Frauenquote? Europäerquote? Christenquote? Nö.

Und es gibt sie doch auf der Next: Frauen. Sie jubeln am twitternden Kicker, tippen eifrig in der Presselounge und ja – sie stehen auch auf den Bühnen. Beraterin Antje Gardyan zum Beispiel, die am ersten Tag mit viel Elan durch den „Mobile“-Track führte, die inspirierende Twestival-Gründerin Amanda Rose oder Alyssa Jade McDonald von Blyss Chocolate. Gefühlt trifft man hier in diesem Jahr mehr Frauen als noch 2010, auch auf den Podien – und sei es nur als Moderatorinnen.

„Was heißt ’nur‘?“, fragt Martin Recke, Next-Organisator, als wir ihm von dieser im Grunde positiv gemeinten Vermutung berichten. „Moderatorin ist doch eine superzentrale Rolle.“ Und Recht hat er. Eine bewusste Entscheidung, möglicherweise sogar ein besonders Augenmerk bei der Planung steckt allerdings nicht dahinter. Wenn der Frauenanteil auf den Podien tatsächlich höher sei als im Vorjahr, so Recke, dann könne das nur ein Zufall sein. Oder aber, das glauben wir, Ausdruck der heutigen Zeit und ein Hoffnungsschimmer.

Können viel, aber eben doch nicht alles bedenken: die Organisatoren der Next (Foto: Luca Sartoni, CC BY-SA 2.0)
Können viel bedenken, aber nicht das Speakerinnen-Problem lösen: die Organisatoren der Next (Foto: Luca Sartoni, CC BY-SA 2.0)

Es ist nicht so, dass das Team sich der Kritik an der Männerdominanz auf Branchenkonferenzen im Allgemeinen, nicht bewusst wäre – und die Kritik lässt sich dann auch auf die Next anwenden. Etwa das schon in einem früheren Blogpost erwähnte „Social Media Women“-Panel des vergangenen Jahres, das zu einer Feminismusdiskussion führte. Diese ist rund um diese Art von Konferenz zwar sehr wichtig, vor Ort in den Tracks eher fehl am Platz. Ein Grund mehr etwas an der Situation zu ändern, sollte man meinen.

Das gehört allerdings nicht zu den bewussten Überlegungen der Organisatoren von SinnerSchrader. Im Vorfeld der Next seien so viele Dinge zu bedenken, erklärt uns Martin Recke. „Wir verfolgen bei all unseren Planungen nur ein Ziel: eine qualitativ hochwertige Konferenz zu machen. Die Geschlechterfrage dabei ist zweitrangig.“ Wenn man diese Frage stelle, dann müsse man sich auch in anderen Aspekten um Gleichberechtigung bemühen: Wie viele Europäer sind auf der Konferenz, wie viele BesucherInnen aus Übersee, Nationalitäten, kulturelle Zugehörigkeiten und so weiter. Davon will Recke nichts wissen. Die Priorität müsse sein, die richtigen Sprecher für die richtigen Themen zu besetzen und dabei möglichst nicht nur die „ewig gleichen Leute“ einzuladen, sondern gerne auch neue Gesichter und alles in allem für ein möglichst breites Spektrum zu sorgen.

Wenn Frauen auf den Podien stehen, dann deshalb, weil sie gute – oder: die besseren – Speaker sind, meint auch Martin Recke. So wie bei der Mitarbeitersuche im Hause SinnerSchrader Kompetenz vor irgendwelchen Quoten eine Rolle spiele, sei es auch bei der Next. Ob die Kriterien von SinnerSchrader tatsächlich so sind, wie Recke behauptet, können wir nicht beurteilen. Aber ganz klar entspricht das auch der Denke vieler Digital Media Women und meinem persönlichen Ansatz: Frauen sollen nicht nur deshalb nach vorne kommen, weil sie Frauen sind – ob in der Unternehmenshierarchie oder auf Konferenzen wie dieser. Es ist allerdings auch nicht verwerflich, als Frau ein Vakuum auszunutzen und die Rolle der Quotenfrau einzunehmen, solange die Position dann auch fachmännisch (oder fachfrauisch?) ausgefüllt wird.

Alyssa Jade McDonald von Blyss auf der Next (Foto: Carolin Neumann)
Alyssa Jade McDonald von Blyss auf der Next (Foto: Carolin Neumann)

Ein #dmwHH-Stimmungsbild von der Next zeigt: Viele in der Branche sind überzeugt, dass es wesentlich mehr qualifizierte weibliche Fachkräfte und Expertinnen gibt als man manches Mal glaubt. „Ich glaube schon, dass es viele gute Frauen da draußen gibt in der Welt“, sagt auch Martin Recke. Warum diese noch immer so wenig in Erscheinung treten? „Dafür habe ich keine Erklärung.“ Er gibt zu: „Das ist keine Frage, die mich sehr stark beschäftigt.“ Frauen im Web-Bereich seien ein Thema, „bei dem man nicht viel richtig machen kann“. Es sei egal, was man macht, „es ist immer falsch“.

Was so natürlich nicht ganz stimmt – stetig über die künftige Gestaltung nachdenken und einen wichtigen Aspekt wie die Gleichberechtigung nicht ignorieren, wäre ein Anfang. Zumal man eines hier auch immer wieder hört: Mit starken Frauen ist das Programm viel schöner!

Immerhin: Er persönlich sei „offen dafür“, mehr Frauen auf die Next 2012 zu bringen, sagt Martin Recke. Aber erst wolle er mal die diesjährige Konferenz erfolgreich über die Bühne bringen. Und in ein paar Monaten schauen wir dann noch mal.

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