Gerade Unternehmen in männerdominierten Branchen haben es schwer, qualifizierte Frauen für sich zu gewinnen. Aber wie kann es trotzdem gelingen? Das diskutierten die Teilnehmer*innen der 33. Ladies Logistics Lounge in Kooperation mit dem Hamburger Quartier der Digital Media Women.
„Employer Branding XX – Wie Sie Ihr Unternehmen für Frauen attraktiver machen“ lautete das Thema der Veranstaltung. XX stehe für das weibliche Chromosom, erläuterte Anke Nehrenberg von den #DMW Hamburg. Sie führte als Moderatorin durch den Abend. Rund 80 Frauen und Männer aus der Medien- und Logistikbranche waren am 15. August 2019 in die Handelskammer Hamburg gekommen. Wie und warum Arbeitgeber in ihrer Employer-Branding-Strategie ein besonderes Augenmerk auf Frauen legen sollten, zeigten die Referent*innen an konkreten Beispielen.
Mehr Vorbilder und gezielte Förderung
Erster Impulsgeber war Fabian Wylenzek, Leiter Recruiting Region Nord bei der Deutsche Bahn AG. Er berichtete von der innovativen Talent Acquisition bei der DB. Das Unternehmen zeige aktiv, wie Vielfalt gelebt wird. Zum Beispiel durch das Sichtbarmachen von Mitarbeiterinnen in Fach- und Führungspositionen oder durch gezielte Kampagnen zur Förderung von Gleichstellung bei der DB (#wirsindin). Dadurch sollen besonders Frauen angesprochen werden, sich auch für männlich konnotierte Berufe bei der DB zu bewerben.
Jobsharing als Win-Win-Win
Job-Sharing sei ein Win-win-win-Modell, sagte Alexandra Büßer, HR-Direktorin der Unilever Deutschland GmbH. Denn es ergebe weniger Stress, mehr Vielfalt und mehr Expertise. Argumente, die besonders Frauen bei Arbeitgebern zu schätzen wissen. Durch das Jobsharing von Alexandra Büßer und ihrer Sparringspartnerin profitiert Unilever von gemeinsamen 33 Jahren Berufserfahrung, tollen Erfolgen und vor allem mehr Energie für Job und Familie. Außerdem räumt Büßer in ihrem Vortrag mit den Mythen des Jobsharing auf: Es sei weder kompliziert, noch müsse man befreundet sein, wenn man sich eine Führungsposition teilt. Vielmehr sei es wichtig, die gleichen Ziele und Werte zu besitzen. Bei Unilever sei es so kein Problem, dass Mütter in Führung gehen. Gleichstellung sei bei Unilever auch Herzensthema des CEO Paul Polman – und das zahlt sich aus: Fast 50 Prozent der Führungskräfte sind Frauen.
Die Unternehmensführung muss Offenheit vorleben
Frauen hätten andere Kriterien für die Attraktivität ihres zukünftigen Arbeitgebers als Männer, berichtete Stefan Koop, Geschäftsführender Gesellschafter bei DELTA Management Consultants GmbH. Seine Erfahrungen als Headhunter: Vor allem Frauen schätzten Flexibilität bei Arbeitszeitmodellen und Home-Office-Optionen. Dies böten aber vor allem Arbeitgeber in traditionell männlich geprägten Branchen nicht oder nur widerwillig an. Deshalb rät Koop zu mehr Offenheit, wenn Arbeitgeber hochqualifizierte Frauen gewinnen möchten. Auch die Rolle des CEO dürfe dabei nicht übersehen werden. Wenn er oder sie sich aktiv für Diversität und Flexibilität einsetze, habe dies eine besonders positive Wirkung auf das Arbeitgeberimage und helfe, passende Menschen in das Unternehmen zu bringen und zu halten. Eine bisher oft unbeachtete Komponente spiele beim Employer Branding auch eine wichtige Rolle: Durch eine attraktive Altersvorsorge könnten Unternehmen qualifizierte Frauen (und Männer) für sich gewinnen.
Königin der eigenen Karriere werden
„Seien Sie Königin Ihrer eigenen Karriere und warten Sie nicht auf den Prinzen“, rät Sacha Rougier, Managing Director der CGH Cruise Gate Hamburg GmbH. Sie ist eine Initiatorin des Mentoringprogramms odyssa. Dabei geht es um die Ermächtigung und Ermutigung von Frauen, sich leitende Positionen gerade in männerdominierten Branchen wie der Logistik zuzutrauen. Durch die engen Verbindungen zwischen Mentorin und Mentee sollen individuelle Wege zur Führungsposition gefunden, und nicht nur über die Frage der Kinderbetreuung gesprochen werden. Als Mentorin-Mentee-Tandem berichteten Laureen Safarik, Leitung HR-Business Partner und HR-Projekte bei der Hamburg Port Authority AöR (HPA), und Sabrina Schimming, Referentin des Management Board der Hamburg Port Authority AöR, von ihren positiven Erfahrungen. Das Mentoringprogramm hat unter anderem zum Ziel, bis 2020 bei der HPA 22,5 Prozent Frauen in Führungspositionen zu bringen.
Der erste Schritt: Stereotype durchbrechen
Anschließend diskutierten die Teilnehmenden die Impulse aus den Vorträgen. Eine wichtige Erkenntnis: Die gesellschaftlichen Vorstellungen davon, welche Rollen Frauen und Männer bei der Kindererziehung und welche im Beruf einnehmen, spiegeln sich einerseits in den Unternehmensstrukturen wider. Andererseits sind sie auch in den Köpfen der Einzelnen verankert. Diese Stereotype zu durchbrechen, eröffnet eine echte Wahlfreiheit in Sachen Kinder und Karriere. Wichtig dafür sind auch Rolemodels und starke Partner, die Frauen bei ihrem individuellen Karriereweg unterstützen.
Darüberhinaus wurden Vorschläge gesammelt, wie Unternehmen attraktiver werden: Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit stellte dabei selbstverständlich die Grundlage dar. Aber auch Flexibilität bei Arbeitsort und -zeit, ein frühes Mentoring und die Aufklärung von Personalabteilungen und Mitarbeitenden über Unconscious Biases wurden als geeignete Instrumente für den Kulturwandel gerade in technischen Branchen herausgearbeitet.
In ihren Sketchnotes hat Ania Groß die Themen und Ergebnisse des Abends visuell festgehalten:
Fotos: Lidija Delovska