Die Digital Media Women München hatten am Abend des 25. November 2014 zur Podiumsdiskussion „Zeit für Antihelden? – Wie Führung in der Zukunft aussieht“ eingeladen.
Ankommen, sich aufwärmen und austauschen. Gesprächspartner waren schnell gefunden, Visitenkarten wurden getauscht, immer mehr ZuhörerInnen kamen an, und nach und nach wurden die Plätze eingenommen.
DIE WELT IST VUKA UND DIE FÜHRUNGSKULTUR MUSS SICH ÄNDERN
Im Impulsvortrag zeichnete Martina Raschke sowohl das Bild der „alten“ Führungskraft, die vor allem durch ihre Persönlichkeit und feste Planung das Ziel der Profitmaximierung verfolgt, als auch das der heutigen Führungskultur, die sich durch Information, iteratives Vorgehen und Integration auszeichnet. Die neuen Anforderungen an die Führungskräfte sind vielen Faktoren geschuldet: Die Welt ist volatil, unsicher, komplex und ambivalent (VUKA). Viele Bereiche müssen zügig auf Veränderungen reagieren, ihre Geschäfte und damit auch die Mitarbeiter agil führen. Was heute funktioniert, kann morgen bereits überholt sein.
Außerdem hat sich das Selbstbild des Arbeitnehmers geändert. Am diesem Abend wird die Generation Y als Synonym eines interessierten, fordernden und mündigen Arbeitnehmers verwendet, der sich nur noch schwer im Stil der 3 Ps (Führungs-Persönlichkeit, Planung, Profitmaxierung) führen lässt, weil dieser Stil dem Mitarbeiter kaum Platz bietet, eigene Ideen einzubringen. Wirtschaftliche Zusammenhänge werden in der sich überholenden Führungskultur nicht transparent dargestellt – mit all den kleinen ausschließenden Momenten im Arbeitsalltag wird die Identifikation mit der Arbeit und dem Unternehmen zunehmend schwerer. Nach der These von Martina Raschke bedeutet die neue Führungskultur in Unternehmen, dass Partizipation, Information, Transparenz und Kommunikation gelebt werden müssen – und Vertrauen im Mittelpunkt steht.
Mitarbeiter haben Lust auf Spitzenleistung, weil das mit Sinnhaftigkeit, Wertschätzung, Vertrauen und Begeisterung einhergeht. Und genau darin besteht die Anforderung an die neuen Führungskräfte: den Weg frei machen für optimale Arbeitsergebnisse der Mitarbeiter.
PRAXIS: VON STABILITÄT, TEAMGEIST UND TRANSFORMATIONSGESCHICHTEN
Wie das in der Praxis aussehen kann, diskutierten neben Martina Raschke von zukunftswerk eG, Dörte Kaschdailis, Head of Operations der Planet Sports GmbH München, Marina Fiedler, Professorin für Management, Personal und Information an der Universität Passau und Sabrina Rödig, Manager People Development der Telefónica Germany. Die Moderation des Abends übernahm Maren Martschenko von den Digital Media Women München. Die Teilnehmerinnen unterstrichen in ihrer Vorstellungsrunde die Thesen des Impulsvortrags mit Beispielen aus dem Alltag und erläuterten aktuelle Herausforderungen. Schon nach den ersten Sätzen auf dem Podium wurde deutlich, dass es nicht darum geht, welche Qualitäten Spitzenkräfte in Unternehmen künftig, sondern welche sie jetzt, d.h. aktuell mitbringen müssen.
Dörte Kaschdailis leitet bei der Planet Sports GmbH ein Team von 40 Mitarbeitern. Die eCommerce-Branche erfordert schnelle Reaktionen – da heißt es, agil zu bleiben und die Mitarbeiter in den Entscheidungen mitzunehmen. Die Führungskraft von heute muss für die Stabilität sorgen, die außen fehlt und gleichzeitig die ganze Diversität in einen Guss bringen. Der Sport und die Leidenschaft für einen gewissen Lifestyle sorgen neben gemeinsamen Aktivitäten der Abteilungen für das verbindende Gemeinschaftsgefühl. Das wird ebenfalls im Leadership-Team vorgelebt. Denn nur, wenn das Gemeinschaftsgefühl stark ist, Transparenz und Vertrauen gegeben ist, wird die Extrameile gegangen, die von Zeit zu Zeit nötig ist.
