Offener Brief an die Social Media Economy Days

In knapp zwei Wochen finden in Hamburg die Social Media Economy Days 2012 statt. Die Konferenz wird von dem reichweitenstarken Print- und Online-Medium „Werben und Verkaufen“ (WuV) veranstaltet und ist in der Branche hinreichend bekannt.
Unter den 30 Referenten der diesjährigen Konferenz befindet sich leider keine einzige weibliche Vortragsrednerin.

Aus diesem Grund sehe ich mich, als Digital Media Woman, gezwungen, einen offenen Brief an die SMED zu formulieren, um auf diesen Missstand hinzuweisen.


Sehr geehrte Veranstalter der Social Media Economy Days 2012,

in den vergangenen Wochen wurden ich und andere Digital Media Women wiederholt von unseren Mitgliedern darauf hingewiesen, dass auf der Referentenliste Ihrer diesjährigen Konferenz keine einzige Frau zu finden ist.

Wieso ist das so? Auch bei vergleichbaren Konferenzen wie der dmexco oder der Social Media Conference sind Speakerinnen leider immer noch in der Minderheit. Dass sich aber unter 30 Referenten keine einizige Vortragsrednerin befindet, finde ich doch sehr befremdlich.

Konferenzen, die in erster Linie auf männliche Speaker setzen, argumentieren in der Regel, man habe Speaker aus den Vorstandsetagen gewinnen wollen und diese Posten seien nun mal in den seltensten Fällen mit Frauen besetzt.

Diese Argumentation halte ich für äußerst fragwürdig, da sie an den bestehenden Missständen festhält und den Teufelskreis manifestiert: Frauen, die keine höheren Führungspositionen bekleiden, werden nicht zu Konferenzen oder Panels eingeladen. Da sie wiederum nicht ausreichend in der Öffentlichkeit präsent und aktiv sind, erhalten sie keine höheren Führungsposition, usw. usf..

Zudem stelle ich fest, dass es sich bei den Rednern Ihrer diesjährigen Konferenz keinesfalls um Vorstandsvorsitzende größerer Konzerne oder Geschäftsführer großer Dienstleistungsagenturen handelt.
Vielmehr finden wir auf Ihrer Referentenliste Geschäftsführer kleiner Beratungsunternehmen, Konzern-Mitarbeiter in mittleren Positionen sowie freie Berater.

Das fragwürdige Argument, man wolle das Niveau des Verantwortungsbereiches hochhalten, wie es mir neulich auch von Dr. Carsten Brosda im Bezug auf den Hamburger Think Tank Nextmedia Gremien, die nach dem formalen Rang der Teilnehmer zusammengestellt werden, der ebenfalls ohne weibliche Sichtweisen und Kompetenzen auskommen wollte, vorgetragen wurde, greift hier also nicht.
(Anm.: Carsten Brosda hatte mir in einem persönlichen und offenem Gespräch erklärt, das dies seine allgemeine Wahrnehmung im Bezug auf so manche Gremien ist, aber keine Praxis des Hamburger Think Tanks Nextmedia.)

Die ebenso häufig vorgetragene Rechtfertigung „Wir finden keine Frauen“ lässt in Ihrem Fall auf eine ungenügende Vorbereitungs- und Planungsarbeit schließen. Es gibt mittlerweile viele kompetente und erfahrene Frauen, die im Digital Business mittlere Führungspositionen bekleiden oder kleinere erfolgreiche Unternehmen gegründet haben und die Ihren Speakern der diesjährigen Konferenz in nichts nachstehen.

Die Digital Media Women, die Women Speaker Foundation oder das Magazin „Saal Zwei“ – um nur einige Organisationen zu nennen, die sich in Sachen weiblicher Kompetenz sehr gut auskennen – helfen Ihnen in Zukunft bestimmt gern bei der Bereitstellung oder Vermittlung interessanter und kompetenter weiblicher Speakerinnen.

Mir geht es nicht um prozentuale Relationen oder um Quotenregelungen. Aber: Ist es denn nicht in unser aller Interesse, Frauen an der gesellschaftlichen Mitbestimmung zu fördern oder zumindest nicht zu behindern? Leben und gestalten wir denn nicht gemeinsam unser Umfeld, ob privat oder gesellschaftlich? „Die Zukunft ist weiblich“ rufen Zukunftsforscher wie Matthias Horx schon lange aus – jeder, der die darin enthaltenen Aussagen ignoriert, lebt in der Vergangenheit und sollte sich überlegen, ob er in ein derart zukunftsorientiertes Business-Umfeld wie das der digitalen Kommunikationstechnologie noch hinein passt.

Ich freue mich auf Ihr öffentliches Feedback,

Agnieszka Krzeminska

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