersten drei Minuten wird es zwei oder drei geben, die sich selbst nach vorne puschen, ein vierte wird am Ende die Führung übernehmen – und es wird zwei oder drei geben, die fast nichts sagen. Diese Erwartung wurde bitterlich enttäuscht, denn in jeder Gruppe saßen zehn Alphatiere. Nicht in diesem negativen Sinne einer lauten, egoistischen Person, sondern einfach zehn Frauen, die mit viel Empathie und Authentizität andere Menschen führen können – und niemand hob sich selbst über die anderen hinaus nach vorne, niemand zog sich aus der Gruppe zurück. Meine drei Managementsimulationen waren geprägt von diplomatischem Chaos, in dem sich kein klarer Leiter herausstellte, man auf die anderen achtete und letztlich die bestmögliche Erfüllung der Aufgabe zum Ziel hatte. Ich war baff. Trotz all meiner verschiedenen Arbeitserfahrungen (von Familienbetrieb bis Konzern) war ich überrascht vom Maß an Rücksichtnahme und Diplomatie innerhalb der Gruppen – schöne neue Welt. Lunch und Kaffeepausen waren geprägt von Neugierde an den gegenseitigen Erfahrungen. Aus jedem einzelnen Gespräch konnte man etwas für sich selbst mitnehmen. Es ging um Führung, es ging um Männerwelten, es ging aber auch darum, wie jede der anwesenden Frauen ganz natürlich damit umging und sich in ihrer Rolle wohlfühlte, weil sie Dinge tat, die sie liebt.

Fantastische Gewinner

In jeder Kategorie wurden nach den drei Übungen die Top 10 vorgestellt. Nach einem Gruppeninterview über Führung und Management wurden Uygar Galbis und Aimie-Sarah Carstensen zu den Gewinnerinnen 2015 ernannt. Zwei wahnsinnig sympathische Frauen mit einer umwerfend positiven Ausstrahlung. Unter den Top 10 der Executives war auch Digital Media Woman Ute Blindert. Ute ist Expertin für Hochschulmarketing und -recruiting und beschäftigt sich vor allem damit, Frauen zu helfen, sichtbarer zu werden. Und ja, viele brauchen das immer noch.

Kleine Anekdote: In meiner dritten Managementsimulation musste ein Gruppenmitglied ausgewählt werden, das auf der Bühne präsentieren sollte. Die Wahl meiner Gruppe war perfekt, denn wir gewannen die gesamte Simulation – unsere Ausgewählte hatte sich aber vorher eher bescheiden zurückgehalten, statt ihre Theatererfahrung zu erwähnen. Wir haben fünf Minuten diskutiert, statt gleich die beste Entscheidung zu treffen. Gewinnerin Aimie-Sarah Carstensen fasste es später treffend zusammen: „Wir müssen uns immer wieder selbst daran erinnern mutig zu sein. Ich war neugierig auf die Frauen hier, denn im Alltag begegnen wir einander ja nicht.“ Auch Uygar Galbis war begeistert vom Charakter der Veranstaltung: „Die Menschen geben einem in kürzester Zeit so viel mit – das ist absolut inspirierend.“ Was sie auf jeden Fall in ihr Unternehmen zurücknimmt, sind die positiven „Feedback-Duschen“: Nach jeder Simulation gab es Schnellkritiken der Teilnehmerinnen untereinander – ausschließlich positives bitte. Ich nahm das erst mal als total blöde Idee wahr. Es entpuppte sich aber als genialer Trick, um bei jedem die Batterien wieder aufzuladen – Erschöpfung war dank dieser „Duschen“ nahezu unmöglich. Mit Uygar Galbis und Aimie-Sarah Carstensen haben zwei großartige Frauen absolut verdient gewonnen.

Nichtsdestotrotz möchte ich Kritik üben: In allen drei Übungen gab es natürliche Turning-Points. Ich glaube, dass die Frauen, die diesen Punkt machten – zum Beispiel zu beschließen, die große Gruppe aufzuteilen – am Ende nicht am besten bewertet wurden, obwohl sie maximal zum Erfolg der Gruppe beigetragen haben. Panda ist sicher kein Popularitätswettbewerb, alle Teilnehmerinnen haben sehr differenziert ihre Entscheidungen getroffen. Aber gute Führung bedeutet in meinen Augen eben nicht die ganze Zeit positiv aufzufallen, sondern an den richtigen Punkten möglicherweise unliebsame Entscheidungen zu treffen. In allen drei Gruppen, in denen ich dabei war, waren es jeweils die Frauen mit technischem Hintergrund – aber das nur als Beobachtung.

Der Tag war anstrengend, aber regenerierend. Er war hochgradig inspirierend und gefüllt mit positiven Erlebnissen, wie ich es selten erlebt habe. Ich kann nur jede Frau ermuntern, daran teilzunehmen. Meine Vorurteile gegenüber Zickenterror und Stutenbissigkeit packe ich jetzt erst mal wieder in eine Box.

Beiträge zu den letzten beiden Wettbewerben im #DMW-Blog.

Eindrücke

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