Auf einen #DMWKaffee mit Meike Lobo: Die Netz-Philosophin

In der Reihe #DMWKaffee mit… gehen Autorinnen dieses Blogs mit inspirierenden Frauen aus der Digitalbranche einen Kaffee trinken. Für diese Folge hat Christiane Brandes-Visbeck, Quartiersleiterin in Hamburg, mit Meike Lobo über das Wesen der Welt, Feminismus und Verzweiflung gesprochen.

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Meike Lobo hat für Schmetterlinge ein Händchen (Foto: privat)

Meike Lobo ist mir zum ersten Mal auf Twitter begegnet. Ihre kunstvoll formulierten Gedanken über ihr Leben, ihre Stimmungen und Perspektiven auf das Zeitgeschehen haben mich sofort fasziniert. Mit der Leichtigkeit eines Schmetterlings flattert die Autorin des großartigen Blogs „Frau Meike sagt“ von einer privaten Lebenskrise zu den großen Fragen der Menschheit. Ist das nicht irgendwie philosophisch? Das wollte ich genauer wissen. Deshalb freut es mich sehr, dass Meike sich für dieses Blog hat interviewen lassen. Vorsichtig haben wir uns angenähert. Erst per Mail, dann per Telefon.

Doch lest selbst, was sie über unsere Welt zu sagen hat.

„Ich will Zusammenhänge verstehen“

Christiane: Meike, auf deinem Blog „Frau Meike sagt“ stellst du dich folgendermaßen vor: „Ich bin Frau Meike. Ich mag Menschen nicht, aber ich verbringe viel Zeit mit dem Versuch, sie zu verstehen. Danach drehe ich meist durch.“ Warum diese schonungslose, fast schroffe Selbstbeschreibung? Was für ein Mensch verbirgt sich dahinter?

Meike: Der Leitfaden meines Lebens ist immer der Versuch gewesen, Zusammenhänge zu verstehen. Dieser Wunsch hat mich zu meinem Biologiestudium gebracht, ich wollte wissen, wie die Welt und das Leben, das sie ausmacht, so ist und funktioniert. Ich wollte Beziehungen erkennen und verstehen können, sowohl im kleinen, biochemischen als auch im großen, evolutionären und gesellschaftlichen Kontext. Marie Curie hat einmal gesagt „Man muss nichts auf der Welt fürchten, man muss es nur verstehen“ und ich halte diesen Satz für eine sehr, sehr große Wahrheit. Nicht-Verstehen führt zu irrationalen Ängsten, zu Vorurteilen, zu Abschottung und damit zur Verhinderung von Erkenntnis. Menschen stellen oft die Frage nach dem Warum gar nicht erst. Die Beantwortung dieser Frage halte ich aber für essentiell, wenn wir uns als Menschen weiterentwickeln wollen.

Christiane: Menschen, die versuchen, die Welt und die menschliche Existenz zu ergründen, zu deuten und zu verstehen, betreiben laut Wikipedia „Philosophie“. Für mich bist du so eine Art Netz-Philosophin. Das, was dich beschäftigt, auch sehr Privates, schreibst du ins Internet. Welche Bedeutung spielt das Digitale und die Digitalisierung in deinem Leben?

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„Ha! Philosophin“ (Foto: privat)

Meike: Ha, Philosophin! Für mich ist ja Philosoph eher ein Schimpfwort, weil das doch meistens furchtbar elitäre Männerclubs sind, denen es als letztes um die Vermittlung von Erkenntnissen geht, die noch nicht einmal versuchen, ihren weitsichtigen Gedanken für das gemeine Volk zugänglich und verständlich zu machen. Zu denen gehöre ich hoffentlich nicht.

Aber es stimmt, die digitale Welt hat für mich alles verändert. Ich habe mich aus Gründen in meinem Leben viel allein gefühlt, zu „realen“ Menschen bekam ich nur schwer Zugang, sie auch zu mir, ich hatte immer das Gefühl, nicht Teil dieser Menschen zu sein. Das Internet kehrte das vollkommen um: ich fand Gleichgesinnte, Freunde, Sexpartner, meinen Ehemann. Ich kommunizierte zwar oft nur schriftlich, aber dafür so aufrichtig und wahrhaftig wie nie zuvor in meinem Leben, es war eine ganz neue Form von Freiheit. Plötzlich bestand meine Welt mehrheitlich aus Menschen, zu denen ich Zugang bekam und sie zu mir. Ich habe überhaupt erst so etwas wie ein „normales“ soziales Umfeld, seit es das Internet gibt.

