Digitale Transformation und Diversity – auf einen #DMWKaffee mit Eva-Maria Bauch

In der Reihe „#DMWKaffee mit…“ gehen Autorinnen dieses Blogs mit interessanten Frauen aus der Digitalbranche einen Kaffee trinken. Für diese Folge hat sich Christiane Brandes-Visbeck aus dem Hamburger Quartier mit Eva-Maria Bauch, Geschäftsführerin Digital Products bei Gruner + Jahr, auf einen Klönschnack über die digitale Transformation und Frauen in Führung verabredet. Anlass für dieses Gespräch ist die Verleihung des Webfuture Awards am 25. Mai im Hamburger betahaus, bei der Eva als Jurorin dabei sein wird.

Christiane Brandes-Visbeck: Eva, du hast dir als Thema für dieses Gespräch die digitale Transformation gewünscht. Warum?

Verlagsmanagerin Eva-Maria Bauch hat selten Zeit zum Kaffeetrinken...
Digitalmanagerin Eva-Maria Bauch hat selten Zeit zum Kaffeetrinken (Foto: Christiane Brandes-Visbeck)

Eva-Maria Bauch: Weil ich bei Gruner + Jahr alles verantworte, was mit dem Digitalen-Content-Markengeschäft zu tun hat. Wir bei G+J Digital Products betreiben für alle Markenwelten der sogenannten Communities of Interest (CoI) – also Marken vom stern über Brigitte hin bis zu Beef – alle Websites und Services, Apps und Mobile Sites.

Christiane: Wie sieht die digitale Transformation bei Gruner + Jahr aus?

Eva: Hinter jeder der über 100 Marken stehen unterschiedliche zielgruppenspezifische Content-Strategien. Deshalb sieht die notwendige Business Transition in jedem Bereich anders aus. In meiner Funktion als Geschäftsführerin von G+J Digital Products berichte ich an unseren Chief Digital Officer Arne Wolter, der als Digitalchef für die digitale Transformation von G+J verantwortlich ist. Wir bei Gruner + Jahr gestalten gemeinsam einen langfristig und ganzheitlich angelegten Transformationsprozess vom Zeitschriftenhaus zum Haus der Inhalte. Dieser Prozess geht mit einer umfangreichen Produkt- und Innovationsoffensive – in Print und in Digital – sowie einem massiven Invest in technologische Plattformen einher.

Christiane: Wie habt ihr euch für euren Transformationsprozess aufgestellt?

Eva: Zu diesem Transformationsprozess gehört, dass seit knapp drei Jahren alle G+J-Marken einer von acht definierten Communities of Interests zugeordnet sind. Diese sind im Einzelnen: FOOD, LIVING, FAMILY, WOMEN, PEOPLE & FASHION, NEWS, WISSEN sowie WIRTSCHAFT & SPECIAL INTEREST. Jede dieser Communities of Interest wird von einem Publisher für den Geschäftsbereich Print und einem Digital Business Director für den Bereich Digital geleitet. Die Publisher berichten jeweils an einen der Verlagsgeschäftsführer, die Digital Business Directors berichten an mich. Mit dieser Organisationsform stellen wir sicher, dass wir uns konsequent an den Interessen unserer Nutzer orientieren.

Christiane: Das hört sich im ersten Moment kompliziert an. Wie arbeitet es sich in einer Struktur, bei der kein Chef das letzte Wort zu haben scheint?

Eva: Das Arbeiten in der Matrixstruktur birgt natürlich Herausforderungen. Aber wie gesagt: Bei mehr als 100 Marken und einer ganzheitlichen, inhalte- und plattformneutral getriebenen Transformation, wollen wir uns kompromisslos an den Interessen unserer Nutzer orientieren. Deshalb ist das der Ansatz, den wir bei G+J als den für uns richtigen identifiziert haben. Nicht zuletzt stärkt der strukturell bedingte Zwang zur interdisziplinären Zusammenarbeit die Integrität aller Mitarbeiter und ihre Loyalität über die Marke hinweg. Die Kollegen einer Community sitzen gemeinsam in einem Büro und reden miteinander. Sie arbeiten zusammen an unserem gemeinsamen Erfolg!

Christiane: Wie führst du deine Teams?