Sabrina Rödig, Manager People Development der Telefónica Germany, ist mit ihrem Team u.a. für die Entwicklung der Führungskräfte verantwortlich. Sie betonte, dass die Führungskraft von heute Teil des Ganzen sein muss. Es genügt nicht mehr, das Geschehen von außen zu beobachten – heute heißt es, gemeinsam auf dem Spielfeld zu stehen und mitzumachen. Mit speziellen Trainings können die Führungskräfte lernen, nicht nur Informationen weiterzugeben, sondern auch Probleme anzusprechen und Visionen zu zeichnen, damit aus Betroffenen Beteiligte werden.
Marina Fiedler, Professorin für Management, Personal und Information an der Universität Passau, unterstrich, dass bei Veränderungsprozessen am Anfang auch das Bild der „brennenden Treppe“ kommuniziert werden muss, und dann die Transformationsgeschichte kommt.
Der Mitarbeiter muss wissen, wo das Unternehmen und die Wettbewerber stehen. Nur wenn die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen vermittelt werden kann, wird der Glaube an die Veränderungen größer, und die Visionen werden gelebt.
GENERATION Y
Auf dem Podium war man sich einig, dass die Generation Y – und damit das neue Bild von Arbeitnehmern – heute mehr Forderungen an Unternehmen und Führungskräfte stellt.
An der Universität Passau erhalten die Absolventen innerhalb von drei Monaten sechs Job-Angebote. Was auf der einen Seite für Freude sorgt, muss auf Unternehmensseite abbildbar sein. Das betrifft vor allem die Frage danach, was ein Unternehmen tun kann, damit der Interessent seine Arbeitskraft und sein Know-how dem Unternehmen zur Verfügung stellt.
Die Generation Y im Publikum konnte sich mit der Beschreibung ihrer Generation nicht unbedingt identifizieren.
Während sich die Unternehmen und Personalabteilungen darauf einstellen, spezielle Forderungen vertraglich abzubilden, bleiben im täglichen Doing die Herausforderungen für die Führungskraft bestehen.
Auch wenn das sinnhafte, eigenverantwortliche und selbstbestimmte Arbeiten der Generation Y eine Herausforderung für das Leadership ist, müssen sie sich dennoch ihre Position im Unternehmen hart erkämpfen.
GUTES LEADERSHIP BRAUCHT EINE GUTE UNTERNEHMENSKULTUR
Führungskräfte müssen sich auf neue Anforderung einstellen, allerdings muss auch das Unternehmen seinen Teil für ein optimales Miteinander beitragen, die Führungskultur vorgeben und so den Weg für die Führungskräfte ebnen. Das kann zum Beispiel auch bedeuten, für die jeweiligen Lebenszyklen verschiedene Arbeitsmodelle anzubieten.
So fand die Podiumsdiskussion ihren Abschluss mit den Worten, dass Unternehmen nicht überleben werden, wenn sie ihre Führungskultur nicht verändern.
WEITERE STATEMENTS
https://twitter.com/OhMyJob_de/status/537324041552793600
Anna-Katharina Geißinger (Referentin Social Media, Flughafen München GmbH) Die beschriebene Situation, die die Generation Y aus Sicht der Diskutanten haben, kann ich nicht nachvollziehen. Sehe ich mir beispielsweise meine Ex-Kommilitonen an, gab es diese Situation nicht einmal – ganz im Gegenteil. Viele haben ein Praktikum nach dem anderen belegt – natürlich unbezahlt – und haben sich schlussendlich dazu entschieden, doch weiter zu studieren, um nicht auf der Straße zu sitzen. Bei mir selbst war das etwas anders: Ich hatte großes Glück und gleich zwei Angebote. Ich muss ehrlich zugeben, in den Vorstellungsgesprächen habe ich schon sondiert, welche Möglichkeiten und welche Freiheiten ich im Job haben werde: Sabbatical, die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums und so weiter. Wenn die vorangegangen Generationen für diese Privilegien gekämpft haben, sollten wir, die Generation Y, diese auch einfordern. Allerdings bedeutet dies für uns auch eine Menge Verantwortung. Unsere Leistungen müssen stimmen. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass sich die gestandenen Führungskräfte erst auf die Generation Y einstellen müssen. Aber sie stellen sich den neuen Herausforderungen und suchen offen das Gespräch, wenn sie bemerken, dass etwas nicht stimmt. Hier haben sich bisher alle sehr offen gezeigt.
Beate Mader (VISION³ | Kommunikation mit Persönlichkeit) Ich habe schon einige Vorträge und Diskussionen zu „neuer“ Führung erlebt, bin aber positiv überrascht worden bei den DMWmuc. Ein runder Abend mit spannenden Statements, guten Frauen, sehr unterschiedlichen, dann doch wieder sehr einheitlichen Gedanken. Sehr inspirierend. Danke.
Herzlichen Dank auch an Simone Naumann für die Eventfotos!