„Ich fühle mich unter Menschen sehr unwohl“

Christiane: Dein Mann Sascha nennt dich liebevoll seine “introvertierte Seite“. Du gehst nicht gern unter Menschen, hast aber keine Scheu, ihnen aus der Distanz mit gewaltigen Worten einen Spiegel vorzuhalten. Deinen Blog hast du passend mit: „Nichts interessiert mich an den Menschen außer den Dingen, die sie vor sich selbst zu verbergen versuchen“ überschrieben. Wie passt diese Scheu vor Menschen mit dem großen Interesse an ihrem verborgenen Wesen zusammen?

Meike: Es ist vielleicht eine Form von Überkompensation. Ich fühle mich unter Menschen meist sehr unwohl, aber wie mit den meisten Ängsten ist es auch hier so: je mehr man vor dem ausweicht, was einem Angst macht, desto größer wird die Angst. Vor zwei Jahren war ich schon an dem Punkt, an dem ich nicht einmal mehr geschafft habe, einmal die Woche im Supermarkt einzukaufen, weil mich die Idee anderer Menschen so gestresst hat. Aber irgendwie war mir klar, je weiter ich zurückweiche, desto mehr Raum gebe ich ihnen und meiner Scheu vor ihnen. Diese intensive Beschäftigung mit menschlichen Abgründen ist, glaube ich, meine Gegenwehr, denn wir erinnern uns: „Man muss nichts auf der Welt fürchten, man muss es nur verstehen.“ Ich ertrage die menschlichen Unzulänglichkeiten, auch meine eigenen, überhaupt nur, wenn ich sie mir ständig mit dem Vergrößerungsglas angucke.

Christiane: Du beschreibst dich als hypersensibel. Mit dieser Gabe kannst du Dinge erkennen und analysieren, die andere Menschen nicht sehen. Häufig kannst du sie nicht erklären und wunderst dich, warum andere das, was du siehst, nicht auch logisch finden. Wie lebt es sich mit dem Gefühl, so begabt zu sein verbunden mit der Angst, nicht verstanden zu werden?

Meike: Ganz ehrlich: blöd. Die meiste Zeit meines Lebens hatte ich das Gefühl, eine Sprache zu sprechen, die niemand außer mir versteht. Gerade bevor ich das Internet so intensiv genutzt habe wie heute. Erst danach traf ich Menschen, die nicht verständnislos glotzten, die nicht genervt waren, weil ich so wenig belastbar bin, sondern die sagten „Ich verstehe Dich, mir geht es genauso“. Das waren sehr schöne und intensive Momente, mit Mitte 30 zum ersten Mal zu merken, dass es andere wie mich gibt.

Auf meine übersteigerte Lärmempfindlichkeit allerdings könnte ich gut verzichten. Wenn man lärmempfindlich ist, merkt man erst, wie unfassbar viele Geräusche andere Menschen die ganze Zeit emittieren. Meine Menschenscheu geht zu einem Gutteil auch auf den Lärm zurück, den Menschen in der Regel für mich bedeuten.

Christiane: Was du aufschreibst, ist schonungslos analytisch. Du versucht zu erkennen, was Menschen antreibt, und was die Welt im Inneren zusammen hält. Im Sommer hast du dich für ein Buchprojekt so weit in die Entstehung der Welt und die Entwicklung der Menschheit reingedacht, dass du dich fragtest, ob wir Menschen überhaupt etwas bewegen können. Du empfindet unser System als dysfunktional – und das schon von Anfang an. Wie kommst du zu dieser Einschätzung, und wie wirkt sie sich auf dein Lebensgefühl aus?

