"Wenn es relevant ist, wird es mich finden" oder "Wie man sich auf der SXSW zurechtfindet"

SXSW-20151

Stefanie Söhnchen, Online Communications Strategy, moovel GmbH

Stefanie Söhnchen vor der Austin-Kulisse - Foto: Selfie
Stefanie Söhnchen vor der Austin-Kulisse – Foto: Selfie

Das Internet setzt uns einer schier unüberblickbaren Flut an Informationen, Menschen und Optionen aus. Wer gelernt hat, diese für sich effektiv zu sortieren, ist bei der SXSW definitiv im Vorteil – wann, wo, mit wem welches Thema anschauen ist damit leicht geklärt. Es lässt sich aber auch gut nach der „Wenn es relevant ist, wird es mich finden“-Internet-Mentalität leben, die einen an unerwartete Orte mit teilweise bizarren Perspektiven führen kann. Hier drei essentielle SXSW-Lessons:

Talk the talk – Man hört zwar in den Sessions oft nur zu, aber der eigene Redeanteil während der Zeit außerhalb der gefrierschrank-kalten Innenräume ist mindestens genauso hoch. Dabei bleibt es nicht nur bei der obligatorischen „Was machst du so?“-Frage, sondern es kommt zu detailliertem Austausch zwischen Menschen von überall her, die plötzlich Gemeinsamkeiten oder neue Sichtweisen aus ungeahnten Expertise-Ecken bekommen. Ein mentaler Tapetenwechsel quasi, der auf der Basis der Konferenzinhalte Inspiration für das eigene Tun ist.

Walk the walk – All die interessanten Sessions müssen irgendwo beherbergt sein. Deshalb wird die gesamte Innenstadt zum Konferenzzentrum. Das heißt gefühlt viele Kilometer zu Fuß. Aber allein der Weg zwischen den Orten führt zu neuen Begegnungen, interessanten Eindrücken, oft einem Happen auf die Hand und manchmal besonderen Entdeckungen wie Husky-Baby-Streichelzoos.

Knit the net – Klar, Netzwerken ist auch angesagt. Online und offline. Aber hier ist es ein Netzwerken der Extraklasse: beim Wasserholen, vor der Raumtür, in der Warteschlange – überall sind Menschen neugierig darauf, was den anderen zur SXSW bringt und was er oder sie speziell denkt (oder welche Geheimtipps es gibt). Hier sind die meisten auf Augenhöhe, Speaker und Teilnehmer gleichermaßen. Das führt zu einer sehr angenehmen Atmosphäre und einem Haufen super Kontakte, die auch nach der SXSW noch weiterleben.

Ann-Catrin Boll, PR-Managerin Cribb Personalberatung

Ann-Catrin Boll beim Reeperbahn Hamburgers Stand - der Networking Lunch von Hamburg@SXSW - Foto: Sanja Stankovic
Ann-Catrin Boll beim Reeperbahn Hamburgers Stand, der Networking Lunch von Hamburg@SXSW – Foto: Sanja Stankovic

 

Ich kann – ohne Zuhilfenahme der SXSW-App – kaum mehr genau sagen, bei welchen Sessions, Keynotes und Paneldiskussionen ich war, wann ich mit wem wo gesprochen habe und welche Partys ich besucht habe. Den immensen Programmumfang spiegelt allein das gedruckte SXSW-Interactive-Programm wider, das in Form eines Neckermann-Katalogs daher kam – und genauso viel wog.

Nachhaltig beeindruckt hat mich die Session „Editors and Engineers: New Ideas at Washington Post“, die aufzeigte, wie Engineers und Journalisten ein Jahr nach dem Kauf durch Jeff Bezos eng zusammenarbeiten, um gemeinsam innovative Nachrichtenformaten wie die App „The depth of the problem“ zu entwickeln. Ich sag nur: 47 (!) Engineers im Newsroom (2011 waren es nur vier). Weitere Highlights waren für mich zudem die Buzzfeed- und die Google[X]-Keynote sowie die Paneldiskussion beim #TeamDetroit zum Thema „Digital Disruption: Do or Die“. Angesichts des vielfältigen, umfangreichen Programms habe ich mich außerdem oft einfach treiben lassen und Veranstaltungen besucht, die zunächst gar nicht auf meinem Plan standen – was ein sehr guter Plan war!

Evelyn Sieber, Head of Showcase Reeperbahn Festival und Mit-Organisatorin Hamburg@SXSW

Selfie vor der Shooting-Ranch: Evelyn Sieber
Selfie vor der Shooting-Ranch: Evelyn Sieber

Die SXSW ist immer wieder überwältigend. Seit 2006 fahre ich fast jedes Jahr nach Austin und habe somit die wahnsinnige Entwicklung vor allem im Interactive Bereich der letzten Jahre ganz gut mitbekommen. Zwar bin ich als Head of Showcase Programme vom Reeperbahn Festival beruflich eher im Musik-Part zu Hause, trotzdem ist der Enthusiasmus, die Begeisterung und inhaltliche Qualität der SXSW Interactive schon beeindruckend.

