"Lizenzfrei gibt's nicht"

Rechtsanwältin und Social Media Rechtsexpertin Nina Diercks räumte am Dienstag beim #dmwHH-Themenabend “Das Lied vom richtigen Umgang mit dem geistigen Eigentum” im MakerHub mit einigen Mythen rund ums Urheberrecht auf. Die Besucher des von der Hamburg Kreativgesellschaft mitveranstalteten Abends bekamen einen Kompaktkurs in den Grundlagen des geistigen Eigentums.

Vor einem hochinvolvierten Publikum – wie die vielen Zwischenfragen zeigten – führte Nina Diercks einmal quer durch das Urheberrecht und Rechtsbegriffe wie Lizenzen, Creative-Commons-Lizenzen, Zitatrecht und Panoramafreiheit. Hier ein Schnelldurchlauf durch die brennendsten Fragen des Abends.

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Nina Diercks vermittelte uns die Grundlagen des Urheberrechts. (Foto: Rieka Anscheit)

Was soll eigentlich dieses Urheberrecht?

Das Urheberrecht hat seinen Ursprung in der Zeit, als durch neue Technologien wie den Kupferstich erstmals Kopien von Zeichnungen und Text möglich wurden – und die Schöpfer dieser Werke weiter daran verdienen wollten. Das war die Geburtsstunde des geistigen Eigentums. Und weil der Urheber darüber verfügen kann, wie er möchte, ist das Urheberrecht ein sogenanntes Bestimmerrecht, das heißt, der Urheber wählt, ob er die Nutzungsrechte an seinen Werken – Text, Bild, Lichtbildwerk und Ton – verschenken, unentgeltlich aber mit bestimmten Bedingungen einräumen oder verkaufen will.

Ist mein verwackelter Partyschnappschuss auch geschützt?

Ja. Bei Fotos und Filmen gibt es die sogenannte Schöpfungshöhe nicht – alle Lichtbilder und Laufbilder (aka verwackelte Handycamvideos) sind geschützt.

Und wie war das jetzt mit den lizenzfreien Bildern?

Wenn man es genau nimmt – und dafür werden Rechtsanwälte schließlich bezahlt – gibt es keine lizenzfreien Bilder und Songs. Es gibt nur lizenzkostenfreie Werke. Den Nutzern werden auch bei kostenlos verfügbaren Werken bestimmte Lizenzen eingeräumt. Eine Lizenz ist erstmal nichts anderes als die Einräumung von Nutzungsrechten.

Je mehr Nutzungsrechte der Urheber jemanden einräumt, desto teurer wird es. Ein Bild, das nur in der Printausgabe erscheinen darf, ist beispielsweise günstiger als eines, das auch online verwendet werden darf.

Was ist eigentlich so besonders an CC-Lizenzen?

Eigentlich nichts. Es ist einfach nur ein Set von allgemeingültigen Nutzungslizenzen. Quasi mehrere klar definierte, vorgefertigte Lizenzpakete, die man als Urheber nutzen kann, wenn man möchte. Das ist vor allem eine Orientierungshilfe in der Entscheidung, welche Rechte man einräumen möchte.

Was passiert, wenn ich es verbaselt habe, klare Lizenzregelungen zu vereinbaren?

Dann gilt das, was für den Urheber am günstigsten ist. Es ist also in jedem Fall besser, sich die Mühe zu machen, konkrete Lizenzverträge zu vereinbaren – das erspart einem später Streitigkeiten vor Gericht.

Ich hab mich als Urheber über den Tisch ziehen lassen, was nun?

Auch in diesem Fall schützt das Recht den Urheber: Es gibt den §32 für angemessene Vergütung. Für den Fall, dass die Unerfahrenheit eines Vertragspartners ausgenutzt wird und beispielsweise ein lächerlicher Betrag für den Einsatz eines Fotos in einer nationalen Kampagne vereinbart wird, kann der Urheber nachträglich mehr Geld fordern.