Meike: Wir leben in einer Welt, in der die Menschen unter einem so großen Druck stehen, dass regelmäßige Aggressionseruptionen die Folge sind. Wir haben uns an eine Welt voller Kriege, Kriminalität und sexueller Gewalt gewöhnt, wir glauben, dass man ja eh nix dran ändern kann, so sind wir Menschen halt, naja. Aber warum sind wir so und sind wir überhaupt wirklich so? Gibt es einen biologischen Kern, wenn ja, welchen? Die Evolution ist alles Mögliche, aber nie sinnlos, es gibt immer einen übergeordneten Sinn. Ich wollte herausfinden, ob, wo und wie die Entstehung der Zivilisation ihn verändert hat. Schließlich stand ich vor einer langen Kausalkette, deren logischer Schlussstein die heutige Welt mit all ihren Grausamkeiten ist.

„Es ist eine Illusion, dass der Mensch die Zivilisation nach seinem Willen gestaltet“

Ich glaube, dass der Mensch niemals Herr seiner Kultur war, dass es eine Illusion ist, dass er die Zivilisation mit seinem freien Willen gestaltet. Der Antrieb für die Kulturexplosion nach der Sesshaftwerdung war immer das Streben nach Ressourcen, die Zivilisation diente von Anfang an nur einem Zweck: der Verbesserung der Lebensbedingungen durch Mehrung und Sicherung von männlichem Besitz (Frauen waren von Besitz ausgeschlossen). Dieser Trieb ist ein sehr ursprünglicher, sehr egoistischer, kaum zu überwindender Instinkt, der gegenläufigen Überlegungen nur eingeschränkt zugänglich ist. Alle stramm hierarchischen Ausbeutungs- und Auslieferungsstrukturen, die die Welt heute für viele Menschen ungerechter machen, gehen auf diesen Urinstinkt der Besitzanhäufung zurück. Der Trieb der Menschen schuf all dies, nicht ihr freier Wille.

„Bei dieser Menschheit wollte ich nicht mehr mitmachen“

Zu erkennen, dass wir winzige Federn in einem Orkan sind, unfähig, die negativen Langzeitfolgen bestimmter atavistischer Handlungsimpulse vorauszusehen und aus dem Orkan herauszusteuern, führte erst einmal dazu, dass ich bei dieser Menschheit nicht mehr mitmachen wollte. Eine sehr lange, sehr grimme Depression war die Folge, aus der ich nur mühsam wieder herauskam, danach versuchte ich, die Überschneidungen zwischen mir und dieser verhassten Welt zu verkleinern.

Unter anderem gehörte dazu die radikale Reduktion von Konsum, weil der Kapitalismus das menschenverachtende Herzstück dieser besitzgeilen Zivilisation ist. Schnaps hilft auch gelegentlich.

Christiane: Weil du dich als philosophische Autorin und Denkerin mit allen großen und kleinen Fragen unserer Gesellschaft wie Soziale Gerechtigkeit, Feminismus, Radikalisierung, Wirtschaft, Medien, Liebe auseinandersetzt, bekommst du mit deinen schonungslosen und unangepassten Analysen viel Beachtung. Gleichzeitig befürchtest du, nicht gehört zu werden. Warum bedeutet dir die Aufmerksamkeit und Anerkennung anderer Menschen so viel?

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Meike Lobo möchte mit ihren Texten der Welt  etwas Sinnvolles hinzufügen (Foto: privat)

Meike: Es geht dabei nicht um Aufmerksamkeit, zumindest nicht in diesem „Ich möchte berühmt sein“-Sinne. Wie die meisten Autoren glaube ich, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und folglich der Welt massig wertvolle Erkenntnisse geben zu können, die aus ihr einen besseren Ort machen. Ich hoffe, der Welt etwas Sinnvolles hinzufügen zu können mit meinen Texten, aber dafür muss die Welt natürlich auch erst einmal wissen, dass die Texte existieren. Jeder Mensch, der substanzielle Texte schreibt, tut dies für eine Öffentlichkeit.

Und mal aus dem Bloggernähkästchen: so viel Beachtung ist es gar nicht, ich habe ja bisher nur einmal für ein großes Medium geschrieben, alle anderen Texte erscheinen auf meinem Blog, das tatsächlich relativ überschaubare Besucherzahlen hat, wenn ein Text nicht zufällig oder weil mein Mann ihn mit seinen zigtausend Followern teilt, ein breiteres Publikum anspricht.

