#DMWmuc Themenabend: „Mit Diversity in Führung“

Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann

Eine diverse Führungsriege ist für viele Unternehmen ein hehres Ziel. Doch nur die wenigsten setzen heute schon wirksame Diversity-Maßnahmen um und können divers besetzte Führungsteams vorweisen. Viele Unternehmen haben sich jedoch auf den Weg gemacht und arbeiten mit gezielten Maßnahmen daran, ihr Management vielfältiger aufzustellen.



Von solchen Unternehmen möchten wir als Digital Media Women lernen. Deshalb haben wir Frauen aus einem Großkonzern, einem Start-up und einer IT-Beratung eingeladen, beim Themenabend „Mit Diversity in Führung“ der #DMW München ihre Erfahrungen zu teilen. Unser Gastgeber war am 27. August die IT-Beratung Thoughtworks, die bereits mehr als 40 Prozent Frauen in Führungspositionen vorweisen kann. Im Münchner Event-Space kam das Thema bei den 65 Besucher*innen so gut an, dass wir trotz Sommerferien nachbestuhlen mussten.

5 Maßnahmen für mehr Diversity im Unternehmen

Herausgekommen ist eine Reihe praktischer Tipps für Diversity-Maßnahmen, mit denen Unternehmen das Thema jetzt angehen können. Im Panel diskutierten:

  • Rosa Riera, Vice President Employer Branding & Social Innovation bei Siemens,
  • Dr. Katharina Rhode, Head of Professional Services bei Thoughtworks und
  • Steffi Feldmann, Serial Entrepreneur und COO beim Identiy-Start-up Keyp.
  • Katja Vater, Quartiersleitung der #DMW München und Product Owner bei Süddeutsche Zeitung Digitale Medien, moderierte den Abend und sorgte für extrem hohe Informationsdichte im Panel.


Rosa Riera hat bei Siemens jahrelang erfolgreiche Diversity-Maßnahmen umgesetzt
Rosa Riera – Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann


1. Diversity muss strategisches Ziel sein

„Man müsste mal“ und „Wäre schon schöner“ bringen uns nicht weiter. Bei Siemens nahm das Thema Diversity an Fahrt auf, nachdem eine chinesische Finanzchefin das Thema aus der Personalecke auf die strategische Agenda des Unternehmens beförderte. Initiativen aus der Personalabteilung sind wichtig, doch ohne die Unterstützung der Geschäftsbereiche kommt nicht genügend Zug dahinter.


Ein messbar formuliertes Ziel ist z.B.: „Wir möchten, dass 2021 50 Prozent der Vorstands- und Director-Positionen mit Frauen besetzt sind.“ Ein solches Ziel muss vor allem von der Führung des Unternehmens ausgegeben und vorgelebt werden. „Jedem muss klar sein, dass ich mich über Diversity nicht mehr lustig machen kann, wenn ich hier Karriere machen will“, so Rosa Riera.


Unternehmerin Steffi Feldmann macht den Nutzen sehr deutlich, auch für junge Start-ups: „Ab einer Teamgröße von acht Personen muss man auf Diversity achten, weil sonst die Gefahr besteht, dass Produkte zu wenig innovativ gedacht werden. Eine inklusive Kultur, in der sich die Teammitglieder gegenseitig zuhören, andere Positionen mit einbeziehen und dann agil entscheiden, sichert den Geschäftserfolg.“


Steffi Feldmann – Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann


2. Die Zielerreichung der Diversity-Maßnahmen muss mit Zahlen verfolgt werden

Wie bei allen anderen wirtschaftlichen Zielen muss auch beim Diversity-Ziel die Erreichung und Veränderung regelmäßig überwacht werden. Rosa Riera von Siemens empfiehlt, die Zielerreichung mindestens quartalsweise zu kontrollieren. Nur so lassen sich Fortschritte und der Erfolg der gewählten Maßnahmen überprüfen. Zielgrößen und Quoten sind hier unabdingbar für die erfolgreiche Umsetzung.


Die IT-Beratung Thoughtworks hat etwa 40 Prozent Frauenanteil in technischen Rollen und mit Rebecca Parsons einen weiblichen Chief Technology Officer. Siemens hat sich einen Raum eingerichtet, in dem mit Post-its die Pipeline für wichtige Führungsrollen angeklebt ist. Ist dort bereits zu wenig Vielfalt zu erkennen, kann das Unternehmen gegensteuern.


Dr. Katharina Rhode – Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann


3. Recruiting umbauen

Wenn nur Bewerbungen von Männern auf dem Tisch liegen, geht es mit der Vielfalt nicht weiter. Deshalb kommt dem Recruiting eine Schlüsselfunktion zu, um diverse Kanditat*innen, non-binäre Personen und andere unterrepräsentierte Talente ins Spiel zu bringen. Das beginnt mit der Art der Ansprache und den verwendeten Worten in Stellenanzeigen. Wird dort der durchsetzungsstarke Macher verlangt, besteht die Chance, dass sich qualifizierte Frauen erst gar nicht bewerben.


Umgekehrt schrecken weiblichere und neutrale Formulierungen die Männer nicht ab, so dass Unternehmen mit einer sensiblen Ansprache nur gewinnen können. Neben den Formulierungen ist auch die Bilderwelt nicht zu vernachlässigen. Fotos, die nur weiße Männer im Anzug zeigen, signalisieren mittlerweile zurecht eine verstaubte Unternehmenskultur.