Trotz komplexem Thema herrscht eine gute Stimmung. (Foto: Rieka Anscheit)
Trotz komplexem Thema herrscht eine gute Stimmung. (Foto: Rieka Anscheit)

Gibt es so etwas wie Bildzitate?

Ja. Aber: Ein Zitat muss immer einen eigenen Gedankengang stützen (Belegfunktion). Das wäre zum Beispiel die künstlerische Besprechung eines Bildes. Aber wie Nina Diercks meinte: Merkt euch einfach – Bildzitate sind so gut wie nie erlaubt. Was aber geht, ist die sogenannte freie Benutzung – wenn ich zum Beispiel ein Foto als Grundlage für eine Karikatur verwende (vorausgesetzt, es werden keine Persönlichkeitsrechte verletzt).

Und ist in den USA alles besser?

Nein, sagt Nina. Die hochgelobte Fair-Use-Klausel aus den Staaten sei bei näherer Betrachtung ganz nah am deutschen Zitatrecht.

Kann der Architekt des Eiffelturms mir verbieten, ihn zu fotografieren?

Zum Glück nicht. Es gilt die sogenannte „Panoramafreiheit“ für bleibende Werke. Um das besser zu verstehen: Wenn etwas im öffentlichen Blickfeld herumsteht, das vermutlich in zwei Jahren immer noch da steht, darf man es auch fotografieren. Aber Achtung: Vorübergehende Installationen sind wiederum geschützt. Beispiel gefällig? Der Reichstag darf abgelichtet werden – der von Cristo verpackte Reichstag nicht. Ach ja, und dein getuntes Custom-Auto darf jeder fotografieren, auch wenn du es vielleicht für ein Kunstwerk hältst – es gibt kein Recht am Bild von Sachen.

Wie ist mit den Facebook-Vorschau-Bildern?

Es gibt eine Urteil bezüglich der Google Thumbnails, das sich darauf bezieht, dass man den Google Robotern das Indizieren bestimmter Bilder auf der Website verbieten kann. Kümmert man sich als Urheber nicht darum, gibt man Google quasi implizit die Erlaubnis. Ähnlich könnte es mit Facebook-Vorschau-Bildern sein: Es gibt Plug-ins, die ermöglichen, immer nur dasselbe Bild als Vorschaubild von einer Website zu ziehen. Kümmere ich mich nicht darum, erlaube ich es quasi.

Inken Meyer, Nina Diercks, Sina Greinert (Foto: Rieka Anscheit)
Inken Meyer von den Digital Media Women, Rechtsanwältin Nina Diercks und Sina Greinert von der Kreativgesellschaft (Foto: Rieka Anscheit)

Ganz schön anstrengend, dieses Urheberrecht, nicht?

Ja. Deshalb erspare ich euch den Part, wo Nina Diercks uns noch etwas zum Umgang mit Abmahnungen erzählt hat. Am besten alle Tipps hier befolgen, Lizenzen von Bildern und anderen Werken aufmerksam lesen und nichts nutzen, wo man sich unsicher ist. Alle Vereinbarungen schriftlich festhalten und sich vor allem bestätigen lassen, dass die Person, mit der man verhandelt, auch wirklich der Urheber ist beziehungsweise befugt ist, die Rechte an Dritte weiterzugeben. Und im Zweifel doch lieber mal beim Anwalt nachfragen – es könnte sonst irgendwann teuer werden.

Bleibt nur noch zu sagen: Vielen Dank an Nina Diercks, die Digital Media Women und die Kreativgesellschaft für diesen lehrreichen Abend, der ein bisschen Licht ins Dunkel der Urheberrechte gebracht hat. Die Bilder in diesem Blogbeitrag stammen übrigens von unserer wunderbaren Fotografin Rieka Anscheit, die uns netterweise die Rechte für die Nutzung ihrer Bilder auf diesem Blog eingeräumt hat (wobei mir gerade auffällt: Haben wir das schriftlich?)

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