Der #DMW Themenabend zur Digitalisierung hatte am 27. Juni starke Konkurrenz – die Fußball-Euro der Männer hatte Straßen und Bierregale leergefegt. Unsere Hamburger Quartiersleiterin und Moderatorin des Abends Christiane Brandes-Visbeck konnte sich dennoch über einen gut gefüllten Saal in der Akademie für Publizistik freuen. Auch #DMW-Mitgründerin und Akademie-Mitarbeiterin Kixka Nebraska hatte es sich nicht nehmen lassen, mit dabei zu sein.
Kein Wunder, denn wir durften zwei hochrangige Speaker begrüßen: Die Hausherrin und Leiterin der Akademie für Publizistik, Nadja Stavenhagen, und den Datenjournalisten Marco Maas.
Der Journalist und geschäftsführende Gesellschafter von ODC Opend Data City machte uns das Thema „Privacy“ und Internet der Dinge am Beispiel seiner eigenen Wohnung anschaulich. Mittlerweile nennt Marco Maas sein Heim stolz „Sensoren-Residenz“, da er mittlerweile um die 130 smarte Haushaltsgeräte in seiner Wohnung am Laufen hat – vom Heizungsthermostat bis zur Schlafmatratze, die mit 200 Sensoren ausgestattet ist und sein Schlafverhalten sowie das seiner Freundin trackt.
Sprache steuert Musikanlage
Die gewünschte Musik erklingt bei Marco per Sprachsteuerung über eine gewisse Alexa (nicht seine Freundin). Fenster öffnen sich, wenn der Kohlendioxidgehalt der Luft es erfordert.
Die Räume erleuchten hell, sobald man sich in ihnen aufhält und werden wieder dunkel, wenn man sie verlässt. Und wenn Marco unterwegs ist, weiß er durch Kohlenstoff-Messung der Luft, wie viele Menschen sich in der Wohnung aufhalten.
Als Datenjournalist hat er schon herausgefunden, dass in seinem Smart Home Tag für Tag 600 Megabyte an Datenvolumen anfallen. Allein das Heizungsthermostat sende stündlich Daten. Die große Frage ist, wer kann was daraus lesen? „Noch können wir die Entwicklung kontrollieren“, sagt Marco, „in drei Jahren nicht mehr“. In Zukunft würde es schwer werden, Haushaltsgeräte zu bekommen, die keine Daten senden.
Technik und menschliche Beziehungen
Die Technologie und ihre Möglichkeiten berührten auch das Gleichgewicht von menschlichen Beziehungen. So habe der Technikaffine einen Wissensvorsprung vor dem Partner, der sich wenig mit den technischen Dingen der Digitalisierung beschäftigt. Der Technikerfahrene kann den Unerfahrenen mit der neuen Technik leichter kontrollieren, ohne dass dieser es überhaupt merkt.
Außerhalb der vier Wände sehen die Pläne noch konkreter aus. Bei Versicherungsunternehmen etwa. Da stelle sich die Frage, welche Auswirkung es zum Beispiel für einen Fahranfänger bedeutet, wenn ihm die Autoversicherung anbietet, ein Tracking-Gerät ins Fahrzeug einbauen zu lassen, damit er an einen günstigeren Tarif kommt.
Es gibt keine Medienkrise, nur einen Medienwandel
Zurück in Marco Maas‘ Smart Home und seine Pläne: Kühlschrank und Waage werden in nicht allzu ferner Zukunft mit Displays ausgestattet sein, darin sieht der Journalist gerade für die Medien eine große Chance. Für ihn gibt es nämlich gar keine Medienkrise, sondern lediglich einen Medienwandel. Seiner Ansicht nach müssen Nachrichten zukünftig auf allen erdenklichen Kanälen in die Privatwohnung gelangen. Die Waage könnte die Wettervorhersage anzeigen oder auch der Kühlschrank oder das Heizungsthermostat.
Die Tageszeit und das jeweilige Umfeld gewönnen immer mehr an Bedeutung für die Art des Nachrichtenformats. Morgens um sieben sei etwa eine kurze Headline auf einem Display eines Küchengerätes oder im Badezimmer denkbar; auf dem Weg zur Arbeit zum selben Thema dann ein ausführlicherer Podcast. Entscheidend für die Medienproduzenten sei es, die Inhalte zur richtigen Zeit am richtigen Ort auszuspielen. Mit seiner Firma ODC hat er bereits namhafte Medienpartner für die nachrichtliche Vernetzung des Privathauses gefunden und die #DMW werden diese Entwicklung weiter verfolgen.
