Schon im Zug von Hamburg nach Berlin war’s heiß und voll, jeder Platz besetzt. Dann in Berlin angekommen überraschend 10 Grad wärmer als in der Hanse. Die Hamburger erkannte man an den Jacken, alle anderen trugen T-Shirts.
Heiß ging’s weiter… Nach der ellenlangen Registrierungsschlange in die…
Heiße Luft 1:
Auf Stage 2 mühten sich Thomas Knüwer und seine Gäste, unter denen leider keine Frau war, zum Thema „Internet Business – Made in Germany“. Die Grundidee der Session: Wer eine deutsche Waschmaschine kauft, weiß, dass er Qualität für die nächsten 25 Jahre für sein gutes Geld bekommt. Wie kann es das Internetbusiness schaffen, die Qualitätskriterien deutscher Wertarbeit auch im Digitalen als Wert und Gütesiegel zu etablieren?
Klasse Thema. Leider blieb die Antwort offen. Die Herren bemühten die alten Standards: Berlin ist immer noch sexy, im War of Talents suchen wir für unsere Berliner Start-ups und werden international fündig. Der junge Digitale zieht gern in die Hauptstadt, obwohl die Büroräume und Lebenshaltungskosten steigen. Gähn. Dann noch die Forderung an die Gesellschaft: „Die Gesellschaft muss einfach mehr wie Entrepreneurs denken.“ Leistungsschutzrecht, Crowdfounding, bla. Die anderen sollen’s richten?
Andreas Thümmler fasste die Problematik dann so zusammen: „Die Start-up Branche ist genau das Gegenteil von standardisierten Produkten“, sie erfinde sich alle zwei Jahre neu und sei daher schwierig mit dem ersten Wirtschaftssektor zu vergleichen. Das alte Problem: Wie machen wir qualitative Inhalte messbar? Leider gab diese Session dazu keine Antwort…
So fand @kathaka die Session: „Ich komme aus Wien und fand die Session sehr inspirierend. Viele Aspekte des War of Talent sind für uns übertragbar. Und die Empfehlung „Ufostart“ werd’ ich mir auf jeden Fall anschauen!“
Weiter ging’s für mich auf Stage 7, einem echt heißen Pflaster:
Die Jungs von der Band Supershirt und dem Label Audiolith zeigen den „gläsernen Künstler“ Henry Witt, der für uns aufdeckte, wie es sich von Musik leben lässt. Die Band spielt 74 Konzerte im Jahr und die GEMA und Merchandising-Erlöse nehmen einen großen Teil der Einnahmenposten ein. Der gläserne Künstler legte seine Einnahmen komplett offen: von der Baumarktrechnung bis zur Geburtstagsgeldüberweisung von Muddi. Und: Er bat darum, dass die Daten nicht aufgenommen, getwittert oder fotografiert werden. Ein Künstler mit Vertrauen! Schließlich laufen wohl nirgends so viele Menschen mit aufnahmefähigen digitalen Endgeräten herum, wie hier. Ein sehr erfrischender, ultratransparenter Vortrag, bei dem vom Fortpflanzungsorgan des Künstlers (verpixelt) bis zum Plattenvertrag des Labels nichts verhüllt blieb. Ich bin mal gespannt, ob sich die Gäste an Henris Bitte nach Datenschutz halten.
Dann das mit Hochspannung von uns Digi Women erwartete Highlight:
Inken und Caro zeigten das „Baby“ DMWHH und ließen zahlreiche der mehr als 300 Mitglieder in Videointerviews zu Wort kommen. Leider war Stage 7 nur durch Stellwände von Stage 6 getrennt, was dem Ton der Videos zu schaffen machte. Trotzdem war das Ergebnis der Session überwältigend. Caro und Inken waren angetreten, um die Gründung der Berliner Gruppe anzukündigen. Nach der Session meldeten sich Interessentinnen aus München, Zürich, Frankfurt und Darmstadt.
Aus der DMW-Session schnell zu Kixka, die auf Stage 3 zu „About me – die digitale Fassade“ sprach. Kix war sympathisch aufgeregt (trotz Baldrianisierungsratschlägen via Twitter) und zeigte mal wieder, was die Profilagentin umtreibt. Von Google „der beliebtesten Visitenkarte im Web“ über strategische Chancen, die eine digitale Identität zu gestalten bis hin zum Pilates-Vergleich (erst wenn du richtig fit bist, kannst du in die schwierigen Stellen atmen = frei übersetzt) und einen kleinen Exkurs zu Foucault, der sich auf ein Gefängnisexperiment bezog, als er feststellte: „Fremdkontrolle wird zur Selbstkontrolle“ arbeitete Kixka in einem echten Expertenvortrag heraus, welche Chancen das Web zur Persönlichkeitsentwicklung bietet. „Ist es eher ein eigener Kiez oder eine Bühne?“, wurde aus dem Publikum gefragt. Kixka meint: Wer geschäftlich viel im Internet macht, der nutzt es eher wie eine Bühne. Dieser Vortrag war mein Highlight am Tag 1 der Republica, ein echt heißes Pflaster.
Weiter ging’s mit dem Vortrag „Selfpublishing“ in dem E-Book-Autoren rund um Ulrike Langer berichteten, wie sie ihre Manuskripte zu digitalen Büchern machten. Interessant, aber eindeutig eine Session, aus der nur Digitalisten zu Wort kamen, unsere Hamburger Bücherfrauen hätten wahrscheinlich eingewandt, dass ein selbst verlegtes Buch den Einstieg in eine professionelle Autorenkarriere auch behindern kann: Wenn etwa kein professionelles Lektorat erfolgt oder das Marketing als Ein-Frau-Nummer unwuppbar wird und das Buch den Verlagen als „selbst verlegter Fall“ auffällt. Aber da kommt es eben auch auf die Perspektive und Heimat an. Es gab auch schon Selbstpublizierer, die zu Verlagsautoren wurden – in Deutschland wohl aber immer noch die Minderheit. Klar wurde, dass Buchprojekte eine Menge Spaß machen und viel Leidenschaft brauchen.
Auf Stage 2 stellten die Verleger von Vocer „Innovationslabore des Journalismus – der Funke springt über“ vor. Leider über weite Strecken eine echte Dozenten-Veranstaltung, monologisiert mit dem Ergebnis: „Dass das Internet unser Freund ist, ist jetzt auch bei den Verlegern angekommen“. Durch Studienergebnisse belegt. Herzlichen Glückwunsch. Es entspann sich eine recht kontroverse Diskussion um die Frage, wo denn nun die Innovation in diesem Vortrag zu finden sei. In einem drückend heißen Raum, seit Stunden ohne funktionierendes W-Lan wurden die anwesenden Publizisten maulig.
Der Abend schließt mit einem „Überraschungsvortrag“ von Sascha Lobo ab 19:45 Uhr.