Da wir uns als Festival sowohl für den Musik als auch für den Interactive Bereich zusammen mit der Stadt Hamburg vor Ort präsentieren, war ich orga-mäßig in diesem Jahr leider zu sehr eingespannt. So konnte ich nicht meine übliche Runde durch die coolen Läden auf der 6th Street machen und habe inhaltlich viel zu viel verpasst. Aber trotzdem nehme ich wieder die Freude auf nächstes Jahr mit nach Hause – und die surreale Erinnerung an eine Shooting Range mitten im texanischen Nirgendwo, die dieses Jahr mal statt der sonst üblichen Mall am meinem freien Nachmittag angesteuert wurde…

Sanja Stankovic, Mitgründerin #DMW und Hamburg Startups, Mit-Organisatorin Hamburg@SXSW

Chelsea McCullough (Executive Director, Texans for Economic Progress), Sanja Stankovic (Co-Founder Hamburg Startups & #DMW), Claire England (Executive Director, Central Texas Angel Network) - Foto: Moneet Singh
Chelsea McCullough (Executive Director, Texans for Economic Progress), Sanja Stankovic (Co-Founder Hamburg Startups & #DMW), Claire England (Executive Director, Central Texas Angel Network) – Foto: Moneet Singh

Über den wahnsinnigen Erfolg der Hamburger Startups freue ich mich immer noch riesig und wenn ich was zu beklagen hätte, dann dass ich mir wirklich nicht eine einzige Session im Rahmen des Interactive Programms ansehen konnte. An dem ein oder anderen Abend und zwischen den diversen Presse-Terminen blieb aber noch genug Zeit zum Networking (dem m.E. spannendsten Teil der SXSW), denn man trifft immer und ständig tolle und offene Menschen. Dieses Jahr bin ich erstmalig am Mittwoch angereist, so bleibt einem nicht nur ein Tag zum Akklimatisieren, sondern man nimmt noch so einiges an Pre-SXSW-Networking-Events mit, bei denen sich in erster Linie „Austin folks“ herumtreibt. Zugegeben: Das Rausfiltern der Events, die relevant sind, ist genau so schwer wie das umfassende Lesen des Programms. Hier ist es absolut hilfreich lokale Freunde zu haben, die auf die Events hinweisen und vor allem dafür sorgen, dass man einen Platz auf der Gästeliste bekommt.

Meine Networking-Highlights: Privat-Party des Austin Women Magazine auf einer Dachterasse in Downtown, Bob Metcalfe (Gründer des Ethernet) beim Open Coffee Club und spontanes Bloody Mary-Frühstück bei BMI Acoustic Brunch (danke Claire und Chelsea!).
Mein Wohlfühl-Highlight: Menschen um sich haben, mit denen man wirklich gerne Zeit verbringt.
Mein absolutes Highlight: Das Triple für Hamburg, aber ganz besonders der fulminante Erfolg von Tinnitracks, die ich seit dem Gewinn des Startups@Reeperbahn Pitches 2013 begleiten darf.

Yasmin Akay, Teamleitung Social Media & Produktmanagement ONLINE, RTL2

Yasmin Akay - Teamleitung Social Media & Productmanagent  Online RTL2 Foto: Michael Praetorius
Yasmin Akay – Teamleitung Social Media & Productmanagent
Online RTL2 Foto: Michael Praetorius

Warum fliegst du so weit, zahlst soviel, um dann auch noch 1,5 Wochen mit vielen Menschen zusammen in einem Haus zu wohnen? Ganz einfac: Die SXSW ist ein kreativer Wake-Up-Call. Allein die Themenmischung aus Interactive, Film & Serie, Music bietet eine unglaublich breite Auswahl an verschiedenen Vorträgen oder Workshops. Die Konferenz besticht durch die Mischung und Themenvielfalt, aber auch durch die Leidenschaft und Offenheit der Referenten, die nach jedem Vortrag ausgiebig Fragen beantworten. So kommt es auch nach einem Vortrag zu einem spannenden Austausch zwischen Audience und Vortragenden. Ich kann mich an keine Konferenz erinnern, auf der ich so offenen und herzlichen Menschen begegnet bin, ob in der Schlange vor dem Vortragsraum oder bei den Q&A: Alle freuen sich über einen Austausch.

Die SXSW 2015 schaffte es zudem, neue Themenschwerpunkte zu setzen. Drei neue Hotels mit diversen Vortragsräumen machten das Programm dieses Jahr noch umfangreicher. Technologie und Storytelling waren gefragte Vortragskategorien, so das man in manchen Vortrag trotz 45 Minuten anstehen nicht mehr reinkam. Aber der Austausch mit den Menschen, mit denen man zusammen wartet, macht vieles wieder wett. So kann es einem auch passieren, dass mit Etan Cohen ein bekannter Regisseur und Produzent in der Schlange für eine Serien-Preview steht und sich gerne mit einem unterhält. Auf der SXSW sind die Menschen nahbar und offen, der intensive Austausch bringt nicht nur viele wertvolle Kontakte, sondern auch neue Perspektiven und Ideenimpulse. SXSW 2016 – Ich freu mich jetzt schon auf dich.

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