Endgültig gesperrt: Solltest du beim Online-Marketing auf Facebook setzen?

Judith-Peters-Sympatexter

Stell dir vor, du hast ein florierendes Online-Business, ein Großteil deines Marketings läuft über Facebook. Plötzlich wirst du von Facebook gesperrt – und zwar für immer! Genau das ist Judith Peters passiert, die viele von euch vermutlich als Sympatexter kennen.

Die Geschichte beginnt am 13. November 2022. Judith möchte gerade ein Instagram-Reel aufnehmen, kann sich aber nicht bei Instagram anmelden, auch bei Facebook nicht. Sie erhält kurz darauf eine Benachrichtigung von Facebook, dass ihr Konto gesperrt sei, sie aber innerhalb von 30 Tagen Widerspruch einlegen könne. Als sie gerade ein Foto ihres Personalausweises zur Bestätigung des Widerspruchs hochgeladen hat, kommt eine Mail, in der ihr mitgeteilt wird, dass sie zur Nutzung von Facebook „nicht berechtigt“ sei. „Aus Sicherheitsgründen“ könne man ihr „keine weiteren Informationen dazu angeben“, warum ihr Konto deaktiviert wurde. Sie wird absurderweise noch um Verständnis für diese „endgültige Entscheidung“ gebeten. Während Judith selbst nicht wissen darf, was das Problem ist, können alle Mitglieder ihrer Facebook-Gruppe den Grund sehen: Ihr wird vorgeworfen, Inhalte geteilt zu haben, die gegen Facebooks „Regeln gegen sexuellen Missbrauch und Nacktdarstellungen von Kindern“ verstoßen. Judiths Facebook-Profil, ihre Seiten und Gruppen, ihr Instagram-Account und vor allem der Businessmanager und das Werbekonto sind also weg – endgültig!

Facebook-Konto gehackt: Was ist das Motiv?

Sie findet heraus, dass ihr Konto gehackt wurde, was sie nicht verstehen kann. „Ich bin keine Anfängerin,“ sagt sie, „ich war immer so vorsichtig online und natürlich nutze ich die 2-Faktor-Authentifizierung. Jetzt fragen mich Leute, warum ich kein sicheres Passwort nutze.“

Tatsächlich ist auch 2FA nicht hundertprozentig sicher, wie die Computerwoche hier beschreibt. Gerade Facebook und Instagram werden immer wieder Ziel von Angriffen, die sich bewusst gegen Unternehmer*innen richten. Hacker greifen Werbekonten an, um Budgets für ihre eigenen Zwecke umzuleiten. Dabei wird zunächst der Account der Person gehackt und dann ein Account des Hackers zum Werbekonto hinzugefügt. Unangemessener Content sexueller Natur ist besonders beliebt, um im letzten Schritt dafür zu sorgen, dass die Person selbst von Meta gesperrt wird und der Hacker die alleinige Kontrolle über das Werbekonto hat. Ähnliche Geschichten finden sich zu Hauf bei Reddit.

Judiths Geschichte hat immer noch kein Happy End. Mit anwaltlicher Unterstützung und dank der noch aktiven Admins in ihrem Business-Manager hat sie es geschafft, ihr Konto entsperren zu lassen. Allerdings ist sie nach wie vor Ziel von Hacker-Angriffen, was immer wieder zu Einschränkungen führt: Sie wird für 30 Tage gesperrt, ihr Hashtag #Jahresrückblog22 wird vorübergehend bei Instagram gesperrt, sie kann nicht live gehen, da die Funktionalität des Kontos eingeschränkt ist und schließlich wird das Konto nochmals gehackt, was wieder zu einer 30-tägigen Sperre führt. Besonders perfide: Auch ein Video-Interview, das sie einer anderen Userin auf Facebook gibt, wird von Meta gesperrt, die Person, die sie interviewt hat, wird verwarnt. Ich frage mich gerade ernsthaft, ob ich diesen Text in unserer Facebook-Gruppe posten kann, ohne die Gruppe zu gefährden.

