Wie kann Digital Leadership künftig aussehen? Welche Eigenschaften müssen Führungskräfte mitbringen? Wie schaffen Unternehmen den digitalen Wandel? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Innovation Summit , zu dem die Women Speaker Foundation und die Deutsche Bahn am 1. Juni eingeladen hatten. Die #DMW waren dabei als Partner vor Ort.
„Die Spielzeit ist vorbei, meine Damen, die Zeit der Verantwortung hat begonnen“ – wenn ich diesen Satz einfach nur lesen würde, würden sich wahrscheinlich alle meine Nackenhaare aufstellen. Wer bitte spricht so mit seinem Publikum? Doch wenn das jemand darf, dann wohl die großartige Monique Siegel – Trendforscherin, Publizistin, Wirtschaftsethikerin und Grand Dame der Management-Szene. Sie ist das lebende Beispiel für „Digital Ageing“ und zählte zu den Höhepunkten der Veranstaltung.
„To lead or not to lead, that´s not the question“, betitelte Monique Siegel ihren Vortrag, in dem sie den ungeheuren Paradigmenwechsel im Management und in der Wirtschaft beschrieb. Mit den Worten: „Die meisten von uns sind mit den Werten der industriellen Revolution ins Arbeitsleben geschickt worden“, zeigte Siegel das Dilemma auf. Heute dagegen seien Leidenschaft, Integrität, Authentizität und Kommunikation gefragt. Im Leadership zähle nun das „Wir“ und die Sache, nicht mehr das „Ich“. Gerade Frauen hätten nun die Chance, ja sogar die Pflicht, mit ihren Stärken die Positionen auszufüllen, die jetzt gebraucht werden. „Good bye Management, hello Leadership“, brachte es Monique Siegel auf den Punkt. Mitarbeiter sollten so gefördert werden, dass sie ihre besten Eigenschaften weiter entwickeln können. „Wenn Du merkst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab“, appellierte die Expertin, die erst vor kurzem einen neuen Think Tank namens „FEMALESHIFT“ gegründet hat. In puncto Innovation sei es weniger schwierig „das Neue“ zu denken – vielmehr bestehe hierbei die Herausforderung darin, „das Alte“ loszulassen.
Agiler Arbeiten durch Abbau von Hierarchie
Alte Strukturen loslassen und neue Prozesse zu schaffen, darin versucht sich auch die Deutsche Bahn. Personalvorstand Ulrich Weber skizzierte, wie der Konzern mit rund 300.000 Mitarbeitern weltweit versucht, Hierarchien abzubauen und agiler zu werden. Weber setzt dafür auf Transparenz und Einbindung der Beschäftigten. „Hierarchie muss dann weg, wenn sie Kreativität und Eigenständigkeit verhindert“, erklärte Weber. Er gestand sich aber auch ein, dass das nicht für alle Berufsgruppen des Konzerns gelten kann und der Handlungsspielraum auf einigen Gebieten extrem begrenzt sei. Trotzdem müsse die Deutsche Bahn vor allem in Hinblick auf neue Konkurrenten im Mobilitätssektor beweglicher und flexibler werden.
Führungskräfte brauchen eine eigene Mission und Ziele
Wie Facebook das Thema Digital Leadership umsetzt erzählte Marianne Dölz, die das Geschäft des US-Konzerns als Country Director für die Dach-Region leitet. Sie sei vor allem von der Facebook-Kultur der „permanenten Innovation“ fasziniert und das Credo von „einfach machen“, so Dölz.
Marianne Dölz gab zu, dass sie jeden Tag darüber nachdenke, wie sie der beste Coach für ihr Team sein könne – und das nahm man ihr auch tatsächlich ab. Für einen bleibenden Eindruck sorgten übrigens die Offenbarung der Prinzipien von Mark Zuckerberg selbst, in Bezug auf das Hiring von neuen Kolleginnen und Kollegen:
- Stell Leute ein, die besser sind als Du.
