Sie ist eine der erfolgreichsten Kinderbuch-Autorinnen der Welt. Ihre Karriere startete in Hamburg als Illustratorin, im Mai 2013 startete Cornelia Funke ihr App-Projekt „Mirrorworld“ aus Los Angeles. Am 26. September ist die schreibende Unternehmerin als Keynote-Speakerin beim Reeperbahn Festival (25.-28.09) in Hamburg dabei. Eine tolle Chance, mehr über Cornelia Funkes digitale Pläne zu erfahren und die ein oder andere Frage an sie zu richten. Wir starten mit einem Interview, in dem Cornelia Funke verrät, warum sie viel Geld investierte um eine eigene App entwickeln zu lassen, was sie Frauen rät, die am Anfang ihrer Karriere stehen, wie sie App-Entwicklerinnen ermutigt und welcher Klingelton aus ihrem Smartphone wummert.
Digital Media Women: In einer Arte-Reportage erzählten Sie, dass Sie die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sehr schätzen und beispielsweise beim Spaziergang am Strand mit Ihrem Hund nebenbei Mails beantworten. Ist das immer noch so? Immer noch ein Blackberry oder haben Sie inzwischen die Marke gewechselt? Wenn ja, warum?
Cornelia Funke: Wenn ich mit dem Hund spazieren gehe, hab ich eigentlich lieber ein Moleskine-Notizbuch dabei und einen Stift für Ideen. Aber ja, ich schätze es immer noch, dass ich E-Mails beantworten kann, während ich im Restaurant auf Freunde warte oder den ganzen Tag unterwegs bin. Und…ja, ich bin übergelaufen und habe inzwischen ein IPhone. Da ist es soviel leichter, Dr. Who als Textmessage-Ansage zu haben oder die Tardis als Ringtone. Außerdem bekomme ich inzwischen so oft visuelles Material geschickt, dass es leichter auf dem iPhone oder ipad anzugucken ist.
Sie haben eine App entwickeln lassen, die MirrorWorld-App. Ist das nicht ein ganz anderes Geschäft, als der Büchermarkt? Wo liegen die Vorteile?
Ich finde es wunderbar inspirierend, weil es die Möglichkeit eroeffnet, literarische Welten zu bebildern und aufwendig zu illustrieren, ohne dass man seine Seele an den Film verkaufen muss oder seine Verleger mit Illustrationswünschen ruiniert. Die begeisterte Reaktion von Buchhändlern, Verlegern und Bibliothekaren auf die App haben zum Glück gezeigt, dass diese Form als Unterstützung und nicht als Konkurrenz für das Buch begriffen wird.
Was unterscheidet das digitale Storytelling vom Storytelling in Büchern?
Als Geschichtenerzählerin, die gleichzeitig Illustratorin ist, kommt mir diese Form natürlich sehr nahe und erfüllt mir Wünsche visueller Umsetzung, die im Buch kaum bezahlbar sind. Außerdem kann ich die Apps selbst finanzieren, was mir bei einer Filmumsetzung nicht möglich ist.
Angenommen, eine Digital Media Woman meint, sie hat eine gute Idee für eine App oder ein digitales Projekt, was raten Sie: Welche Fragen sollte man sich im Entscheidungsfindungsprozess zur Veröffentlichung stellen? Wie erkennt man, ob das Projekt sich lohnt?
Ich entwickle erzählende Apps nicht, um mit ihnen Geld zu verdienen. Das ist zur Zeit noch sehr schwierig, weil die Entwicklungskosten sehr hoch sind und es noch keine etablierten Betriebswege gibt. Ich habe mich auf das digitale Abenteuer eingelassen, weil ich es endlos inspirierend als Künstlerin und Erzählerin finde und es mir die Möglichkeit gibt, meine eigenen Welten visuell zu interpretieren. Aber ich will natürlich niemandem den Unternehmungsgeist nehmen. Also… jedes kreative Abenteuer ist es wert, bedacht zu werden, und die digitalen Medien bieten unendlich viele Möglichkeiten für kreativen Ausdruck.
Sie haben Ihre ganze Familie in Ihre Unternehmungen mit eingebunden. Ihre Schwester Insa betreut beispielsweise Ihre Website. Was sind die Vorteile, wenn ein Verwandter die eigenen Projekte betreut? Sie könnten sich auch die teuersten Agenturen leisten. Warum machen Sie das so?
Ich liebe es, mit Freunden zu arbeiten, und dazu gehören manchmal auch Familienmitglieder. Ich trenne privat und beruflich nicht gern, dazu macht mich die Verbindung von beidem zu glücklich. Fast all meine engsten Freunde arbeiten auch auf irgendeine Weise mit mir.
Sind Sie oft als Speakerin unterwegs? Haben Sie Tipps für junge Speakerinnen?
Nein, so etwas mache ich nur selten, und dann meist zusätzlich zu Lesungen oder als Teilnehmer eines Diskussionsforums. Durch die App häufen sich allerdings die Anlässe und Einladungen und da ich von dieser Erfahrung so begeistert bin, spreche ich natürlich gern darüber. Wenn ich als Speaker auftrete, improvisiere ich gern, was nicht jedem liegt, und versuche, statt eines langen Vortrags einen Dialog mit dem Publikum herzustellen, damit ich auch wirklich über das rede, was die Zuhörer interessiert.
Ihre Tochter Anna ist heute 23 Jahre alt. Was wünschen Sie sich für ihre Karriere?
Ich bin sehr glücklich mit der Art, wie Anna ihr Leben angeht. Sie reist sehr viel und zu sehr abenteuerlichen Orten, sie wird im Herbst ihr Masters in Archeological Conservation in London beginnen (wir nennen sie Indianna) und sie glaubt wie ich fest daran, dass Frauen Karriere und Familie verbinden können. Sie hat bei mir gesehen, wie glücklich das macht, und wie schön es ist, als Mutter von den eigenen Kindern nicht nur als Mutter, sondern auch als berufstätige Frau erlebt und begriffen zu werden. Ich reise alle acht bis zehn Wochen nach London, um Zeit mit ihr zu verbringen und das ist jedesmal wunderbar.
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Ich freue mich sehr, nach der Keynote von Cornelia Funke auf dem Reeperbahn Festival die Diskussion moderieren zu dürfen. Wenn ihr eure Fragen jetzt schon loswerden wollt – kommentiert den Beitrag!