Über App-Entwicklung und –Vermarktung im Berliner Adlon Hotel sprechen, dem Symbol für die Old Economy schlechthin? Ja, geht und zwar ziemlich gut. Der App Promotion Summit hat mit seinem zweiten Auftritt in Deutschland eine ordentliche und sehr gut organisierte Veranstaltung hingelegt. Die Highlights:
Netzwerken
Das erste Learning des Tages: 10er Tische im Hochzeitsaufstellung macht das Netzwerken tatsächlich leichter. Die Organisatoren verzichteten bewusst auf die klassische Konferenzbestuhlung, bei der die Teilnehmer nebeneinander (oder gar mit dem Block auf den Knien) sitzen. Stattdessen wurden sie an runden Tischen platziert und zwischendrin mit kurzen Impulsfragen zum Austausch untereinander animiert. Eine schöne Idee, die auch noch funktioniert.
Wissensträger
Nicht selten haben Konferenzbeiträge einen schalen Beigeschmack. Von den 10 zur Verfügung stehenden Minuten werden mindestens die Hälfte dem eigenen Sales Pitch gewidmet. Die eigentlichen Inhalte bleiben dann zwangsläufig eher oberflächig. Der App Promotion Summit hingegen überrascht positiv durch die Offenheit der Speaker. Andy Carvell von Soundcloud stellte den „Mobile Growth Stack“ vor, eine Sammlung von Learnings im App Marketing, in die das Wissen von einigen Monaten eingeflossen sein muss. Marie Steinthaler von Hopster und Tom Leclerc von Wooga teilten recht detaillierte How Tos zum Review Mining. Die interessantesten Fakten:
- 9 der 10 erfolgreichsten Apps haben weniger als 5% schlechte Reviews
- Der iOS8 Appstore ermöglicht App Preview Videos, die den Download innerhalb von 29 Tagen um 16% steigern können. Dafür braucht es nicht mehr als ein paar Screenshots, Musik und Sprechertext
- 80% der Apps auf einem Smartphone werden nie genutzt
- Ist ein User nach Download inaktiv erreicht er durchschnittlich nach einer Woche den „Point of No Return“ und das App bleibt unbenutzt. Darum lohnt es sich beim Retargeting, die Ressourcen auf User innerhalb dieser Zeitmarke zu beschränken
- TV Werbung für Apps ist durchaus sinnvoll, denn die durch TV gewonnenen User sind dem App 20% mehr verbunden als andere.
Gute Formate
In der „App Marketing Clinic“ wurden die Fragen von drei Teilnehmern von Experten wie Kristina Rothe und Mick Rigby ausführlich diskutiert – Weiße Kittel und Stetoskop inbegriffen. Ja, ein bißchen Show am Nachmittag darf gerne sein.
Inhaltlich bot der Summit sowohl für Einsteiger als auch Experten neue Anstöße und neues Wissen. Organisatorisch also eine rundum gelungen Veranstaltung. Aber wir wären nicht die DMW, würden wir nur auf Inhalte und Ablauf solcher Events und nicht auch auf die Frauenbeteiligung schauen. Zwar wissen wir aus Gesprächen mit den Organisatoren, dass alles daran gesetzt wurde, die Frauenquote zu erhöhen – unter anderem mit der Suche auf speakerinnen.org, aber leider verloren sich auch hier die weiblichen Sprecher auf den Panels statt im Rampenlicht eine Keynote zu halten. Wir haben die Veranstalter bereits angesprochen mit uns nächstes Jahr noch gezielter an der Frauenbeteiligung zu arbeiten.
Drei weitere Digital Media Women haben sich zum Tag eine Meinung gebildet. Melanie Gömmel aus dem Orga-Team und ich wurden unterstützt durch die Gewinnerinnen der Verlosung: Sibylle und Gesche. Sibylle aus Hamburg arbeitet seit zwei Jahren an der Smartphone App „Wohn-Manko“. Die App hilft Mietern von mangelbehafteten Wohnungen dabei, diese Mängel zu melden, um Beseitigung zu bitten und evtl. Miete zu mindern. Gesche aus Berlin hat eine Wildcard für den Summit gewonnen. In der Auslosung ursprünglich ohne Glück fanden die Veranstalter die Beschreibung ihrer Urban Gardening App so interessant, dass sie der Entwicklerin ein gratis Ticket zur Verfügung stellten. Gesche und ihr Team wissen eine Menge darüber, wie easy gardening für Leute ohne grünen Daumen funktionieren kann. Nur beim App und Online Marketing klafft noch ein Lücke. Im Frühjahr wollen sie den App-Store stürmen.
Und das sagen die DMW vor Ort zum Summit:
Das APP Promotion Summit ist die perfekte Konferenz für professionelle App-Entwickler und Mobil-Neulinge. Meine Lessons Learned: Entwickler sollten sich nicht nur auf Downloads, sondern vielmehr auf Dialog und Nutzerbindung „Stickiness“ konzentrieren. „Nur“ eine schicke App reicht heutzutage lange nicht mehr aus, um in der Masse der Apps herauszustechen.
Gesche: Ich fand die Veranstaltung total inspirierend und die Netzwerk-Diskussionen zwischen den Vorträgen waren prima, um die Informationen einmal sacken zu lassen und sich ungezwungen auszutauschen. Ich nehme zahlreiche Key Takes mit und im Moment trifft „done is better than perfect“ am besten auf unsere Gründungssituation zu. Mein Lieblingsvortrag war von Mick Rigby, einfach weil ich gute Unterhaltung einem faktentriefenden Chart vorziehe. Ein Aha Moment war die Info, dass 80% der Apps auf einem Handy genau null mal genutzt werden. Dass die Nutzungsrate dermaßen gering ist, war mir neu.
Sibylle: Durch die Teilnahme beim APS in Berlin habe ich mir neue Ideen und Anregungen versprochen – und wurde nicht enttäuscht. Natürlich habe ich auch noch viele nette neue Kontakte knüpfen können, das Netzwerken kam trotz der prall gefüllten Agenda nicht zu kurz. Ich kann keine der Präsentationen besonders hervorheben, jede war wertvoll und informativ. Besonders gut gefallen hat mir die App Clinic: Konkrete Apps wurden diagnostiziert und ein Expertenpanel hat dann hilfreiche Tipps zur Verbesserung des App Marketings gegeben. Mein Fazit: Spannendes Event, interessante Leute, wachsender Markt, aber wie so oft: zu wenige Teilnehmerinnen und Speakerinnen. Die Herren waren stärker vertreten, aber da arbeiten wir ja dran…“