Was macht eigentlich eine… Social-Media-Analystin? #DigitaleBerufe

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Mit der Digitalisierung wandeln sich existierende Berufe und Neue kommen dazu. Die Abgrenzungen der Berufsbilder und die Aufgabendefinition ist in vielen Fällen noch nicht abgeschlossen. Kein Grund, nicht genau hinzuschauen und nachzufragen: „Was macht eigentlich ein_e …?“ Zum Thema #DigitaleBerufe starten wir eine neue Serie – die Idee dazu kommt aus unserer Community. In loser Abfolge geben Frauen aus unserer #DMW Community Einblick in ihren Berufsalltag in der Digitalwirtschaft. Heute mit der Social-Media-Analystin Hannah Monderkamp.

Hannah Monderkamp spricht über die Herausforderung als Social-Media-Analystin bei der Rheinischen Post, aus den vielen Informationen, Themen und Gesprächen im Social Web das Relevante herauszufiltern und immer den Überblick zu behalten.

Beschreibe bitte kurz deinen Job als Social-Media-Analystin

Wir alle bewegen uns, was Informationen und Neuigkeiten angeht, in einem natürlichen Umfeld mit überwiegend immer denselben Kontakten und Quellen. Je mehr Informationen es gibt, desto schwerer fällt es und desto aufwändiger ist es, sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen und aus der eigenen Filterblase auszubrechen. Das gilt natürlich auch für Journalisten, die dies unter großem Zeitdruck leisten müssen.

Dem soll das „Listening Center“ der Rheinischen Post entgegenwirken, indem es darauf hört, worüber Menschen wirklich sprechen. So soll es gerade im Lokalen die Redakteure bei der Themensuche unterstützen. Außerdem bündelt es im Engage-Bereich alle digitalen Kommunikationskanäle der Rheinische Post an einer Stelle, sodass wir nicht nur darauf hören, worüber gesprochen wird, sondern auch schnell reagieren können, wenn Nutzer mit uns kommunizieren.

Das Listening Center wurde 2016 unter Leitung meines direkten Chefs Daniel Fiene, Leiter Digitalstrategie, sowie des Chefredakteurs Michael Bröcker eingerichtet. Ich bin im Herbst 2016 als Social-Media-Analystin eingestiegen.
Hier stelle ich die Schnittstelle zwischen dem Tool und den Redakteuren dar. In erster Linie sammle ich dafür die Suchbegriffe und Keywords von den Lokalredaktionen ein, pflege die Suchen und erstelle Reportings. Längerfristig soll ich auch alle Redakteure darin schulen, das Tool selbst zu nutzen. Weiterhin ist es meine Aufgabe, unsere eigenen Social-Media-Aktivitäten auszuwerten und in Abstimmung mit dem Audience-Engagement-Team Verbesserungsvorschläge zu entwickeln.

Wie sieht dein Tagesablauf aus?

Mein Tag beginnt um 8 Uhr. Vor der Redaktionskonferenz der Online-Redaktion schaue ich in unsere Tools, um zu ermitteln, welche Inhalte viel geteilt werden und worüber im Internet gesprochen wird; auch um es gegebenenfalls in der Konferenz anzusprechen. Jeden Tag um die Mittagszeit erstelle ich dazu einen ausführlichen internen Newsletter. Darin steht auch, welche Resonanz unsere eigenen Artikel erzielen – wie oft sie also geteilt und kommentiert werden.

Unser erster großer Anwendungsfall für das Listening Center ist die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die im Mai 2017 stattfindet. Dazu haben wir eine Vielzahl von Keywords – etwa Namen, Parteien, Profile und weitere Begriffe – in unsere Suche eingespeist. Aus diesen Ergebnissen erstelle ich Reportings für die Politikredakteure und spreche zudem Themenempfehlungen aus.

Den Rest des Tages arbeite ich daran, das Listening Center weiter auszubauen, so dass bald alle Lokalredaktionen tägliche Reportings bekommen.

Der Dienstleister, der für uns das Listening Center entwickelt hat, arbeitet gerade an einem Algorithmus, der basierend auf unseren Suchanfragen Trends erkennt, bevor sie viral werden, und unsere Redakteure benachrichtigt. An diesem Ausbau bin ich, zusammen mit meinem Chef und meinen Kollegen, auch beteiligt.