Christiane: Dieser viel beachtete Text, den du für ein großes Medium geschrieben hast, wurde im März des Jahres auf Zeit Online mit dem Titel „Die feministische Selbstdemontage“ veröffentlicht. Unter anderem wirfst du darin Feministinnen vor, keine Kritik zu zulassen. Gerade auf Twitter hat es viele engagierte Frauen aufgeregt, dass du dich auch für frauenpolitisch wenig engagierte Kindergärtnerinnen einsetzt und nicht nur an Quoten für Vorstandsposten denkst. Warum hat deine Haltung so viele Frauen erbost?

„Auch der Feminismus krankt an Meinungsverkürzung“

Meike: Ganz ehrlich: ich habe nicht den blassesten Schimmer. Ich habe mich immer für eine gerechte Welt eingesetzt, dafür, dass Frauen als Gegner, Partner, Denker und Macher ernst genommen werden und Anteil an der Gesellschaftsgestaltung haben. Aber der Feminismus krankt natürlich genauso an der Meinungsverkürzung und Radikalisierung wie alle anderen gesellschaftlichen Bewegungen auch. Jede Meinung, die auch nur einen Millimeter von der eigenen abweicht, wird zu ihrem völligen Gegenteil verzerrt. Ich sage, es gibt biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen, und Feministinnen lesen das dann als Forderung an die Frauen, sich endlich wieder um die Kindererziehung zu kümmern. Was natürlich vollkommener Quatsch ist. Der Feminismus arbeitet sich viel an Details ab, die in der Bewegung als kleinster gemeinsamer Nenner gelten, zum Beispiel der ausdrücklichen Betonung der weiblichen Form im Schriftlichen. Für die disqualifiziere ich mich schon dadurch, dass ich Frauen als MachER bezeichne.

Außerdem glaube ich, dass ein Teil dieser Leute mich als Antifeministin abgespeichert hat, seitdem ich 2013 einen kritischen Artikel zu der #Aufschrei-Kampagne geschrieben habe, in dem ich forderte, dass die Frauen aufhören, immer nur in der zeternden Opferrolle zu verharren. Jede wie auch immer gelagerte Kritik führt zu einer behaupteten Gegnerschaft. Diese debattenübergreifende Kritikunfähigkeit ist sehr tragisch, weil sie viele Diskussionen lähmt.

„Das Netz“ gegen Meike Lobo?

Christiane: Diesen umwerfend vielen und heftigen Reaktionen, diesem Buzz, hast du im Frühjahr einen „Buzz-Report Feminismuskritik auf deinem Blog gewidmet. Wie denkst du heute über das Thema?

Meike: Das Witzige ist ja, dass viele das als Shitstorm empfunden haben, also „Das Netz™ gegen Meike Lobo“, aber von meiner Position aus war das gar nicht so. Unter den Reaktionen, die ich gesehen habe, öffentliche Tweets zum Text und die Kommentare bei Zeit Online, äußerten ungefähr 60 bis 70 Prozent Zustimmung zu meinem Text. Aber in den Filterblasen der Social Justice Warrior und bestimmter feministischer Lager dürfte das ganz anders ausgesehen haben.

Enttäuschend war, dass viele der negativen Reaktionen meine Kritikpunkte so überaus bereitwillig bestätigt haben. Meine vielen, sehr unterschiedlichen Aspekte zu einer AfD-Nähe oder gar Vergewaltigungsbefürwortung zusammenzustauchen, ist ja keine sachliche Kritik an meinem Text, sondern genau das, was ich kritisierte: undifferenziertes Kreischen. Oder halt mangelndes Textverständnis, man weiß es ja nicht. Solche Reaktionen kann ich nicht ernst nehmen.

Christiane: Im Blogpost über „Maßstäbe, Mustererkennung und Stooges“ vom Juni des Jahres analysierst du, warum du mit deinem Buchprojekt nicht weiter kommst. Zum einen liegt es an deiner Erkenntnis, dass wir Menschen wohl doch nicht so viel bewirken können wie erhofft. Zum anderen aber auch daran: „Im Zusammenspiel mit den anderen Gründen, der allgemeinen Bedeutungslosigkeit von allem und meiner Angst, dass mir nicht geglaubt wird, ergibt sich eine zähflüssige Masse um meine Beine, die mich nicht vom Fleck kommen lässt.“ Ist diese Perspektive auf das Leben heute noch deine? Wäre Saschas „Age of Trotzdem“ keine Alternative für dich?