Facebook-Sperre: Victim Blaming darf nicht fehlen

Die Frage nach dem sicheren Passwort, die sich Judith gefallen lassen musste, ist leider bei Hacks nicht ungewöhnlich. Im Technikmagazin Ars Technica beschreiben einige Betroffene exakt das, was Judith passiert ist. Das Traurige ist, dass viele Kommentare unter dem Artikel reines Victim Blaming sind: Viele Kommentator*innen (muss man in diesem Fall gendern? – das lasse ich mal offen) finden Meta problematisch, sehen aber gleichzeitig die Schuld bei den Nutzer*innen, die offensichtlich zu wenig sicherheitsbewusst seien (hörenswert dazu nach wie vor Sascha Lobos Podcast-Folge „Datenleak – Die Lösung bin ich!“, in der er auf genau diese Art Kommentare antwortet).

Und überhaupt – so die Argumentation – sollte man doch lieber den eigenen Blog nutzen, statt sich auf die Plattformen zu verlassen. Das weiß niemand besser als Judith, die es seit Jahren schafft, Selbstständige zum Bloggen zu motivieren. Trotzdem kennt jede Selbstständige vermutlich den frustrierenden Moment, wenn die eigene Website live ist und exakt gar nichts passiert. Denn Content, der nicht auf den großen Social-Media-Plattformen geteilt wird, bleibt unsichtbar. Ganz zu schweigen von Ads auf Facebook und Instagram sowie Facebooks Gruppenfunktion, die auch die Grundlage der #DMW-Community ist. „Ich habe mir viele Community-Tools angeschaut,“ sagt Judith, „aber eine wirkliche Alternative gibt es nicht. Andere Tools haben nicht die gleichen Funktionen und sind für viele Nutzer*innen auch umständlicher, weil man sich dafür einen weiteren Account anlegen muss.“ Deshalb wird sie trotz aller Schwierigkeiten nach wie vor Facebook und Instagram nutzen.

Facebook-Sperre: Warum dürfen sich Unternehmen so verhalten?

Etwas off-topic, aber ich frage mich, warum Metas Verhalten gesetzeskonform ist. Ja, wir sind uns vermutlich einig, dass deren Customer Service irgendwo zwischen „mies“ und „nicht vorhanden“ rankt. Aber dass ein Unternehmen sich weigert, dich als Kundin zu akzeptieren, ohne dir Gründe dafür zu nennen, ist bei sehr vielen Firmen Teil der AGB. Das mag zwar rechtskonform sein, macht Betroffenen von Identitätsdiebstahl oder Kreditkartenbetrug aber trotzdem das Leben unverschuldet schwer. Meine Kreditkarte wurde einmal aufgrund einer betrügerischen Buchung von der Bank gesperrt, natürlich ohne mir Bescheid zu geben. Das hat mir einige komplett absurde Gespräche mit dem Customer Service von Amazon gebracht, der mir „aus Datenschutzgründen“ nicht sagen durfte, warum ich nicht mehr bestellen kann. Warum zum Geier muss ich vor Informationen, die mich betreffen, geschützt werden?

 

Zum Schluss noch ein paar Links

Als Erstes natürlich Judiths eigener Blogbeitrag über ihre Erlebnisse, lesenswert vor allem wegen der Fragen, auf die Meta bald eine Antwort finden sollte, um nicht noch mehr User*innen zu verlieren.

Was man tun beziehungsweise nicht tun sollte, falls man selbst von einer Sperre betroffen ist, erklärt hier ein Anwalt für IT-Recht.

Immer noch einer der wichtigsten Angriffspunkte für Hacker ist das E-Mail-Konto. Hier kannst du nachschauen, ob auch deine E-Mail-Adresse betroffen ist.

Ein etwas anders gelagertes Problem mit ihrem Facebook-Konto hatte auch #DMW Samira Djidjeh vor einiger Zeit.

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