Die Zyklen der Digitalisierung werden immer kürzer und umfassender
„Die Zyklen der Digitalisierung werden immer kürzer und umfassender“, bestätigt auch Nadja Stavenhagen. Auf ihrer USA-Reise hatte die Akademieleiterin 20 Unternehmen besucht, die im Bereich Medien und Technik arbeiten. „Vom Startup bis hin zur New York Times“, berichtete sie. Ebenso wie Marco Maas stellt sie ein immenses Datenwachstum durch die Digitalisierung fest. Drei Trends verdienten hier ihrer Meinung nach besondere Beachtung.
Erstens: Plattformen gewönnen in der Datenflut immer mehr an Bedeutung. „Sie sind der Schlüssel zum User“, sagt Nadia Stavenhagen.
Zweitens: „Personen sind die neuen Brands“ oder „das Produkt bin ich“, zitiert sie Richard Gutjahr. Das bedeutet, dass Personen, die Glaubwürdigkeit haben oder denen sie zugesprochen wird, die neuen Marken seien. Als Beispiel führt Nadja Stavenhagen die YouTuber an mit ihren Millionen von Fans und entsprechenden Werbeeinnahmen.
Drittens, schließlich, beobachtet sie ebenso wie Marco Maas, wie die Technik unser aller Zusammenleben verändert. Eine neue Applikation etwa kann Blinden helfen, Gegenstände besser zu erfassen. Mit der App bemeyeyes „Lend your eyes to the blind“ erklären nämlich Sehende auf Anfrage der Sehbehinderten, wie bestimmte Dinge aussehen oder funktionieren. So nähmen Blinde stärker am gesellschaftlichen Leben teil.
Als Vorreiter der Digitalisierung nennt Nadja Stavenhagen Estland, das sich gerne auch e-Estonia nennt. In Estland kann etwa jedermann oder jedefrau ein e-Resident werden und dort ein Startup gründen. Die Politik zeigt sich in dem baltischen Staat weit offen der Digitalisierung gegenüber. Online wählen ist für die Esten schon selbstverständlich.
Auch in Hamburg gibt es Beispiele für die zunehmende Digitalisierung im öffentlichen Raum. So ermöglicht das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) schwerkranken Kindern, via Internet am Unterricht ihrer Schule teilzunehmen und mit dem Klassenverband in Kontakt zu bleiben.
Mehr über unsere Speaker
Nadja Stavenhagen ist die Direktorin der Akademie. Sie ist verantwortlich für das Seminarprogramm, für die Geschäftsführung und für Kooperationen mit verschiedenen Partnern und Einrichtungen. Sie hat Theologie und Latein in Hamburg studiert und 20 Jahre als Journalistin für verschiedene Print- und Online-Medien gearbeitet, zuletzt als Redaktionsleiterin von GEO.de. Als Geschäftsführerin hat sie u. a. die Websites von Schöner Wohnen und essen & trinken geleitet
Marco Maas arbeitet seit 1999 als Journalist in Hamburg. Er war u.a. an der Entwicklung des mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichneten ZDF-Parlameters beteiligt. Für die G8-Berichterstattung auf gipfelblog.de erhielt er den CNN Journalist Award. Seit 2009 beschäftigt er sich mit dem Themenkomplex Open Data/Linked Data. Er bloggt unter TheMaastrix.net und twittert unter @themaastrix.
Dankeschön
Organisiert haben diesen Themenabend unsere Hamburger Orga-Frauen Christiane Brandes-Visbeck und Vera Kamm. Und sie haben großzügige Sponsoren gewonnen:
Leev sortenreiner Apfelsaft, 13377 Mate und die Keks- und Waffelbäckerei Hans Freitag mit ihren leckeren Likies von Anita’s Own. Ganz lieben Dank an Natalie Richter, Claudius Holler und Anita Freitag-Meyer für euren tollen Support!
Die Photos des Abends hat unsere #DMW-Orgafrau Jeanne C. Vogt aufgenommen.
Und jetzt haben wir Hamburger #DMW noch ein Goodie für euch:
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