Der letzte Tag meiner ersten re:publica also. Aber dass sich die digitale Konferenz ihrem Ende neigte, bedeutete natürlich keinesfalls, dass da nicht noch einige Highlights warteten.
1) Gamification und Gesetze
Der Tag begann – mal wieder – mit einer nicht ganz leichten Entscheidung zwischen zwei Sessions. Urheberrecht oder Gamification? Nachdem der Vortrag von Sebastian Deterding zu Zweiterem beim letzten dmwhh-Event so interessant und inspirierend war, entschied ich mich für Stage 5 und den Vortrag von Marcel-André Casasole Merkle „Mächtiger als Merkel: Wie Brettspielentwickler Gesetze machen (würden).“
2) Thank you for decoding
Die nächste Session ergab sich für mich als häufig Reisende quasi von selbst. Ich transportierte mich erneut zu Stage 5, wo es bei Stefan Plöchinger, Lorenz Matzat und Pieter Colpaert um den Zugmonitor von Süddeutsche Zeitung ging, eine Live-Karte der Verspätungen im Fernverkehr. Millionen Zugreisende pro Monat, zahlreiche Beschwerden über Verspätungen und strukturelle Probleme – die Probleme und ihre Relevanz sind allgemein bekannt. Mittels real-time data scraping von der DB-Homepage wurde gezeigt, auf welchen Routen die größten Verspätungen liegen und dass die angezeigten unter den realen liegen. Keine große Überraschung, aber ein Nachweis – auch dafür, welche neuen Formen journalistischer Arbeit aufkommen und welches Storypotential dahinter steckt. Die Bahn wurde nicht um Erlaubnis gebeten, nutzt die Daten selbst auch nicht – vor der Veröffentlichung wurde jedoch ihr Feedback eingeholt. Probleme gab es nach Angaben der Vortragenden dabei nicht.
3) Der RegSprecher spricht.
Anerkennung verdient sowohl in dieser Session wie auch allgemein aber vor allem auch Jule @einAugenschmaus, die sich konstant und unermüdlich für Barrierefreiheit einsetzt und auch via Twitter und in der Interaktion mit dem Regierungssprecher stets dabei bleibt und sich engagiert, damit sich wichtige Dinge endlich ändern.
4) Standardsituationen der Technologiebegeisterung
Eine der Sessions, die ich mit großer Begeisterung erwartet hatte, war die von Kathrin Passig, die zahlreiche Prognosen zu technologischem Erfolg aus allen Epochen vorstellte. Diese gingen in unterschiedlichste Richtungen und Extreme, wurden aber durch eins vereint: alle falsch. Unterhaltsam falsch, aber falsch. Warum? Weil Prognosen allgemein wenig präzise und zuverlässig sind. Woher die Irrtümer? Weil Neues dem Alten ähnlich sieht und Nutzungsvorstellungen vom Vorgänger abgeleitet werden. Es dauert, bis die Innovation ankommt und richtig erkannt wird. Dafür müssen sich Menschen umstellen. Auch Wunschdenken und Eigennutz sowie fehlende Geschichtskenntnisse führen zu falschen Vorhersagen. Und nun? Akzeptieren, dass es Prognosen an Treffsicherheit mangelt. Standardbehauptungen vermeiden. Um das Nichtwissen wissen. Akzeptieren, dass wir über Neues nicht viel wissen. Und: Den Wikipediaeintrag zu incorrect predictions lesen. Gegebenenfalls ergänzen. Und uns dran erinnern.
Fazit: Technik ist toll, aber eben nur Technik. Sie macht nicht allein alles besser und führt ohne Zutun zu Verständigung, Brüderlichkeit und Weltfrieden. Sie kann beitragen, aber eigener Einsatz ist unverzichtbar.
5) Zu schnell vorbei.