In der neuen Reihe #DMWKaffee mit… gehen Autorinnen dieses Blogs mit Frauen aus der Digitalbranche, mit Vorbildern und inspirierenden Selbermacherinnen einen Kaffee trinken. Die Fragen werden im Nachhinein per E-Mail beantwortet. Für die erste Folge hat DMW-Mitgründerin Carolin Neumann sich mit einer der spannendsten Medienfrauen der deutschsprachigen Medienszene getroffen: Anita Zielina.
Ausgerechnet bei unserem ersten #DMWKaffee wird gar kein Kaffee getrunken. Anita Zielina bleibt bei Saft und Tee, ich auch. Sagen wir trotzdem mal, wir haben bei einem Kaffee über ihr neues Projekt und ihre Erfahrungen in der Digitalbranche gesprochen.
Anita, 34, Österreicherin, Journalistin, ist vor zwei Jahren nach Hamburg gekommen, um „Stern.de“ aufzurütteln. Als stellvertretende Chefredakteurin war sie zuständig für digitale Produkte bei der alteingesessenen Hamburger Medienmarke. Bis sie sich im Herbst entschied, das Verlagshaus Gruner+Jahr zu verlassen. Den Rest des Jahres 2014 verschnaufte sie auf privaten Reisen.
In knapp zwei Wochen packt sie nun wieder ihre Koffer, diesmal aber für ihr neues Projekt: Gemeinsam mit Projektpartner und Ehemann Klaus Weinmaier reist sie von Hamburg über Kopenhagen bis nach Austin, Texas, um der „DNA von Innovation“ nachzuspüren. Unter www.innovationroadtrips.com werden die beiden – auf Englisch – davon berichten.
In zwei Wochen geht es für dich auf den ersten mehrerer „Innovation Roadtrips“. Was hat es damit auf sich?
Das Thema Innovation ist eines, das uns seit unserer Zeit in Stanford umtreibt. Ich finde es wahnsinnig spannend, mich mit der Frage zu beschäftigen: Wie entsteht Innovation? Wie kann man sie fördern und vorantreiben, den Tunnelblick verlieren und andere dabei unterstützen, das auch zu tun? Welche Rahmenbedingungen, Strukturen, Teams und Arbeitsweisen sind nötig, damit Innovatives entstehen kann? Wir werden lokale Unternehmen besuchen, Start-ups und etablierte Player, die sich neu erfunden haben; Universitäten und Stadtregierungen die kreative Zugänge ausprobieren; Innovationshubs und Einzelpersonen. Das Ziel ist es, daraus Erkenntnisse zu kristallisieren, die uns und anderen weiterhelfen, egal ob in einer Unternehmensstruktur oder außerhalb davon.
Auf welche Station(en) der Reise freust du dich besonders?
Die erste Reise ab 10. Februar führt uns nach Malmö, Kopenhagen, Amsterdam, San Francisco und Austin. Ich kann mich gar nicht entscheiden, auf welchen Ort ich mich am meisten freue – auf alle, würde ich sagen. San Francisco ist neben Wien und Hamburg so etwas wie eine dritte Heimat für uns, ein Ort, der mir immer wieder Kraft und Inspiration gibt. In Austin sind wir während der SXSW Conference, jedes Jahr mein persönliches Konferenzhighlight. Malmö, Amsterdam und Kopenhagen sind Städte, in denen sich sehr aktive und diverse Kreativszenen etabliert haben, quer durch alle Disziplinen. Städte sind Heimat von Kreativität, und konstanter Veränderung unterworfen – ein perfektes Biotop für Innovation.
Was hat dich persönlich zu diesem Projekt motiviert?
Ich glaube, dass die Medienbranche sich – ebenso wie ihre Herausforderungen und Probleme – gern für einzigartig hält. Tatsächlich ist es doch aber so, dass Digitalisierung nun wirklich jede Branche verändert, nicht nur uns. Wenn wir von Innovation sprechen, dann schauen wir sehr selten über den Tellerrand, um auch von anderen Branchen und anderen Ländern zu lernen. Das möchte ich gerne ändern. Außerdem fehlt mir im Innovationsdiskurs meistens die Metaebene. Oft geht es um die neuesten Gadgets, aber nicht um die eigentliche Frage: Wie entsteht Neues und wie kann man es fördern?
Was ist das Wertvollste, was du in deinem letzten Job gelernt hast?
Schwierige Frage. Muss ich mich für eine Sache entscheiden? Ich habe das Gefühl, ich habe wahnsinnig viel gelernt, über die deutsche Medienbranche, über Management, über Veränderung, über mich selbst. Die wertvollste Erkenntnis vielleicht: dass all die wohlgemeinten Ratschläge, dass man sich – gerade als Frau – ab einer gewissen Hierarchieebene emotional abhärten müsse und nicht zu viel „Menschliches“ in den Job mitnehmen soll, falsch sind – für mich zumindest. Ich glaube, dass das ein sehr maskulines und in Wahrheit auch altmodisches Bild von Führung ist. Ich lasse meine Persönlichkeit und meine Emotionen nicht daheim, wenn ich morgens in die Redaktion gehe. Ich glaube nicht, dass ich meinen Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten sonst empathisch begegnen könnte. Wir brauchen neue Dogmen, was gute Führung ausmacht – ich habe das Gefühl, dass wir hier noch im letzten Jahrhundert feststecken. Oder im vorletzten.
Welche Erfahrungen hast du als Frau in der Digitalbranche gemacht?
Es fällt mir immer sehr schwer, diese Frage auf das Genderthema runterzubrechen, weil ich ja nicht weiß, wie meine Erfahrungen gewesen wären, wäre ich nicht weiblich. Ich hatte jedenfalls immer Chefinnen und Chefs, die wahnsinnig emanzipiert waren und mich auf alle möglichen Arten unterstützt und gefördert haben. Dafür bin ich sehr dankbar, weil es gerade in der Medienbranche keine Selbstverständlichkeit ist. Ich hatte außerdem das Glück, nie wegen meines Geschlechts diskriminiert worden zu sein, ich musste mir nicht mal dumme Witze anhören. Ich weiß, dass es sehr vielen Frauen in der Digital- und Medienbranche auch anders ergeht. Ich bin immer noch gelegentlich die einzige Frau in Führungsrunden oder auf Panels, und ich bin dazu übergegangen, meine Zusage für Veranstaltungen daran zu knüpfen, dass man sich zumindest bemüht, eine vernünftige Frauenquote hinzubekommen. Ich empfehle dann gern auch Frauen aus meinem Netzwerk, das macht es dann auch den Veranstaltern leichter.
Irgendwelche Tipps an unsere DigiWomen für den Erfolg im Job?
Lernt eure Stärken und eure Leidenschaften kennen. Lernt zu verhandeln. Baut euch eine Marke und ein Netzwerk über Social Media auf. Bleibt euch treu und hört auf euren Bauch. Und zuletzt: Wenn euch jemand einen Job oder eine Führungsposition anbietet, dann hat er/sie sich das ziemlich sicher gut überlegt und fragt euch, weil er/sie überzeugt ist, dass ihr die Richtige seid. Schluckt die Selbstzweifel also runter und sagt Ja – wenn Ihr den Job wollt. Irgendwann habe ich damit begonnen, mir bei solchen beruflichen Entscheidungen die Frage zu stellen: Was ist das Schlimmste, was passieren könnte? Die Antwort ist eigentlich immer: Nichts, wovor man Angst haben müsste.
Wer Lust hat, sich als Autorin an dieser Reihe zu beteiligen, kann uns unverbindlich eine E-Mail schreiben.