Cryptosensibilität, Chaospatinnen und Role Models – Ein #30C3-Rückblick

Nach Kixkas Bericht vom #29c3 war es um einige von geschehen und der Entschluss, ein Ticket für den #30c3 – den Jahreskongress des Chaos Computer Club – zu kaufen, stand. Auch wenn die Zeit zwischen den Tagen eigentlich immer der Ruhe gewidmet ist. Das CCH bietet wirklich eine optimale Infrastruktur, dort sollten häufiger digitale Konferenzen stattfinden. Ein großes Lob gebührt den OrganisatorInnen und zahlreichen „Angels“, denn alles ist eindrucksvoll professionell und reibungslos (bei der Masse an Besuchern!) organisiert. Für Neulinge gab es erstmals die ChaospatInnen, die sich an 30C3 interessierte Menschen, Außerirdische, Nerds und N00bs richteten und ihnen Hilfestellung boten. Wir haben das leider nicht genutzt, aber die Idee klingt toll und wer nach diesem Artikel ein Ticket für den #31c3 zu kaufen gedenkt, sollte sich das unbedingt merken. Hier kommt der Rückblick einiger DMW zum diesjährigen Kongress:

Carolin Neumann

Carolin bei der #fsa13-Demo im September in Berlin
Carolin bei der #fsa13-Demo im September in Berlin

Der Jubiläumskongress war mein erster, um das gleich vorneweg anzumerken. Mir ein vollständiges Urteil über das jährliche Treffen zu erlauben, wäre sicher vermessen angesichts der wenigen Stunden, die ich dort verbracht habe. Mein Eindruck ist vor allem ein sehr persönlicher: Als ich mir vor Kurzem impulsiv das Ticket kaufte, war das eher aus einer Sollte-man-mal-gesehen-haben-Laune heraus, zumal ich mich nach meiner in 2013 erwachten Cryptosensibilität mehr denn je den Anliegen des CCC verbunden fühlte.

Vor Ort habe ich festgestellt, wie wohltuend und gleichzeitig schwierig es ist, mich aus meiner Filterblase, aus meiner Komfortzone herauszubewegen. Bin ich sonst auf Barcamps und Konferenzen stets vorne mit dabei oder zumindest gemütlich im Mittelfeld unterwegs, war ich hier ein N00b wie noch nie. Das ist in Ordnung, wenn man in der richtigen Stimmung und – gerade ich als Journalistin – gut vorbereitet ist. Was ich beides nicht war. Dafür kann allerdings der Kongress nichts.

Aber vielleicht wird’s ja beim #31C3 besser! Jenseits der Code-beladenen Talks hat der Kongress nämlich durchaus auch für mich als Digitaljournalistin, Digital Media Woman und neuerdings eben Cryptofan einiges zu bieten, am dritten Tag zum Beispiel mit dem Talk über Nerds im News Room. Leider fanden viele der für mich spannenden Dinge jedoch zu Uhrzeiten statt, zu denen ich nicht mehr sonderlich aufnahmefähig bin, so dass ich das Meiste ohnehin im wahrsten Sinne verschlafen hätte. Auch da kann der Kongress aber nichts für.

Kixka Nebraska

Was für die Debütantin der Wiener Opernball, ist für den Nerdnachwuchs der Chaos Communication Congress. Nachdem ich letztes Jahr schon mal einen Tag vorfühlte und begeistert eine geballte Ladung Hackernews, Datenschutz, Bällebad und ein tieferes Verständnis für das Leben von Tamagotchis abfangen konnte, war ich langfristig euphorisiert. Diesmal wurde also das Congress-Ticket für die gesamte Zeit geordert, was sich für mich aber nur bedingt gelohnt hat. In jedem Fall zumindest, um meinen Nachwuchs dort einzuführen: Der größere hatte dieses Jahr ein durchgehendes Up-and-coming-Ticket und nahm begeistert am Chaospatinnen-Programm teil. Dort absolvierte er erfolgreich einige Punkte der to-do-Liste („und? Hast Du schon was erledigt?“ „Ja, ich habe Nick Farr gefunden und umarmt„). Gemeinsam sahen wir uns „Bullshit made in Germany“ von Linus Neumann an. Der jüngere Nachwuchs wurde am Junghackerday vom älteren ins Lockpicking eingewiesen, begleitete mich ganz angetan in die Fortsetzung des Tamagotchi-Talks und war auch ansonsten von der Kongress-Atmosphäre ganz angetan.

Lockpicking beim Junghackerday #30c3   Foto: Kixka Nebraska
Lockpicking beim Junghackerday #30c3
Foto: Kixka Nebraska

Ich selbst gönnte mir dieses Jahr zwei Schichten als Engel am Infodesk, was auf jeden Fall interessant und unterhaltsam war. Sehr schade war der viel zu schnelle Ausverkauf der Hoodies und T-Shirts bereits am zweiten Tag, da gab es viele traurige Interessierte. Mehrere Männer meinten mehr Frauen als im letzten Jahr auf dem Kongress wahrgenommen zu haben, was nicht meinem Eindruck entspricht. Es waren Frauen da, aber nicht so besonders viele und schon gar nicht mehr als 2012. Im kommenden Jahr würde ich mich tendenziell wieder auf einen Tag beschränken, unter anderem, weil die Talks alle hervorragend im Stream zu verfolgen sind und auch nachträglich mit mehr Ruhe und bei besseren CO2-Verhältnissen als Aufzeichnung angesehen werden können. Empfehlenswert ist ein Besuch für Menschen, die Daten-sensibel und digital interessiert sind, aber in jedem Fall.

Sanja Stankovic

Man liest immer wieder, dass sich in Teilen „Alteingesessene“ über die Masse an Besuchern und Nicht-Nerds und die in ihren Augen zum Teil mainstreamigen Themen stören. Ich kann das in Teilen verstehen und auch wieder nicht. Ich finde, dass der CCC es als ausgesprochen großen Erfolg verbuchen darf, dass sie auf ein breites und großes Interesse stoßen. Das sehen die OrganisatorInnen zum Glück auch so! Selbst meine „internet-kritische“ Mutter fand es super, dass ich hinging und sagte mit leuchtenden Augen „Das ist bestimmt total spannend und auch sehr wichtig wegen der Sache mit Snowden!“. Recht hat sie, denn Snowden und die Folgen waren das dominierende Thema.

Sanja Stankovic (Foto: Rieka Anscheit)
Sanja Stankovic (Foto: Rieka Anscheit)

Der Talk „Even More Tamagotchis Were Harmed in the Making of this Presentation“ von Natalie Silvanovich war für mich großartig in zweierlei Hinsicht. Erstens hat sie ihr Tamagotchi den Harlem Shake tanzen lassen und zweitens hat sie Hunderte von Nerds mehrfach zum Lachen gebracht und ich war ganz fasziniert, denn ich habe kaum etwas von dem verstanden, was sie erzählt hat; man merkte es am zeitversetzen Lachen 😉 Sehr spannend fand ich ebenfalls die Kunst von Aram Bartholl, der unter dem Titel Hello World seine großartigen Projekte aus den letzten zehn Jahren vorgestellt hat. Hier findet ihr eine Übersicht. Aus der Reihe beeindruckende Frauen muss man unbedingt noch Elizabeth Stark erwähnen, die bei #SOPA, #NSA, and the New Internet „Lobby“ von ihren Erfahrungen mit der Organisation von Graswurzel-Bewegungen berichtete. Sie möchte ich künftig mehr auf den Bühnen von Digitalkonferenzen sehen.

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