Wenn wir es schaffen, aus Big Data Smart Data zu machen und die Aspekte der Datenhoheit, Sicherheit und Anonymisierung mitdenken – kann sich eine Win-win-Situation für alle Beteiligten ergeben. Es können neue Geschäftsfelder erschlossen, relevante Angebote unterbreitet, bisher blinde Flecken beleuchtet und zeitsparende digitale Services umgesetzt werden.
Das Gießkannen-Prinzip hat ausgedient – es lebe die Personalisierung!?
Vielleicht ist es aber doch nicht so einfach. Denn die Menge der Daten ist kein Garant für erfolgreiche Kampagnen. Ellen Boos hat die RTL II Kampagne zum Start der neuen „The Walking Dead“-Staffel vorgestellt und ist auf das Verhältnis von Personalisierung und Reichweite eingegangen. Je gezielter die persönliche Ansprache, desto weniger lässt sich die Kampagne teilen. Wie lässt sich die Personalisierung also nutzen, um eine hohe Reichweite zu erzielen?
Es geht darum, eine gute Geschichte zu erzählen und genau die Daten zu nutzen, die in dieser Story Interaktionen triggern und das Gefühl vermitteln, Teil der Geschichte zu sein. Bereits eine geringe Datenmenge reicht aus, sofern die Story und die Umsetzung gut sind und die Daten klug eingesetzt werden.
Ein paar Daten und ’ne gute Story – der Erfolg ist uns sicher!?
Die vier Dimensionen des Erfolgs sind laut Sandra Prinzenberg von PAYBACK: Richtiges Angebot. Richtiger Kanal. Richtiger Zeitpunkt. Richtiger Ort.
Denn, was hilft es, wenn wir sehr, sehr viele Daten vorliegen haben und wissen, dass Käufer von Kleintierfutter häufig Prepaid-Tarife nutzen? Wie können die Informationen über Personen, die selten Socken kaufen, aber häufig Tee trinken und Viel-Tankende Bio-Lebensmittel-Käufer, in einem relevanten Angebot abgebildet werden?
Kurz: wie werden aus den vorliegenden Daten wirklich Vorteile für den Kunden? Sandra Prinzenberg hat anschaulich gezeigt, wie das richtige Angebot über den richtigen Kanal, zum richtigen Zeitpunkt den Kunden am richtigen Ort erreicht. Dank App, Infoscreens und Beacons ist das kein visionäres Szenario, sondern eine fein aufeinander abgestimmte und umgesetzte Kundenansprache.
Der Erfolg hängt am Ende auch von der richtigen Kommunikationsmenge ab. Es gilt: Datenpunkte als Kommunikationsauslöser zu erkennen und zu nutzen, keinen permanenten Push-Notifications-Strom auszulösen, sondern klug und dosiert die erfolgsversprechenden Angebote zu präsentieren.
Wir sammeln Daten, wir kennen unseren Kunden – mehr braucht es nicht!?
Soweit, so gut. Es ist wichtig, die eigenen Kunden zu kennen, aber auch Quellen zu erschließen, die ergänzende oder neue Informationen beifügen. Wie ein Telekommunikationsunternehmen die eigenen Daten zum Beispiel für den Öffentlichen Personennahverkehr und eine bessere Verkehrsplanung auswerten kann, blinde Flecken des ÖPNV mit Informationen füllt und die Grundlage für neue Services anbietet, hat Cécile Schneider von Telefónica Next erklärt.
Dafür braucht es keine Daten auf Ebene einer Einzelperson. Anonymisierte Aussagen auf Gruppenebene sind völlig ausreichend. Im Rahmen der anhaltenden Diskussionen zum Datenschutz, werden existierende Datensätze wertlos, wenn sie den Bestimmungen nicht entsprechen und nicht datenschutzkonform genutzt werden. Insofern hat Telefónica Next eine Plattform mit dreistufigem Verfahren zur Daten-Anonymisierung und ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Wichtig ist, dass Daten keine Rückschlüsse auf einzelne Nutzer ermöglichen und die Datenhoheit bei den Nutzern liegt.
Datenhoheit – meine Daten gehören mir!?
Als Kundin kann ich in vielen Fällen direkt bei Unternehmen das Sammeln meiner Daten untersagen. Das reicht nicht aus, um meine digitale Identität zu schützen. Steffi Feldmann bietet mit Keyp.io unter anderem dezentrale und hardware-verschlüsselte Speicher-Lösungen, um die Datenhoheit über die eigene digitale Identität zu behalten. Dabei kann es um signierte und identifizierte Datenpakete gehen, die zum Beispiel Passwörter unnötig machen. Es braucht nach Steffi Feldmann dezentrale Systeme und Sicherheit auf Produktebene. Mehr und mehr Bereiche unseres Lebens werden digitalisiert und der Wunsch nach digitalen Services der Behörden (zum Beispiel online zu wählen, Firmen online zu gründen) wird größer. Gleichzeitig lassen wir oft unsichere Internet of Things-Anwendungen in unsere privaten Bereiche.
Das Sicherheitsdenken und das Bewusstsein, dass die Nutzer sich selbst um ihre digitale Identität kümmern müssen, ist noch viel zu gering. Es braucht noch mehr Initiativen, die Authentifizierung und Sicherheit wieder in die Hände des Nutzers legen.
Ihr seid die ExpertInnen. Vernetzt euch!
Claudia Greisel und Simone Fasse haben es geschafft, durch ihre Moderation die verschiedenen Perspektiven auf das Thema „Daten überall“ zu verbinden und einen runden Abend in den Räumen von PAYBACK zu gestalten. Es wurde sowohl durch die Speaker als auch im anschließenden Networking deutlich, dass wir uns noch viel mehr über den sinnvollen Einsatz von Daten, die Möglichkeiten und Dringlichkeit der Datenhoheit, aber auch die Nachteile der wachsenden Datenspeicherung unterhalten müssen.
Weitere Infos über die Speakerinnen des Abends: #DMWmuc Themenabend: Reality Check – Daten überall (14.11.17)
Fotos: Beate Mader, VISION³
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