„Mein Mann ist Reformer. Ich bin Revolutionär“

Meike: Mein Mann und ich sind diesbezüglich sehr unterschiedlich, er ist Reformer, ich Revolutionär. Ich bin in vielem sehr viel radikaler als er, weshalb er an stufenweise Verbesserung glaubt, an die Korrektur kleiner Stellschrauben, und ich nicht. Nachbessern ist für mich zwei-, dreimal eine Option, aber wenn man auch Jahrzehnte nach dem Beginn der Korrekturen das Problem nicht an der Wurzel gelöst hat, dann ist das für mich ein Zeichen, dass da grundsätzlich etwas nicht stimmt. Dann versuche ich es lieber mit einem nagelneuen, weißen Blatt Papier, einem ganz neuen Ansatz, als an dem alten weiterzudoktern.

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Mit der Auflösung einer ganzen Zivilisation kennt sich Meike Lobo (noch) nicht aus (Foto privat)

Ich habe in meinem Leben schon öfter neu angefangen, habe radikale Brüche vollzogen, Berufe hingeschmissen, Beziehungen, Freundschaften, wenn mir aufging, dass die Entfremdung etwas Grundsätzliches ist und nichts, was man in Küchentischgesprächen bereinigen kann.

Zugegeben: mit der Auflösung einer ganzen Zivilisation kenne ich mich (noch?) nicht aus, aber bisher habe ich mit meinem radikalen Grundsätzlichkeitsansatz immer gute Erfahrungen gemacht.

Christiane: Was mich berührt ist deine Verzweiflung. “… deshalb verharre ich zwischen Entsetzen und Resignation, Nervenzusammenbruch und Loslassen und warte darauf, dass irgendetwas passiert.“ Wenn du als Netz-Philosophin aufgibst, wer denkt dann noch so radikal für uns vor?

Meike: Das ist natürlich eine ungeheure Schmeichelei, so etwas zu fragen. Bitte weitermachen.

Christiane: Okay, ich mache mal weiter: Wenn du den Nobelpreis für Literatur gewinnen würdest, was würdest du dann über die Welt denken?

Meike: Dass sie jetzt endgültig den Verstand verloren hat. Ich bin kein Bildungsbürgerkind, bei uns zuhause lief keine klassische Musik, niemand spielte Instrumente, Brecht, Mann und Heine gab es nur in der Schule (zum Glück!). Ich stehe der feingeistigen Hochkultur daher mit einer gehörigen Portion Skepsis gegenüber. Umso mehr, seit sie ihren Literaturnobelpreis jemandem verliehen hat, der nuschelt als hätte er gleich drei Wolldecken im Mund.

„Ich will Nicht auf das Frausein reduziert werden“

Christiane: Zum Schuss noch eine Bitte, die wir an jede Frau, die hier interviewt wird, herantragen: Welchen Gedanken oder was für eine Lebensweisheit magst du uns Digital Media Women auf Weg geben?

Meike: Ich muss gestehen, gar nicht so viel, weil ich Euch nicht so gut kenne. Ich finde es gut, dass ihr euch gesellschaftspolitisch weiterentwickeln wollt. Bei der gesellschaftlichen Teilhabe geht es ja auch darum, wie wir leben wollen

Generell finde ich es immer ein bisschen schade, dass viele feministische Ansätze einen Zusammenschluss von Frauen fordern. Wo Frauen als Frauen nur dann gehört werden, wenn sie als Kollektiv (Netzwerk) auftreten, da läuft etwas in der Gesellschaft falsch. Ich möchte nicht nur dann gehört werden, wenn zehn andere Frauen neben mir „Ja, ich auch!“ oder „Hier, hört mal alle auf die da!“ sagen. Das reduziert meine Äußerung auf mein Frausein und das will ich nicht.

Christiane: Liebe Meike, vielen Dank für deine Gedanken. Jetzt freue ich mich noch mehr auf dein Buch. 

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