Nichts ist so beständig wie die Angst vor dem Wandel. Rückblick zur Online B2B Conference 2015 in München

Der digitale Wandel steht ins Haus. Das ist allen klar. Aber wie mache ich es? Das war die Frage, um die es dieses Jahr bei der Online B2B Conference am 1. und 2. Juli 2015 in München ging. Ein guter Mix aus Vorträgen von Praktikern und Querdenkern wie Hirnforscher Dr. Hans-Georg Häusel und Bob Seeger, die jeweils den Auftakt zu den beiden Tagen bildeten, verdichtete meinen Eindruck: Es gibt keine Schablone und keinen Masterplan zum Mitnehmen. Das einzig wirklich Greifbare im Raum war die Angst. Die Angst vor der Veränderung, die Angst Fehler zu machen, die Angst etwas zu verpassen, die Angst, konkrete Fragen zu stellen und damit zuzugeben, nicht zu wissen, wie es richtig geht.

Und wenn es doch Rote Beete ist?!

Symptomatisch für die Gefühlslage ist diese kleine Szene in der Schlange beim Dessertbuffet in der Mittagspause. Ein junger Mann, altersmäßig der Generation Y zuzuordnen, blickt auf ein Gefäß mit dunkelrotem dickflüssigem Inhalt. Sie steht neben kleinen Joghurtgläsern und Schüsseln mit Knusperflakes. Er fragt mich: „Was ist das?“ Ich antworte: „Ich vermute, Fruchtsoße für den Joghurt.“ „Es könnte aber auch Rote Beete sein.“ „Von der Farbe her ja, aber ich vermute, dann würde sie nicht beim Dessert stehen.“ „Und wenn es doch Rote Beete ist? Ich nehme das lieber nicht.“

Ich glaube, so geht es sehr vielen Menschen im Online-Marketing auch. Sie sehen sich die unbekannten Tools und Maßnahmen an und lassen dann lieber die Finger davon, weil es Rote Beete und nicht süße Fruchtsoße sein könnte. Das Problem ist natürlich: Wenn sie es nicht ausprobieren, werden sie es nicht herausfinden. Das ist eine Frage des Kopfes.

Wer im digitalen Wandel nicht untergehen will muss also zwei Schritte tun: Die Angst in Mut umwandeln und sich ein Herz fassen, um den Kopf umzustimmen.

Von der Angst zum Mut

Florian Hirt, Industry Analyst bei Google, prophezeit den meisten Unternehmen eine Zukunft wie den Fortune 500 aus dem Jahre 1955: Nur 72 von ihnen existieren noch. Es sei denn sie setzen jetzt bei den drei M an: Mindset, Manager, Mitarbeiter. Sein Credo:

Digitale Transformation beginnt nicht im Serverraum, sondern im Kopf.

Die Praxis gibt ihm Recht. Wolf Sternberg, Leiter E-Commerce beim Mittelständler Papier Liebl, erzählte sehr offen und anschaulich von den Schwierigkeiten, mit denen er und das Unternehmen bei der Einführung eines Onlineshops konfrontiert wurden. Als E-Commerce-Leiter wurde er eingestellt, als Change Manager ist er tätig.Papier Liebl entwickelte eine Strategie für die nächsten fünf Jahre und setzte beim Changeprozess zuerst intern an: Bei der digitalen Transformation der eigenen Prozesse und in den Köpfen der Mitarbeiter. „Visionen wagen, niederschreiben und verinnerlichen“ war einer der ersten Schritte und die sind bekanntlich die schwersten. Sie haben sich von der Angst vor Veränderung nicht unterkriegen lassen nach dem Motto von Captain Jack Sparrow, Fluch der Karibik:

The problem is not the problem. The problem is your attitude about the problem.

Auf neues Terrain wagte sich auch Klickrent, eine 100%ige Tochter der Traditionsfirma Zeppelin. Ina Lutterbüse, Leiterin Marketing, stellte bei der Gründung der Baumaschinenverleihplattform  folgende drei Kernfragen: Warum? Wie? Was? Sie standen vor der besonderen Herausforderung, dass die Kundschaft noch gar nicht digital ist.

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Gut, wenn man einen trendbewussten CEO hat, der frühzeitig den Schritt in Richtung Digitalisierung geht. Dann bleibt Zeit, zum testen und lernen. Dafür braucht es keine Big Data.

Auch im einstelligen Tausenderbereich kann man lernen.

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Vom Herz in den Kopf

Bewusstes Denken ist ein teurer Prozess und kostet das Gehirn sehr viel Energie, deshalb vermeidet es der Mensch, erklärt uns Hirnforscher Dr. Hans-Georg Häusel. Wer heutzutage Menschen erreichen möchte, muss die Emotionssysteme Stimulanz, Dominanz und Balance im Gehirn ansprechen. In welchem Maße hängt vom Alter, vom Geschlecht und der Kultur ab.

Alles, was keine Emotionen auslöst, ist für unser Gehirn bedeutungslos.

In ein ähnliches Horn stößt Michael Holste von Proxation, der für seine Kunden Apps entwickelt. Er empfiehlt, Kundenbedürfnisse zu identifizieren und gezielt zu adressieren. Das Nutzererlebnis, neudeutsch User Experience, entscheidet darüber, ob die App konvertiert oder nicht. Anhand der App von Lovebrand Caterpillar zeigt Holste, wie es gut funktionieren kann.

Nehmen Sie Ihrem Kunden das Denken ab.

Ein Newsletter, der ins Herz der Kunden trifft, hat AEB entwickelt. Thomas Düker, Teamleiter Marketing AEB GmbH, zeigte anhand ihrer Themennews, wie das gelang. Im Vorfeld suchte man sich die praxisrelevanten Probleme bei den Kunden, die gleichzeitig hohe Auswirkungen auf die betroffene Unternehmen haben. Dazu entwickelte man eine aufeinander aufbauende Content-Serie, die sehr personalisiert war und auf persönlichen Kontakt ausgelegt war. Ein Team von zwei bis drei professionellen Fachredakteuren leistete hier ganze Arbeit, um das anvisierte Ziel zu erreichen.

Es geht darum Gesprächsaufhänger zu generieren, nicht Verkäufe.

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Daneben gab es noch eine Reihe weiterer spannender Vorträge und Diskussionsrunden zwischen den Panels. Der Tenor war jedoch der gleiche: Zuerst muss intern Überzeugungsarbeit geleistet werden und mutige Entscheidungen getroffen werden, damit die Digitalisierung in deutschen B2B-Unternehmen wirklich Fahrt aufnimmt.

Zum Abschluss die fünf besten Online-Marketing-Tipps der zwei Tage:

Die fünf besten Tipps fürs Online-Marketing

  • „Machen Sie es dem Kunden so einfach wie möglich.“ Dr. Hans-Georg Häusel
  • „Einfach mal etwas ausprobieren, der Nutzer vergisst schnell, wenn etwas nicht funktioniert.“ Boris Turalija, Walter AG
  • „Der Support vom Vorstand ist wichtig.“ Ina Lutterbüse
  • „Den Leser bei der Stange halten.“ Thomas Düker, AEB GmbH
  • „Einen Redakteur einstellen.“ Svenja Teichmann, Crowdmedia
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Vielen Dank an die Ticket-Gewinnerin Pia Kleine-Wieskamp, die uns die Fotos zur Verfügung gestellt hat.

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