Als ich die Katze zum Miauen gebracht hatte, konnte ich mir einen Freudenschrei nicht verkneifen. Nur wenige Minuten hatte es gedauert – ein paar Bausteine hier hochladen und da noch ein bisschen Text eingeben – da hatte ich meine erste App programmiert. Einem Tutorial folgend und nach Bausatz statt mit hartem Code, aber hey, ich habe eine App programmiert!
Einen ganzen Samstag vor Kurzem habe ich mich an ein Thema gewagt, dass mich als DigiWoman nun schon seit einiger Zeit beschäftigt: dem Bedürfnis, nicht nur Websites und Applikationen zu nutzen, sondern ein tieferes Verständnis für sie zu entwickeln und in Code mehr zu erkennen als hübsche bunte Zeilen. Das Buch, das mir HTML und CSS beibringen soll, liegt bereits seit einiger Zeit auf dem Schreibtisch; ihr wisst, wie das manchmal ist mit den Vorsätzen, so sehr man es auch will. Da kam mir der „App Day für Große“ kürzlich sehr gelegen. Eine Gruppe begeisterter und begeisterungsfähiger Entwicklerinnen und IT-Interessentinnen hatte im Hause Hanse Ventures zum Workshop geladen.
Anders als bei schnell gescheiterten Versuchen mit CodeAcademy und Co. hat mich das von den Damen für diesen Tag gewählte Werkzeug, der vom MIT entwickelte App Inventor (mehr in der Wikipedia), sofort überzeugt. Die im Vorhinein angepriesenen Lernerfolge kamen damit tatsächlich. Die Organisatorinnen wollten zeigen, „dass jeder programmieren lernen kann, ohne vertiefte Mathematikkenntnisse oder detailliertes Technikwissen“, erzählte mir eine von ihnen, Diana Knodel, und das haben sie geschafft. Um mit dem App Inventor innerhalb von Minuten das Bild einer Katze bei Berührung zum Miauen zu bringen, brauchte ich nur ein paar Bausteine heraussuchen und richtig positionieren. Kleinigkeiten, aber der gefühlte Erfolg war riesig. Ich hatte etwas erstellt, das ich nun auf mein Android-Smartphone herunterladen (der App-Inventor ist eine Google-Anwendung und damit nur für Android brauchbar) und anderen zeigen konnte.
Mit dem Angeben (also meiner Mama schicken und „Guck mal!“ rufen) habe ich aber noch etwas gewartet. Denn zwei Stunden nach dem ersten Miauen meiner digitalen Katze hatte ich dann bereits die zweite App fertig, ebenfalls nach Tutorial gebaut, aber mit Abwandlung: Mein Magic-8-Ball antwortete, wenn ihm eine Frage gestellt wurde, nicht mit dem typischen „Outlook so so“ oder „My sources say no“. Im Test hat er auf „Wird heute gutes Wetter?“ gerne mal „Winter is coming“ gesagt oder hin und wieder mal „Just google it, damn it!“ geschimpft.
Veranstalterin Diana ist IT-Projektmanagerin, hat in diesem Jahr ihr Start-up SpeedSpiration vorangetrieben und baut jetzt das Hamburger Chapter der OpenTechSchool auf. Das ist eine Community-Initiative, die kostenlose Programmier- und Tech-Workshops anbieten will. In Berlin gibt’s das schon seit einigen Monaten, nun also auch Hamburg. Drei Dinge, die laut Diana von der OpenTechSchool zu erwarten sind: „Spaß, die richtigen Lernressourcen und Kontakt mit anderen Lernbegeisterten.“ Ich kann alles unterschreiben, obwohl ich lustigerweise auch festgestellt habe, dass ich passend zum gängigen Coder-Klischee relativ bald lieber mit Kopfhörern in die Welt meiner Programmier-Bausteine abgetaucht wäre anstatt den Kontakt mit den „anderen Lernbegeisterten“ auszunutzen.
App Summer Camp – Kids lernen programmieren
Der „App Day für Große“ war übrigens die sehr gelungene Generalprobe für das App Summer Camp, das Diana gemeinsam mit anderen kommende Woche ausrichtet. Die Zielgruppe sind Schülerinnen der Klassen 8, 9 und 10, die genau wie wir „Großen“ neulich keinerlei Erfahrungen mitbringen müssen und an vier Workshop-Tagen die Grundlagen der Programmierung kennenlernen sollen. Sie werden – ebenfalls genau wie wir’s taten – eigene Apps fürs Smartphone entwickeln. Professionelle Entwicklerinnen unterstützen die jungen Programmiererinnen als Coaches in der Woche, außerdem kommen Vorbilder zu Besuch, um sich und ihre Arbeit vorzustellen.
Ihre Motivation vor allem für dieses Coaching junger Mädchen beschreibt mir Diana im Gespräch so: „Wir merken häufig, dass Mädchen wenig über Informatik wissen und/oder Vorurteile haben. Informatik ist so ein tolles und interessantes Fach.“ Sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter möchten den Mädchen zeigen, „dass es gar nicht so schwierig ist, eigene Apps zu entwickeln“. Und dass sie sehen, „wie viel Spaß Programmieren machen kann“. (Klickt mal in die Bildergalerie. Das ein oder andere Foto zeugt davon, wie viel Spaß schon uns Großen das Anfänger-Coden gemacht hat.) Wer sich anschauen will, was die Schülerinnen in vier Tagen mit dem AppInventor zaubern, der ist herzlich eingeladen zum Abschluss des App Summer Camps, um sich die entwickelten Apps anzuschauen.
Wer auch mal will: opentechschool.org/hamburg. Wenige Tage bevor die Mädchen ihre ersten Apps entwickeln, fiel jetzt der offizielle Startschuss in Hamburg. Diana verspricht „hands-on“-Veranstaltungen statt theoretischer Vorträge, am Ende der Workshops oder Treffen solle stets was Konkretes entstanden sein. „Das kann eine Website, eine Smartphone-App oder vielleicht sogar ein selbst gebautes Handy sein.“
Alle Bilder: (c) Diana Knodel et al. Alle Rechte vorbehalten.