Man nennt sie die Generation Y, die Digital Natives oder Millennials: Menschen zwischen 18 und 30 Jahren, sehr technologieaffin und gut ausgebildet. Das Telekommunikationsunternehmen Telefónica hat sich in Zusammenarbeit mit der „Financial Times“ über diese jungen Erwachsenen erkundigt und insgesamt 12.000 von ihnen weltweit zu ihren Einstellungen, Wünschen und Sorgen befragt. Die ausführlichen Ergebnisse gibt es hier.
Hinsichtlich des Gender Gap stellt die Studie fest, dass Unterschiede zwischen Männern und Frauen auch in dieser Generation noch deutlich vorhanden sind. So gehören in Deutschland nur sechs Prozent der Frauen zur Gruppe der sogenannten „Millennial Elite“. Das sind diejenigen, die sich für Technologie begeistern, Unternehmergeist haben und glauben, etwas bewegen zu können. Von den Männern gehören 17 Prozent dazu. Erschreckend, wenn man bedenkt, dass diese Gruppe die Führungskräfte und Entscheider der Zukunft stellt.
Wir haben kürzlich bei der ZEIT Konferenz „Die digitale Generation“ in Berlin mit Telefónica-Deutschland-Chef René Schuster über die Studie gesprochen, die Förderung von Frauen und die Arbeitsbedingungen in seinem Unternehmen.
Interview mit René Schuster
Digital Media Women*: Wie wurde diese „digitale Elite“ innerhalb der Studie gemessen?
René Schuster: Vieles von dem, was gemessen wurde, hat mit Affinität zu Technologie zu tun, mit Verständnis und mit Fähigkeiten im Umgang mit Technologie. Die Ergebnisse in Bezug auf den Gender Gap sind sehr ernüchternd, aber die Zahlen sind so stark, dass wir immerhin nun darüber sprechen und dadurch können wir ja auch etwas verbessern.
Wie erklären Sie sich die Zahlen?
Zum einen bauen Mädchen nach wie vor nicht ihre Ausbildung auf Zweigen wie Mathematik und Informatik auf. Das müssen wir dringend ändern! Wir müssen unbedingt zeigen, welche Chancen mit solchen Fähigkeiten im Beruf als junge Frauen auf sie warten. Wie die Fragen beantwortet wurden, spielt aber zweitens auch eine Rolle, da gibt es einfach Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Zum Beispiel?
Ganz grundsätzlich: Wenn Sie einen Mann fragen, ob er sich eine Sache zutraut, wird er meistens sagen: „Klar!“, während viele Frauen eher vorsichtiger wären und sagen würden: „Ich glaube ja.“ Wir müssen Frauen an dieser Stelle unterstützen, das Selbstvertrauen zu haben, Dinge auszuprobieren. Mit Ausprobieren kann man solchen Erfolg haben! Und man muss Risiken eingehen.
Haben Sie dafür mal ein Beispiel aus Ihrem eigenen Unternehmen?
Viele Frauen tendieren dazu, sich eher für Positionen zu bewerben, in denen sie schon Erfahrung haben anstatt auf ihre Fähigkeiten zu vertrauen und es einfach zu probieren. Unternehmen brauchen eine Arbeitsumgebung, wo das der Standard ist, und es geht viel darum, Männer dazu zu bringen, eine eben solche Unternehmenskultur zu schaffen. Die ist bei uns enorm wichtig.
Es geht also nicht nur darum, Frauen zu fördern, sondern gezielt Männer zu suchen, die Frauen fördern.
Absolut. Es ist ja nun schon lange bekannt, dass Unternehmen, die Männer und Frauen in den Führungspositionen haben, erfolgreicher sind. Männlich dominierte Aufsichtsräte sind dann mitunter Machorunden, die einander immer nur zustimmen. Das ist die Art Management, die ich nicht mag. Diversity ist wichtig, schließlich stammen unsere Kunden auch aus unterschiedlichen Geschlechtern, Altersgruppen, Nationalitäten, Kulturen. Wenn ein Unternehmen das nicht im Kopf hat, verpasst es Chancen.
Die Millenials-Studie hat für DigiWomen aber auch noch gute Nachrichten parat.
Ja! Dass Technologie Hürden abbaut, für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgt und Chancen für alle bietet, die Karriere machen wollen. Frauen, die das verstehen, nutzen diese Chancen.
Auf dem Podium der dem Interview vorangegangenen Veranstaltung hatte Schuster nicht nur zur Studie Stellung genommen, sondern auch einen Einblick in das Unternehmen Telefónica Deutschland gegeben. Bei uns stieß er spätestens dann auf offene Ohren, als es darum ging, wie er die digitalen Tools nutzt, um mit Mitarbeitern in anderen Städten zu kommunizieren, die teilweise vom Home Office aus arbeiten. Das sei ja ein potentieller Traumchef, hörten wir mehr als ein Mal und haben es – mal ganz unabhängig von der Sparte und dem Unternehmen an sich – auch selbst gesagt.
Schuster erzählte, dass er in den USA aufgewachsen ist und was er von hier mitgenommen hat, das seine Arbeit in Deutschland prägt. Neben der in letzter Zeit viel diskutierten „Kultur des Scheiterns“ (Zitat: „Failure is worn as a badge of honor in America and unfortunately, in Germany, it is worn as a badge of shame.“) hätten die USA ihm auch in Sachen Diversität andere Werte gelehrt. Diese beeinflussen nun seine Arbeit in Deutschland.
Schuster: Ich habe in meiner Karriere schon mit vielen Leuten und mit vielen Teams zusammengearbeitet. Aber die besten davon, die dafür sorgten, dass ich am liebsten zur Arbeit komme, waren vielfältige Teams. Sie brachten am meisten Enthusiasmus mit.
Und wie macht sich Deutschland so?
Deutschland hat viel Talent, aber braucht noch mehr Unternehmer und mehr Unternehmerinnen. Mit Technologie, Unternehmertum und mehr Frauen in Verantwortung werden wir Europa aus der Finanzkrise befreien. Ich bleibe da Optimist! Ich bin überzeugt, dass Organisationen wie die Digital Media Women entscheidend sind für diese Entwicklung. Wir müssen viel darüber reden und dann in unseren Positionen den Worten Taten folgen lassen.
Ein abschließender Tipp für Unternehmerinnen?
(Weil es nicht übersetzt so viel besser klingt:) Give it a try!
* Text und Interview: Maren Heltsche und Carolin Neumann