Wer zum Chaos Communication Congress geht, kann sich zwar in einer Filter-Bubble wähnen, wird aber schnell mit der Realität konfrontiert. Aus hochauflösenden Fotos Fingerabdrücke erstellen? Kein Problem. Fremde Handyprotokolle abfangen? Ebenfalls kein Problem. „Trusted Computing“ vertrauen? Könnte schon ein Problem sein. Doch das ist alles kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Ganz im Gegenteil: Ärmel hochkrempeln. Es gibt was zu tun!
Der Chaos Computer Club hat vom 27. bis 30. Dezember 2014 den 31. Chaos Communication Congress unter dem Motto „A New Dawn“ veranstaltet. In über 120 Vorträgeen, zahlreichen slbstorganisierten Sessions und Workshops wird über Technik, Politik und Kunst diskutiert. In den Assemblies versammeln sich Hackergruppen und stellen ihre Projekte vor, schließen sich zu neuen Projekten zusammen und tauschen sich aus.
Hacker, das sind doch die…
… genau, die Kohlenstoffeinheiten, die sich Hard- und Software und alles rund um Technik, Computer und Internet genauer anschauen, die Grenzen und Möglichkeiten der Devices und Services prüfen, Vorhandenes weiterentwickeln, neue Einsatzfelder finden und manche Einsatzfelder als komplett unbrauchbar entlarven.
https://twitter.com/chaospatinnen/status/547429547973820417
Welcome!
Auch wenn man sich selbst vielleicht nicht als Hacker bezeichnen würde, fühlt man sich sehr auf dem #31c3 schnell willkommen. Sowohl durch die vielen Engel (freiwillige Helfer), die den Auf- und Abbau meistern, die Cash- und Info-Desk besetzen, an den Türen und der Garderobe einen schönen Kongress wünschen, die Sessions ankündigen, übersetzen, aufzeichnen, für die funktionierende Technik sorgen – kurzum, alles am Laufen halten und bei jeder Frage weiterhelfen. Danke!
Seit letztem Jahr im Programm sind die Chaos-Patinnen, die Congress-Neulingen helfen, den Überblick zu wahren und die passenden Sessions zu finden. Gar nicht so einfach bei dem riesigen Gebäude und den vielen Veranstaltungen. Wann immer ich dachte, ich hätte das Gebäude endlich verstanden, bin ich um eine Ecke gebogen und habe etwas Neues entdeckt. Das kann auf so einer Veranstaltung aber kein Fehler sein. Durch blinkende Installationen, hämmernde Geräusche, durch trommeln oder dem lieblichen Geruch von Kaffee oder Crepes findet man zu wichtigen Systempunkten zurück und kann sich neu orientieren.
Und was passiert da so?
Man darf vielleicht nicht jedes Projekt anfassen und selbst steuern, aber zu allem Fragen stellen. Und es gibt so viel zu entdecken, dass man mit Fragen gar nicht hinterher kommt. „Wie funktioniert das, welche Hardware ist im Einsatz, mit welcher Software ist das programmiert, wie lange hat die Entwicklung gedauert? Woran arbeitet ihr aktuell?“ Wer vor Ort ist, will seine Projekte vorstellen und gibt gerne Auskunft. Lernen kann so einfach und begeisternd sein – erst recht, wenn es leuchtet, blinkt, Geräusche macht oder Cocktails mixt.
Für die Hands-on Besucher gibt es jede Menge mitzumachen: In den Farben des 31c3 Logos das CCH nach Yarnbombing-Art verschönern, in der Food Hacking Base lernen, wie man Mate herstellt, am ultimativen „Löten für Anfänger“-Workshop mitmachen und vieles, vieles mehr.
Themen
Der Themenbereich ist so breit, dass für jeden etwas dabei ist. Von Hardware & Making, Ethics, Society & Politics, Security & Hacking, Art & Culture bis Science werden viele Themengebiete behandelt.
Die Session „Crypto Tales from the Trenches“ von Laura Poitras, Julia Angwin und Jack Gillum, moderiert von Nadia Heninger hat einige Einblicke in das Thema Verschlüsselung aus Journalistensicht gegeben. Ab wann ist für einen Journalisten ein Kontakt eine Informationsquelle, die es zu schützen gilt? Und wie schützt sich ein Journalist selbst und kann sensible Daten digital weiterleiten? Neben Beispielen von Laura Poitras wie die Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Edward Snowden, haben auch Jack Gillum und Julia Angwin aus dem journalistischen Alltag und von ihren Newsroom-Problemen berichtet. Die Tools müssen weiter verbreitet werden, Verschlüsselung muss in einigen Fällen bereits früher möglich sein und in diese Tools muss mehr investiert werden.
In vielen Sessions, die ich mir angeschaut habe, ging es um Kryptographie, Anonymität, freie Informationen und gesellschaftliche Verantwortung. Aber bei dem großen Angebot an Veranstaltungen (Sessions, Workshops, Events) kann jede den Congress ganz nach ihren Interessen gestalten.
Meine persönlichen Take-aways: verschlüsseln, kombinieren, Tails nutzen, dezentralisieren, freie Software proprietärer Software vorziehen, viel mehr hacken und ganz, ganz viele Fragen stellen!
Servicetipps
- Auf jeden Fall die ToDo-Liste der Chaospatinnen durchspielen
https://twitter.com/chaospatinnen/status/548849144836931584
- Sich in Vorträge setzen, deren Titel und Kurzbeschreibung man nicht versteht. Die Lernkurve ist steil 😉
- Wer im nächsten Jahr nicht vor Ort sein kann, nach Streams Ausschau halten
Meine aktuellen* Top 5 Vorträge
*Ich muss auch noch einige Videos anschauen, weil ich entweder durch
(a) „oh coole Technik, das muss ich einfach sehen“
(b) Mate-Nachschub
(c) Gespräche oder
(d) einen anderen Vortrag nicht alles sehen konnte, was mich interessiert hat.
- Crypto Tales from the Trenches (Laura Poitras, Nadia Heninger, Julia Angwin, Jack Gillum)
- Deine Rechte sind in diesen Freihandelsabkommen nicht verfügbar. Der Protest gegen TTIP und CETA (Katharina Nocun, Maritta Strasser)
- Doing right by sources, done right (Sarah Harrison, Grace North)
- „Wir beteiligen uns aktiv an den Diskussionen“. Die digitale „Agenda“ der Bundesregierung aus inhaltlicher, philologischer und linguistischer Perspektive (Martin Haase)
- Jahresrückblick des CCC (Frank Rieger, erdgeist, Linus Neumann, heckpiet, Constanze Kurz)
Diese Sessions und viele mehr sind unter media.ccc.de zu finden
Wir sagen danke für einen tollen Kongress!
Und? Welches war eure interessanteste Session auf dem #31c3? Wir freuen uns über eure Kommentare!