Auch bei der Bewerbungspipeline können Diversity-Maßnahmen ansetzen, um zu verstehen, wie viele Frauen sich überhaupt bewerben und wie viele im Prozess verloren gehen. Thoughtworks hat sein Recruiting aufgestockt, um auf vielversprechende Talente auch direkt zugehen zu können. Dieser Ansatz nennt sich „Active Sourcing“ und setzt bereits im Bewerbungsverfahren auf Zahlenvorgaben.


Das ist auch nötig, um den jetzt schon vorhandenen Anteil von 40 Prozent Frauen in IT-Beratungsrollen halten zu können. Ebenso wichtig ist die gezielte Weiterentwicklung junger Talente, denn gerade im MINT-Bereich werden die Frauen von der Uni-Einschreibung bis zur Führungsposition immer weniger.


Paneldiskussion bei Thoughtworks - welche Diversity-Maßnahmen bringen wirklich mehr Vielfalt?
Katja Vater – Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann


4. Inklusive Kultur schaffen

Moderatorin Katja Vater hat aus dem Panel bereits viele Beispiele für hilfreiche Maßnahmen herausgeholt und kommt nun auf das Thema Kultur zu sprechen. Katharina Rhode erläutert, dass die kulturelle Passung bereits in den Bewerbungsgesprächen eine wichtige Rolle spielt. Zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen gehören bei Thoughtworks Schulungen zu unbewussten Vorurteilen (Unconscious Bias).


Zusätzlich bietet Thoughtworks so genannte Ally-Trainings an. In diesen Trainings werden Mitarbeiter*innen für schwierige Situationen sensibilisiert, in die Frauen geraten können, und erhalten Tipps, wie sie Kolleginnen beispringen können, wenn z.B. im Meeting eine unpassende Bemerkung fällt.


Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist – nicht nur für Frauen – ein extrem relevantes Thema. Katharina Rhode: „Wir bieten Teilzeit bis an die Grenzen des Machbaren an, um Talente zu halten.“ Kinderbetreuung, Homeoffice, Zuschüsse – es gibt viele Möglichkeiten, Mitarbeiter*innen zu unterstützen, die sich um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige kümmern müssen.


Start-ups mit einem kleinen Team wie das von Steffi Feldmann haben natürlich weit weniger Mittel für Diversity-Maßnahmen als Unternehmen vom Schlage Thoughtworks oder Siemens, um entsprechende Programme aufzusetzen. Doch als eine Mitarbeiterin schwanger wurde, begegnete Feldmann der Herausforderung mit Flexibilität. „Wir haben im Büro eine Spielecke eingerichtet, so dass die Kollegin das Baby mitbringen konnte. Außerdem haben wir an unseren Prozessen gearbeitet, um planbare Arbeitspakete für die Kollegin zu schaffen.“


Die Expertinnen stellen erfolgreiche Diversity-Maßnahmen für Unternehmen vor
#DMW Cécile Schneider begrüßt 65 Gäste im ausgebuchten Thoughtworks-Eventspace – Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann


5. Führungskräfte und Mitarbeiter*innen einspannen

„Diversity muss man aushalten. Es kracht und scheppert an allen Enden“, weiß Rosa Riera. Deshalb ist es so wichtig, bei diesem Thema alle an Bord zu haben. Die Unternehmensführung ist gefordert, Vielfalt und inklusive Kultur vorzuleben, z.B. durch Führungskräfte in Elternzeit oder den offen schwulen CEO. Vor 2014 war die sexuelle Orientierung nichts, worüber bei Siemens gesprochen wurde. Heute präsentiert sich das Unternehmen mit einem eigenen Wagen beim Christopher Street Day.


Ein solches Engagement lässt sich nicht allein von oben verordnen. Es muss mitgetragen werden aus der Belegschaft – und hier kommen Netzwerke und Gruppen ins Spiel. Netzwerke für People of Color, Frauen oder queere Menschen helfen als Ansprechpartner, Sparringspartner und Korrektiv für die Diversity-Maßnahmen des Unternehmens. Wenn beide zusammenarbeiten, ist das der Ort, wo die Magie passiert, so Rosa Riera.


Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann


Foto: Fotografie Willeke-Jungfermann


Inspiriert für die Planung dieses Abends hatten uns die Unternehmen, die wir im Rahmen unserer Kampagne #30mit30 gefunden haben. Ziel der Kampagne ist es, 30 Unternehmen mit 30 Prozent Frauen auf den ersten drei Führungsebenen zu finden und sichtbar zu machen.


Studien wie die DIW-Studie 2015, “Zum Potential einer festen Geschlechterquote” zeigen wieder auf, dass erst mit einem Prozentsatz von 30 Prozent Frauen in Führungspositionen Geschlechterstereotype an Wirkung verlieren. Die von McKinsey verfassten Studien “Women matter” sowie “Delivering through Diversity” zeigen zudem, dass Unternehmen, die Vielfalt in ihren Teams fördern, bessere Ergebnisse, mehr Zufriedenheit und langfristig mehr Erfolg erzielen.


Hier findest du weitere Informationen zur #30mit30–Kampagne und Möglichkeiten, uns dabei zu unterstützen.


Unserer besonderer Dank gilt Susanne Kirndorfer und Sylvia Le Hong von Thoughtworks, Fotografin Dorothe Willeke-Jungfermann, und dem #DMW Team München mit Katja Vater, Cécile Schneider, Beate Mader, Sarah Söhlemann, Simone Fasse, Julie Berger und Ruth Swienty, die vor Ort und in der Vorbereitung diesen Abend ermöglicht haben.


Weitere Gedanken zum Abend hat auch Elvira Steppacher in ihrem Blog zusammengefasst.

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