Was ist die Herausforderung einer Social-Media-Analystin?

Auf operativer Ebene ist es vor allem herausfordernd, die Suchanfragen so zu formulieren, zu bereinigen und ständig zu verbessern, dass man nicht Unmengen von Trash herausbekommt. Denn im Internet stehen ja nicht nur hilfreiche Informationen.

Auf der Ebene der internen Kommunikation muss ich es schaffen herüberzubekommen, dass das Listening Center nicht zusätzliche Arbeit erzeugt oder Themen diktiert, sondern dass es als Tool eine wirkliche Unterstützung darstellt. Da habe ich wirklich Glück, denn bisher habe ich bei den Redakteuren durchgehend echtes Interesse erlebt. Dort, wo wir es einmal erklärt haben, kommen die Kolleginnen und Kollegen aus den Redaktionen sehr schnell selbst mit Vorschlägen für Suchanfragen auf mich zu.

Welche Tools nutzt du zusätzlich zu dem Listening Center?

In erster Linie nutze ich natürlich die vielen integrierten Funktionen unseres Listening Centers, das ja ein sehr komplexes und umfassendes Tool ist.
Außerdem verwende ich sehr gerne 10000 flies, das zeigt, wie oft unsere eigenen Artikel und die von anderen deutschen Medien in unterschiedlichen Zeiträumen geteilt, kommentiert und gelikt wurden. Hier kann man zudem verschiedene Trends beispielsweise aus Twitter, YouTube oder Google sehen.
Zur Auswertung unserer eigenen Kanäle verwenden wir die Pro-Version von Fanpage Karma.

Wie hältst du dich auf dem Laufenden / bleibst du up-to-date?

Das passiert in der Redaktion einer Tageszeitung und im Rahmen meiner Arbeit natürlich praktisch automatisch. In der Online-Redaktion verwenden wir zum Beispiel Slack, so dass ich einen guten Überblick darüber habe, worüber bei uns gerade recherchiert und geschrieben wird. Das ist natürlich auch wieder eine Filterblase. Aber ich schaue zusätzlich regelmäßig bei Twitter hinein.

Welche Websites und Konferenzen kannst du empfehlen?

Es ist ja ein sehr neuer Ansatz, Werkzeuge aus dem Marketing im Journalismus anzuwenden. Da die Arbeit, die wir machen, eigentlich Pionierarbeit ist, gibt es dafür keine spezifischen Informationsquellen. Ich versuche, im Bereich Journalismus und Social Media auf dem Laufenden zu bleiben. Hier bin ich ein großer Fan des Newsletters vom Social Media Watchblog. Auch turi2 sowie t3n lese ich regelmäßig. Ich besuche Barcamps und bin demnächst auf der re:publica in Berlin.

Wie siehst du die Entwicklung des Jobs in der Zukunft und welchen Einfluss werden Analysen in Zukunft auf digitale Angebote haben?

Der Vorteil des Internets ist, dass es Zugang zu immer mehr Infos, Themen und Gesprächen liefert. Davon können sowohl Unternehmen als auch Redaktionen profitieren. Die große Herausforderung ist, in der Menge der Informationen eine Systematik zu finden, um den Überblick zu behalten und zu wissen, worüber Menschen wirklich sprechen – und dabei nur das Relevante herauszufiltern, so dass es zeitlich machbar bleibt. Je digitaler die Welt wird, desto mehr brauchen Redaktionen Tools wie das Listening Center, die ihnen dabei helfen, den Überblick zu behalten. Am Ende braucht es aber immer noch einen Redakteur, der die Quelle bewertet und entscheidet, ob das Ganze ein Thema ist, und natürlich auch, wie es aufgegriffen und aufbereitet wird.

 

Social-Media-Analystin Hannah Monderkamp
Hannah Monderkamp (Foto: privat)

Hannah Monderkamp ist Social-Media-Analystin im Audience-Engagement-Team der Rheinischen Post. Davor arbeitete sie als Beraterin mit dem Schwerpunkt B2B bei der Digitalberatung kpunktnull. Während ihres Studiums bloggte sie unter anderem für die Karrierebibel und war in der Redaktion das Branchenmagazins stahlmarkt tätig.

 

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