- Stell Leute ein, für die auch Du jederzeit arbeiten würdest.
Außerdem brauche eine Führungskraft unbedingt eine Mission und ein konkretes Ziel, um das Team mitzunehmen und zu begeistern, appellierte Dölz an das überwiegend weibliche Publikum.
„Wir brauchen auch eine neue Diversity in der Führung“
Ebenso wie Facebook legt auch die Schweizer Haufe-umantis AG auf Diversität als Erfolgsfaktor. Haufe-umantis, waren das nicht…. ja genau, die mit den demokratischen Führungsstrukturen.
Wobei selbst Marc Stoffel sympathischerweise zugab, dass er das Thema „demokratisch gewählter CEO“ kaum noch hören kann. Genau deshalb hat er das Feld für die Veranstaltung etwas breiter abgesteckt. „Wir brauchen auch eine neue Diversity in der Führung“, ist Marc Stoffel überzeugt. „Alte Management Tools reichen nicht mehr aus.“ In Organisationen müsse das gesamte „Betriebssystem“ ein Upgrade bekommen, etwa durch neue Vergütungsmodelle für Teams und die Abschaffung von individuellen Boni. Auch reiche es bei Innovationen nicht mehr, Speedboote an unbewegliche Tanker anzudocken, um neue Impulse zu schaffen.
Die Innovationskraft müsse künftig aus der Organisation selbst kommen. „Durch ein Upgrade des gesamten Systems wird jede Menge Energie frei“, versprach Marc Stoffel mit Blick auf die Erfahrungen des Software-Anbieters.
Von „Pfeifen, Psychopathen und Performern“
Einen nahezu perfekten Auftritt legte dann die Profilerin Suzanne Grieger Langer hin. Rhetorisch mitreißend zeigte sie, wie man als Führungskraft am besten mit „Pfeifen, Psychopathen und Performern“ umgeht.
Sie kennt drei typische Fehler, mit denen weibliche Talente sich selbst in ihrer Karriere im Weg stehen:
- Frauen arbeiten zuviel für die Ziele der anderen.
- Frauen fragen nicht nach dem, was sie haben wollen.
- Frauen jagen nicht im Rudel.
Zum Abschluss: Tipps der Gründerin
Wertvolle Tipps hatte schließlich Gastgeberin Regina Mehler von der Women Speaker Foundation mitgebracht. Beim Vorabend-Dinner konnten wir die übrigens schon ausprobieren, und ich muss sagen: lohnt sich…
- Sage ja, sobald jemand einen Vortrag oder eine andere Präsentationsmöglichkeit anbietet.
- Formuliere deinen USP, deine Marken-Expertise im ganz persönlichen „Elevator Pitch“ aus.
- Entwickele deine individuelle Vision: Als wer möchten Sie in zwei Jahren wahrgenommen werden?
- Frage dich: Arbeite ich im richtigen Unternehmen?
Abschließend kann man sagen, dass Regina Mehler und ihr Team mit der Women Speaker Foundation immer wieder neue Impulse gibt. Ihre Energie springt auf das Publikum über. Das galt auch für die Referenten an diesem Tag. In puncto Digital Leadership habe ich viel gelernt, obwohl ich mich dem Thema seit längerem beschäftige.
Für mich stellt sich die Frage, wie die Organisationen konkret den Dreh hin zu neuen Führungsstrukturen schaffen – und zwar nachhaltig und gemeinsam mit den Mitarbeitern. Mutige Pioniere, Querdenker und Neumacher – weiblich wie männlich – werden jetzt gebraucht! Ebenso wie neue Formen der Zusammenarbeit, die auf verstaubte aber bislang funktionierende Prozesse in den Unternehmen prallen. Der digitale Wandel ist längst mehr als eine Worthülse, jetzt wird es Zeit, ihn mit Leben zu füllen. „Machen statt schnacken“, genau darum wird es in den kommenden Jahren gehen.
Fotos: (C) Martin Kroll Photography und Christopher Link, Visual Design