Eva: Ich passe meinen Führungsstil der jeweiligen Unternehmenskultur an. Beim Axel Springer Verlag führt man anders als bei einem Start-up der RTL-Gruppe oder jetzt bei Gruner + Jahr. Als Führungskraft möchte ich etwas bewegen, verändern und Lösungen finden. Aus dieser Haltung heraus haben wir beispielsweise bei G+J Digital Products diverse neue, interne Kommunikationsformate entwickelt, die mehr Transparenz im Unternehmen ermöglichen. Eine transparent kommunizierte Unternehmensstrategie, Zahlen oder News aus den an G+J Digital Products angrenzenden digitalen Bereichen strahlt positiv auf die Mitarbeiter aus, da solches Wissen früher reine Chefsache war.

Christiane: Was reizt dich am Change?

Eva: Ich bin jetzt 45 Jahre alt. Wenn ich auf mein Berufsleben zurück blicke, ist der rote Faden in meiner Vita die Veränderung. Veränderung und Innovation reizen mich. „Disruption“ nehme ich als etwas Positives wahr. Veränderungen veranlassen einen, aus einem immer neuen Blickwinkel auf Kernthemen wie zum Beispiel User Experience, Produktentwicklung oder Communities nachzudenken.

Im Verlagsbereich war ich immer im Digitalen unterwegs. Und ich habe viel Energie. Früher waren es eine starke Überzeugung und meine Hartnäckigkeit, die mich angetrieben haben, das zu erreichen, was ich erreichen wollte. Nie habe ich aufgegeben, auch wenn ich abends mal in die Tischkante beißen musste. Ich habe auch heute noch einen hohen Anspruch und fahre ein hohes Tempo. Aber ich bin etwas besonnener geworden. Vielleicht, weil ich schon so viel Erfahrungen mit Change gemacht habe.

Christiane: Gibt es Learnings auf deinem Weg zur Top-Führungskraft?

Eva: Gute Frage. Ich habe viel über Veränderungen, die Medienbranche und Management gelernt, aber auch über mich selbst. Ich finde es wichtig, eine Entscheidung zu treffen und konsequent den eingeschlagenen Weg zu gehen. Wenn etwas nicht so gut läuft, dann muss man es erkennen und wieder die Richtung ändern.

Christiane: Was findest du spannender: Start-up oder Medienkonzern?

Was liegt Eva mehr: Start-up oder Medienkonzern?
Was liegt Eva mehr: Start-up oder Medienkonzern?

Eva: Nach meinem Informatik-Studium an der TU in München bin ich 1997 in die Verlagswelt gegangen, habe bei Allegra als Online-Redaktionsleiterin gearbeitet. 1999 bis 2000 war ich Mitgründerin des Münchner Start-ups ciao.com. Damals habe ich als CPO die Produktentwicklung geleitet. Anschließend bin ich wieder auf die Verlagsseite zu Axel Springer gewechselt und dort bis 2010 geblieben. Später wurde ich Geschäftsführerin einer Digital-Tochter der Bauer Media Group in Hamburg. Danach hat mich RTL Interactive als CEO von wer-kennt-wen in Köln eingestellt. Jetzt bin ich Digitalmanagerin bei Gruner + Jahr.

Bei meinen Wechseln zwischen Unternehmerin und Medienmanagerin habe ich festgestellt, dass mir das Medienumfeld mehr liegt. Ich bin keine „passionierte typische Gründerfrau“. Mir macht es zumindest bis heute noch mehr Spaß, Veränderungen im großen Verlagskontext herbeizuführen.

Christiane: Welche Rolle spielen Netzwerke in deinem beruflichen Leben?

Eva: Natürlich war ich früher oft ziemlich allein als weibliche Führungskraft zwischen all den Männern. Also habe ich mir auch digitale Frauennetzwerke angesehen. Ich unterstütze diese Netzwerke nach wie vor, sie haben aber meine eigenen beruflichen Erfahrungen nicht widergespiegelt. Mein persönliches Netzwerk habe ich überwiegend über meine Jobs aufgebaut. Sie haben es mir ermöglicht, spannende Kontakte zu knüpfen und zu halten. So tausche ich mich häufiger mit beruflichen Sparringspartnern über Fachliches aus. Ich war ja in fast allen großen Verlagshäusern, und bis heute habe ich in jedes dieser Unternehmen einen guten Kontakt. Das war und ist mir wichtig.

