Irgendwann, es muss vor gefühlten 30 Jahren gewesen sein, spielte ich ein Computerspiel. Es hieß „Mission Impossible“ (nicht zu verwechseln mit den Filmen). Dabei rannte ein Strichmännchen durch ein Labyrinth und versuchte Mauern hochzuhüpfen und irgendwelche anderen Männchen zu besiegen. Das Männchen hatte eigentlich kein Geschlecht, aber irgendwie war klar, dass der Agent mit seiner Mission ein Mann sein musste. Als der Rechner seinen Geist aufgab, gab ich auch das Spielen dran. Lara Croft, „Call of Duty“, „Die Sims“ oder „Farmville“ habe ich also nie kennengelernt.
Dennoch machte mich der Titel der Session auf der re:publica 2013 „Und warum sind da jetzt Brüste? Warum auch die Gamerszene mehr als einen Aufschrei verdient hat“ von Kirsten Groß (@hormonlotto) spontan neugierig. Kirsten ist bereits seit ihrer Kindheit begeisterte Spielerin. Gespielt hat sie so ziemlich alles, was es gibt: Ego-Shooter wie „Doom“, „Call of Duty“, „Counter Strike“, aber auch „Tomb Raider“, „Black Ops“, „Die Sims“, „Super Mario“, allein und online.
Kirsten hatte bis dahin meist gute Erfahrungen mit ihren Mitspielern gemacht bzw. sich immer gut zu wehren gewusst (s. Foto). Auf Sexismus in der Gamer-Szene aufmerksam wurde sie durch die Lara-Croft-Debatte. Hintergrund war, dass die Lara-Croft-Entwickler ganz stolz mit der neuen Version antraten und betonten, ihre Heldin habe nun mehr Tiefe bekommen und ihr Charakter hätte eine ganz andere Stärke entwickelt. Verdeutlicht wird dies durch eine Fast-Vergewaltigung, bei der sich Lara erfolgreich wehrt, die sie traumatisiert – und schließlich gereift – zurücklässt. Und schließlich zur Heldin werden lässt.
Feministinnen kritisierten, dass in Computerspielen Heldinnen nicht einfach für sich stehen könnten, so wie ihre männlichen Counterparts, sondern dass erst ein traumatisches Erlebnis den Charakter bilden würde. Als die Feministin Anita Sarkeesian bei einer Kickstarter-Kampagne um Unterstützung für eine Video-Reihe warb, die die Rollenklischees männlicher und weiblicher Spielhelden untersuchen sollte, gab es heftige, übergriffige Reaktionen im Internet ihr gegenüber (wir berichteten). Sie machte all dies öffentlich, zum Beispiel in ihrem TEDx-Women-Talk.
Je näher sich Kirsten mit dem Thema Sexismus in der Gamer-Szene befasste, desto klarer wurde, dass hier Frauen eher als Sexobjekte oder als niedliche Püppchen präsentiert werden oder sich auch selbst so präsentieren. Die Gaming-Szene bräuchte also selbst einen #aufschrei, fand Kirsten Groß und vertrat dies auch in ihrer Session auf der re:publica 2013, die übrigens auch von vielen Männern besucht war. Die Diskussion, die sich im Anschluss an die Session entspann, wurde sehr sachlich und entspannt geführt.
Vielleicht sollte ich mich doch mal an eine Konsole wagen, fremde Welten haben mich ja schon immer fasziniert.
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