In der Reihe #DMWKaffee mit … gehen Autorinnen dieses Blogs mit inspirierenden Frauen aus der Digitalbranche einen Kaffee trinken. Für diese Folge hat sich Julia Gebert aus dem Berliner Quartier mit Frederike Kaltheuner getroffen. Frederike arbeitet am Centre for Internet and Human Rights an der Europa Universität Viadrina und ist Gründerin des Tech Book Clubs in Berlin. Desweiteren ist sie mit einer eigenen Session auf der re:publica vertreten und ist dort im Rahmen unserer Lightning Talks ebenfalls zu Gast.
Du hast einen interessanten Abschluss, einen “Master of Internet” – was kann man sich darunter vorstellen?
Das ist ein Masterprogramm, das sich einem Thema Technologie und Gesellschaft aus ganz unterschiedlichen Richtungen nähert. Das Internet ist ja nicht nur Technologie, es ist auch relevant aus philosophischer, politikwissenschaftlicher oder etwa geographischer Perspektive. Zum Beispiel Geographie: Das Internet hat eine ganz materielle Dimension aus Kabeln, Servern und Routern. Gleichzeitig ist das Netz voll mit geolokalisierten Daten. Jeder Ort auf GoogleMaps, jede Bewertung auf Yelp, reichert die Welt mit geographischen Informationen an.
Wie kam es zu Deinem Interesse am Digitalen, dem Internet, der Programmierwelt?
Ich hatte schon sehr früh einen Computer zur Verfügung. Meine Eltern haben sich ihren ersten Rechner in den 80er Jahren gekauft. Dementsprechend gibt es ein Photo von mir, wie ich schon 1991 am PC sitze. Meine Lieblingsprogramme waren damals allerdings Paint und Word, weil man da so schön mit Grafiken und Word Art spielen konnte.
Wie ging es dann weiter, welche Projekte folgten dem Master?
Nach einem Praktikum bei ZEIT Online, wo ich hauptsächlich Web Analytics gemacht habe, und danach einer Mitarbeit im Relaunch Team und der Entwicklungsredaktion, bin ich jetzt Fellow am Center for Internet and Human Rights an der Europa-Universität Viadrina. Da haben wir in den letzten Monaten vor allem am Projekt “Ethik von Algorithmen” gearbeitet, was auch Thema der gleichnamigen Konferenz Anfang März an der TU Berlin war.
Worum genau geht es da?
Algorithmen sind Teil jedes Rechtschreibprogramms und an sich nicht unbedingt problematisch. Interessant wird es, wenn Algorithmen immer mehr subjektive Entscheidungen für uns treffen. Die Anordnung des Facebook Newsfeeds ist eine ziemlich subjektivere und politische Sache: Was ist relevant? Was hat Nachrichtenwert? Und was ist wichtig? Ein anderes Beispiel sind Algorithmen in der Online-Werbung, die zum Teil unbeabsichtigt diskriminieren. Wenn überwiegend Menschen mit typisch afroamerikanischem Namen Programme zur Resozialisierung nach einem Gefängnisaufenthalt per Banner angeboten werden, steigt vielleicht statistisch die Klickwahrscheinlichkeit, aber diskriminierend ist es trotzdem.
Was treibt Dich bei Deiner Arbeit an, was motiviert Dich?
Das Jetzt-zeitige. Und dass ich denke, dass dieser Themenkomplex von großer Wichtigkeit ist. Aus wissenschaftlicher Perspektive reizt mich, dass dieser Bereich so interdisziplinär ist. Die spannendsten Konferenzen sind oft nicht die rein wissenschaftlichen.
Du programmierst, setzt Dich mit Themen auseinander, die sehr technisch sind und bist ja sicher auch bei vielen Gelegenheiten zugegen, wo die Branche sich trifft. Wie nimmst Du hier das Geschlechterverhältnis wahr?
Das ist natürlich immer ein Thema, da ist überall starke Männerdominanz. Wobei ich sagen muss, dass ich mich schon immer eher für die Themen interessiert habe, die so klassischer Weise Männerthemen sind.
Ja, es gibt noch viel zu tun, damit diese Lücke nicht mehr so sehr klafft. Magst du uns noch etwas zu Deinem Tech Book Club erzählen?
Den Tech Book Club in Berlin habe ich nach dem Vorbild einer Freundin aus Oxford gegründet, die in jetzt in Boston lebt und selbst zu Technologie-Themen schreibt. Das Format ist: Wir wählen jeden Monat ein Buch aus, im Idealfall lesen es alle Teilnehmer und beim nächsten Mal diskutieren wir darüber.
Spannend! Was für Titel habt ihr da bisher so gelesen?
Oh, ganz verschieden. Das nächste Buch geht über Hacktivismus (also Hacken und Aktivismus), wir haben aber auch schon mal Internet-Manifestos aus den 90ern gelesen, Gabriella Colemans Buch über “Die vielen Gesichter von Anonymous” und das eher optimistische Buch von Clive Thomson, “Smarter than you think”.
Wie viele Teilnehmer sind da jeweils versammelt?
Je nach Wetter und Dicke des Buches bis zu 30, manchmal sind wir aber auch nur eine kleine Runde. Eine wirklich effektive Diskussion lässt sich ab einer gewissen Größe einfach nicht mehr führen.
Liebe Frederike, wir danken Dir für das Gespräch und freuen uns, Dich bei unseren Lightning Talks am Mittwoch, den 6. Mai um 18:45 – 19:45 Uhr bei der re:publica auf der Bühne der DMW wiederzusehen!