Christiane: Siehst du dich auch als Mentorin?

Eva: Während meiner ganzen Berufszeit bin ich als Mentorin aktiv. Ich versuche, hierbei vor allem auch Frauen zu unterstützen. Ich rate ihnen immer, auf sich zu vertrauen, ihre Stärken im Auge zu haben, diese auszubauen und keine Angst vor Veränderungen zu haben. Dabei habe ich gelernt, dass einige Frauen doch noch recht risikoavers sind oder zu viele Selbstzweifel haben. Natürlich ist ein Job-, Bereichs- oder Konzernwechsel, der vielleicht für den nächsten Karriereschritt notwendig ist, mit Risiko behaftet. Das gehört eben dazu.

Christiane: Ist es für Frauen schwieriger, Karriere zu machen?

Eva: Es ist immer schwer, auf diese Frage richtig zu antworten, da ich ja nicht weiß, wie es als Mann für mich gelaufen wäre – ich bin ja nun mal eine Frau. Aber ich denke schon. Als ich damals ins Berufsleben eingestiegen bin, war es für Frauen immer noch nicht so selbstverständlich wie bei vielen männlichen Kollegen, Karriere zu machen. Und ich habe mir im Laufe der Jahre auch das ein oder andere Mal eine komische Frage stellen lassen müssen. Das lag bei mir schon alleine daran, dass ich sehr verschiedene Dinge gemacht habe. Ich habe an der TU München Informatik studiert, direkt nach dem Studium als Quereinsteigerin eine Online-Redaktion geleitet und später auch noch die kaufmännische Verantwortung übernommen. Ich hatte – und dafür bin ich wahnsinnig dankbar – in der ganzen Zeit immer Mentoren oder Förderer, die mich auf unterschiedlichste Art und Weise stark unterstützt haben. Und gerade deshalb und obwohl ich der Quote kritisch gegenüber stehe, bin ich heute der Meinung, dass Frauen mehr gefördert werden müssen.

Christiane: Gilt das auch für #allmalepanels bei Konferenzen? Auf Bühnen #sichtbar zu sein, ist ja auch ein klassisches #DMW-Thema.

Eva: Wir brauchen auf jeden Fall mehr Frauen auf den Bühnen. Nicht zuletzt aus Übungszwecken: Wenn man nicht so oft in der Öffentlichkeit spricht, kann man das auch nicht. Woher sollen die hervorragenden weiblichen Speaker kommen, wenn man ihnen keine Chance gibt, durch Übung besser zu werden? 

Christiane: Woher kennst du die #DMW eigentlich?

Eva: Vor gut einem Jahr habe ich #DMW-Mitgründerin Sanja Stankovic kennengelernt, die mich zu ihrem Ladies Dinner einlud. Bei der Initiative next.Media Hamburg sind Caro Neumann, die ja auch eine #DMW-Gründerin ist, und ich die beiden Frauen im Beirat. Inzwischen lese ich die Gruppenbeiträge in eurer Facebook-Community, weil ich viele Leute kenne, die dort etwas posten.

Christiane: In diesem Jahr bist du Jury-Mitglied beim Webfuture Award, einem Gründer-Wettbewerb von nextmedia.Hamburg. Was reizt dich in deiner jetzigen Position an der Hamburger Start-up-Szene?

WebFuture_Award_2016er-GrafikEva: Wir leben in spannenden Zeiten. Start-ups tragen zu den notwendigen Veränderungen in allen Branchen bei. Ich habe ja selbst ein Start-up mitgegründet und ein anderes als CEO weitergeführt. Jetzt stehe ich auf der anderen Seite, sehe mich eher als Mentorin und Vertreterin eines Medienkonzerns, die die Themen Change und Digitalisierung kennt und versteht. Ich mag Geben und Nehmen. Und ich liebe Leute, die brennen!

Christiane: Liebe Eva, vielen Dank für den #DMWKaffee. Ich wünsche dir weiterhin viel Energie und Spaß am Change. 

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