Die Vorfreude steigt, denn vom 05.-07.Mai findet wieder die re:publica in Berlin statt. Die Konferenz hat sich vom einstigen Bloggertreffen zu einer festen Institution der europäischen digitalen Gesellschaft entwickelt und wir freuen uns sehr auch 2015 wieder als Medienpartner mit an Bord zu sein. Entweder glühen eure Köpfe bereits heiß, ob der Frage, was ihr dieses Jahr beim Call-for-Papers einreichen sollt – oder ihr braucht doch noch den letzten Schubs, um etwas einzureichen? Wir haben mit der Programmleiterin Sandra über die wichtige Rolle des Call-for-Papers, Frauen und das diesjährige Motto gesprochen.
Digital Media Women: Liebe Sandra, im April 2013 haben wir dich in unserer Reihe Frauen der re:publica vorgestellt und damals war dein Job noch kein Fulltime-Job, im Gegensatz zu jetzt. Nun schürfst du das ganze Jahr nach spannenden Themen und Sprecherinnen für uns Besucher. Wie darf man sich denn diese Suche vorstellen?
Sandra Mamitzsch: Ich beobachte natürlich verschiedenste Medien und durchforste Twitter, aber ich bekomme auch viele Tipps zugeschickt, gehe auf andere Konferenzen und frage Leute, die in ihrem Bereich gut vernetzt sind, wie beispielsweise ehemalige Speaker. Die konkrete Themensuche und -zusammenstellung mache ich dann außerdem nicht allein. Alle im Team beschäftigen sich das ganze Jahr über mit Digitalkultur und bei jedem von uns setzen sich bestimmte Fragestellungen im Gehirn fest. Und wenn wir gemeinsam vor einem riesigen A0-Bogen stehen, brainstormen wir gemeinsam, welche Themen wir gerne vertreten hätten.
Abgesehen von der Speaker- und Themenauswahl sowie Programmorganisation habe ich aber auch noch ganz andere Arbeitsgebiete: ich beantrage Fördergelder für Subkonferenzen, kümmere mich im Nachhinein um die Abrechnung oder kuratiere noch kleinere Veranstaltungen, wie nächste Woche die Konferenz #FASHIONTECH Berlin im Rahmen der Berlin Fashion Week.
Digital Media Women: Ein Teil des Konferenzprogramms wird traditionell über den Call-For-Papers gefüllt. Wie viele Bewerbungen erwartet ihr in 2015 und wie viele Einreichungen haben die Chance es wirklich in das Programm zu schaffen?
Sandra Mamitzsch: Letztes Jahr hatten wir über 700 Einreichungen. Wir erwarten, dass diese Zahl weiter steigt, denn wir versuchen möglichst viele interessante Initiativen zur Einreichung anzuregen – in diesem Jahr einmal mehr mit dem internationalen Fokus. Wir müssen zwar wirklich sehr viele tolle Einreichungen ablehnen, aber die Chancen stehen trotzdem gar nicht so schlecht, da wir über 200 Sessions auf der re:publica haben. Natürlich geht es uns aber um Qualität, nicht Quantität. Wir lesen alle Einträge sehr sorgfältig, halten Rücksprache bei Unklarheiten und geben uns Mühe, Einreichungen mit ähnlichen Themen zusammenzuführen, um Vernetzung unter den Speakern anzuregen.
Digital Media Women: Welchen Stellenwert hat dieser partizipative Part für euch? Schaffen Einreichungen es auch mal auf die große Hauptbühne?
Sandra Mamitzsch: Der Call-for-Papers ist tatsächlich das wichtigste Element in der Programmplanung für uns. Wir stecken sehr viel Arbeit in die Verbreitung des Calls und in die Auswahl der Beiträge und finden immer wieder begeisternde Perlen darin, zum Beispiel aus Themenbereichen, an die wir vielleicht gar nicht gedacht haben. Wenn das nicht so wäre, würde sich auch der ganze Aufwand nicht lohnen, denn der Call bekommt schon den größten Teil unserer Aufmerksamkeit.
Wir finden jedes Jahr einige Einreichungen, die auf die Hauptbühne passen. Es ist beeindruckend, dass sich so viele tolle Leute einbringen und ihre Themen und Ideen mit uns teilen. Dass sich ganz viele einfach auch als Teil der Veranstaltung begreifen, macht für mich den besonderen Reiz der re:publica aus.
Digital Media Women: Die Frage, die allen unter den Nägeln brennt: Wie man schafft man es denn nun ins Programm? Die Beschwerden jener, die den Call-for-Paper nicht geschafft haben, gehören ja schon fast traditionell dazu. Klar ist auch, dass rein platz- und zeittechnisch nicht alles in das Programm passt. Welche Tipps kannst du den DMW für ihre Bewerbung mitgeben? Wie sticht man denn nun heraus?
