Schleswig-Holstein sorgte am letzten Freitag für Aufsehen in der digitalen Szene. Nein, nein. Ich rede nicht von dem Gutachten des ULD und der Androhung von Bußgeldern für Betreiber von Facebook-Fanpage-Seiten. Pillepalle.
Ich meine: das zweite Kieler BarCamp am 19. und 20. August 2011. im Wissenschaftszentrum in der Stadt der Segler, Handballer und Sprotten (wobei ich gehört haben, das die Kieler Sprotte eigentlich aus Eckernförder stammt, aber das ist eine andere Geschichte).
„Wie war’s denn jetzt auf dem BarCamp? Sag doch mal!“ Ja, mach ich gleich. Erstmal ein paar Fakten:
Das Kieler BarCamp fand 2010 erstmals statt und war – wie es sich gehört – beim diesjährigen zweiten Mal deutlich größer. Über 300 Menschen hatten sich angemeldet, 2010 waren es nur 130. Die „No-Show-Rate“ lag bei etwa 25 Prozent. Geboten wurden vielseitige und vielversprechende Sessions, für jede und jeden war was dabei. Am Ende waren alle Zeiten und Räume belegt. Bei acht Räumen zu fünf verschiedenen Zeiten macht das 40 Sessions. Pro Tag.
Der Schutz der Privatsphäre spielte beim BarCamp Kiel auch außerhalb der Sessions eine wichtige Rolle. Wer nicht fotografiert werden wollte, klebte sich einen roten Punkt auf sein Namensschild. Eine bemerkenswerte Idee, die funktionierte: Die Fotografen achteten bei jedem Bild auf diesen Hinweis.
Und jetzt noch etwas Feminismus, nicht nur, weil die Digital Media Women ein Netzwerk von und für Frauen sind, sondern weil es grundsätzlich bemerkenswert ist: Es waren mal wieder extrem wenige Frauen anwesend. Ich habe – gefühlt – zehn Frauen gesehen, die aus dem Orga-Team nicht mitgezählt. Realistisch waren es vielleicht 30. Das entspricht – wie so oft – nicht der Quote der Personen, für die so ein BarCamp eigentlich interessant sein sollte. Warum das so ist und noch einige andere Dinge habe ich einen der Initiatoren und Organisatioren des BarCamps Kiel, Jan Winters, Berater bei der Werbe- und Marketingagentur New Communication GmbH & Co. KG in Kiel, gefragt:
Das war das zweite BarCamp Kiel. Was habt ihr aus dem letzten Jahr gelernt und dieses Jahr umgesetzt?
Jan Winters: Die Hauptherausforderung für uns war, die Rahmenbedingungen auf die mehr als doppelte Teilnehmerzahl heraufzuskalieren – das betraf natürlich mehr oder weniger alle „Bestandteile“ des BarCamp Kiel 2011. Ich finde, das ist uns allen zusammen ganz gut gelungen. An einzelnen Aspekten gilt es natürlich, weiterzuoptimieren.
Was zum Beispiel wäre zu optimieren?
Wir haben sehr viel positives Feedback zu den zahlreichen Aspekten der Veranstaltung erhalten, es gab aber auch einige Punkte, die mehrfach „kritisch“ angemerkt wurden – zu denen werden wir uns eine gemeinsame Meinung bilden und dann schauen, ob und was es hier zu „verbessern“ gilt, damit das Ganze noch toller wird. Dabei geht es hauptsächlich um die Themen Anmeldung, Kommunikation und Verpflegung. Immer bedenken sollte man aber, dass ein BarCamp eine in der Regel für die Besucher kostenfreie Veranstaltung ist – so auch bei uns. Das stellt uns natürlich immer vor Herausforderungen, was die Finanzierung angeht. Umso mehr freuen wir uns über Sponsoren, die uns dabei unterstützen. In diesem Jahr waren das zum Beispiel wissenschaftszentrumkielgmbh, Addix, die Kieler Volksbank oder New Communication.
Welche der Sessions, die statt gefunden haben, hättest oder hast du am liebsten besucht?
Ich persönlich habe versucht, immer dann in ein paar „unterschiedliche“ Themenwelten hereinzuhorchen, wenn ich organisationsbedingt dafür Zeit hatte: Die Auftaktsession zum Thema Facebook und ULD habe ich mir natürlich nicht nehmen lassen, ich fand aber auch die Sessions zu HTML5, Responsive Webdesign und Glasfasern in Kiel spannend! Ich hätte gerne noch in die „Leben mit einem Nerd“-Session hineingeschaut, hatte aber leider keine Zeit mehr dazu. Muss lustig gewesen sein!
Welche Session, die nicht statt gefunden hat, würdest du dir bei einem nächsten BarCamp wünschen?
Spannend fände ich ja mal ein paar Sessions, die so in die Richtung Work/Life-Balance gehen.
In eurem Orga-Team habe ich recht viele Frauen gesehen. Unter den Besuchern waren es gefühlt fünf Prozent. Woran – glaubst du – liegt es, dass an BarCamps oft so wenig Frauen teilnehmen?
Sag du es mir! Ich persönlich habe seit 1996 schon die unterschiedlichsten Veranstaltungsformate mitgemacht und mitorganisiert, die sich grob im Bereich „Multimediakunst“ und Co. bewegten, und das ist eine Frage, die immer wieder gestellt wird. Vielleicht macht Ihr dazu mal eine Umfrage? Ihr seid da ja „ganz dicht dran“.
Und zum Schluss eine Frage, die jedem BarCamp-Organisator nach dem erfolgreichen BarCamp gestellt wird: Werdet ihr auch 2012 wieder eines in Kiel veranstalten?
Die Chancen stehen gut, ja! Wir werden uns zeitnah zu einem Orga-Treffen zusammenfinden und besprechen, was wir selbst organisationstechnisch vom BarCamp 2011 mitgenommen haben, was wir an Feedback erhalten haben und was das für eine 2012er-Ausgabe bedeutet.
Herzlichen Dank an dieser Stelle an Jan Winters für das freundliche Interview.
Mein persönliches Fazit
Erst mal etwas nörgeln: Twitter-Namen auf den Namensschildern wären schön gewesen. Und: Ich stehe ja auf Twitterwalls, das ist für mich wie Fernsehen. Eine gebeamte Twitterwall gab es zwar, die konnte allerdings wegen der Helligkeit in der Halle des Wissenschaftszentrums nicht gelesen werden. Unterm Strich aber ein gutes BarCamp mit spannenden Sessions, interessanten Menschen und einer prima Organisation, für das auch die Anreise nach Kiel lohnt.
Gastautorin Daniela Friedrich ist Mitglied der Digital Media Women Hamburg und bietet mit ihrer Firma web my day Beratung und Schulung im Bereich Social Media. Sie twittert unter @web_my_day.