Sandra Mamitzsch: Man sticht mit einer klaren, guten und neuen Idee heraus, mit einer durchdachten und präzisen Vorstellung. Wenn beim ersten Lesen nicht verständlich ist, worum es geht, sind die Chancen ins Programm zu kommen schlecht, denn am Ende soll man sich ja auch dem Publikum verständlich machen. Wir suchen nach RednerInnen, die sich gut auf der Bühne fühlen und ihre Gedanken transportieren können – oder eben das Format so wählen, dass sie sich wohl fühlen. Das kann dann auch ein Gespräch, ein Workshop oder eine Aktion sein.
Insgesamt freuen wir uns über alle Einreichungen, die mit Herz, Witz und vor allem Verstand geschrieben sind und denen wir anmerken, dass sich jemand Gedanken gemacht hat, was gut zur re:publica passt. Denn am Ende ist eins der Kriterien: Möchte ich mir diese Session als re:publica-Besucherin auch selbst anschauen? Dabei ist die thematische Bandbreite so groß, dass wir uns sehr schwer tun, Vorschläge zu machen. Am besten schaut man sich tatsächlich das Programm der vergangenen Jahre an, um einen guten Eindruck zu bekommen.
Digital Media Women: Kannst du was zum Motto „finding europe“ erzählen? Haben beim Call-for-Paper nur „europäische“ Themen Platz?
Sandra Mamitzsch: Überhaupt nicht. Wir möchten den Fokus zwar speziell auf Europa lenken – egal, ob dass die vielfältigen Themen aus Kultur, Wirtschaft oder Politik anbelangt – und wir freuen uns über Einreichungen, die sich Gedanken machen, was „finding europe“ bedeutet. Oder auch Einblicke in die Szene in einem anderen Land bieten. Aber das wird nur ein Teil des Programms sein.
Alle Kernthemen der re:publica (sei es Politik & Gesellschaft, Medien, Bildung & Wissenschaft, Unterhaltung usw.) wird es natürlich weiter geben und ich würde davon abraten, sich selbst und das eigene Thema zu sehr zu verbiegen. Spannend ist es aber sicher – auch abseits spezifischer Motto-Einreichungen – bei ganz vielen Themen, die europäische Perspektive zumindest am Rand mit einzubringen und auch mal Beispiele außerhalb der eigenen Filterblase zu suchen.
Digital Media Women: Frauen auf der Bühne sind nicht nur der re:publica, sondern auch dir persönlich ein großes Anliegen. In 2014 hat Johnny Haeusler bei der Abschlussrede stolz die 40% verkündet, dafür gab es tosenden Applaus. Plant ihr 2015 die 50%? Sucht ihr gezielt Frauen, oder ergibt sich das bei euch ganz natürlich? Habt ihr Regeln? Ich erinnere mich, 2014 gelesen zu haben, dass ihr nur gemischte Panels mit 50/50 Quote annehmt. Zieht ihr das wirklich knallhart durch?
Sandra Mamitzsch: Die 50% sind fest gestecktes Ziel. Wir sind der Überzeugung, dass in jedem Bereich mittlerweile ebenso viele gut ausgebildete, spannende Frauen etwas zu erzählen haben wie Männer und dass Diversität Diskussionen gut tut.
Wir suchen daher bei unseren Recherchen gezielt nach Frauen. Die Panelregel gibt es in der Tat. Wenn wir ein interessantes Panel annehmen möchten, das jedoch nur aus Männern besteht, weisen wir darauf hin und geben Hilfestellung, dies zu ändern.
Das ist unser kleiner Beitrag in diesem Bereich. Und im Endeffekt haben alle etwas davon.
Digital Media Women: Was wolltest du uns immer schon mal sagen? Hier ist dein Platz dafür!
Sandra Mamitzsch: Ich möchte alle noch einmal ermutigen, wirklich etwas im Call einzureichen und sich zu treffen. Gemeinsam Vorschläge zu schreiben hilft übrigens total. Selbst wenn es am Ende auf der re:publica nicht klappt, ist es eine super Übung, das eigene Theme fokussiert darzustellen. Denn viele Vorträge, die ich aus Platzgründen leider ablehnen musste, sehe ich dann bei anderen Veranstaltungen.
Bleibt mir nur zu sagen: Danke Digital Media Women, dass ihr in den letzten Jahren bereits viele dabei unterstützt habt, mitzumachen und sichtbar zu sein. Ihr seid toll 🙂
Digital Media Women: Das Kompliment können wir zu 100% zurückgeben. Danke für das Interview!
Also Ladies: Tragen wir unseren Teil zu den 50% bei. Rafft euch auf und reicht eure Vorschläge bis zum 31. Januar 2015 hier ein!