Mit der Digitalisierung wandeln sich existierende Berufe und neue kommen dazu. Die Abgrenzungen der Berufsbilder und die Aufgabendefinition ist in vielen Fällen noch nicht abgeschlossen. Kein Grund, nicht genauer hinzuschauen und nachzufragen: „Was macht eigentlich ein_e …?“ In loser Abfolge geben Frauen aus unserer #DMW Community Einblick in ihren Berufsalltag in der Digitalwirtschaft.
Cécile Schneider ist stellvertretende Quartiersleiterin der #DMW München, Senior PR and Marketing Managerin bei Telefónica NEXT und hat seit 2003 Contentprojekte entwickelt und begleitet.
Was können wir unter Content Marketing verstehen?
Im Content Marketing geht es vor allem darum, Kunden und ihre Herausforderungen zu verstehen – und dann mit hilfreichen Inhalten zu unterstützen. Die Content Marketing Managerin ist dafür verantwortlich, die richtigen Inhalte in die richtigen Formate für die richtigen Nutzer zu bringen. Dazu braucht es eine Content-Strategie, über die man sich zuerst Gedanken macht. Dann muss der Content geplant, erstellt und an die Nutzergruppe gebracht werden. Also sind die Fragen, was man wo und wem an Content so zur Verfügung stellt, so dass im besten Fall aus einem Informationssuchenden oder Interessenten ein Kunde wird oder das Unternehmen, das die Infos anbietet, als relevanter Ansprechpartner erkannt wird.
Was unterscheidet das Content Marketing von anderen Marketing-Formen?
Relevanz ist der Baustein, der Content Marketing stärker von älteren Marketingdisziplinen abgrenzt. Es geht nicht darum, was die Geschäftsführung selber gerne über ihr Unternehmen lesen würde. Wir alle kennen diese langweiligen Broschüren voller Selbstbeweihräucherung. Das ist das Gegenteil von Relevanz. Im Content Marketing geht es darum, welche Inhalte die Kundinnen und andere Stakeholder spannend, nützlich oder unterhaltsam finden. Dies mit den Angeboten des Unternehmens sinnvoll zu verknüpfen, ist die Kunst.
Wie entwickelst du eine Content-Strategie? Was muss man beachten, worauf kommt es an?
Um eine Content-Strategie zu entwickeln, ist es unverzichtbar, dass ich mich in die Bezugsgruppe hineinversetzen kann. In meinem letzten Projekt bestanden unsere Kunden (also die Zielgruppe) aus IT-Verantwortlichen und Einkäufern, die ihre Dokumentenprozesse digitalisieren wollen – etwa um lange Aktenschränke loszuwerden oder an jedem Standort Verträge schnell zu finden. Das Unternehmen hat dazu die Software und Hilfe bei der Auswahl angeboten.
Ich mache mir Gedanken darüber, welche Informationen diese Personen brauchen. Wo sind die Schmerzpunkte, welche Faktoren schränken bei der Entscheidungsfindung ein? In dem Fall war es so, dass entsprechende Systeme teuer, intransparent und extrem komplex sind. Ein Vergleich verlangt viel Einarbeitungszeit – die in der Realität einfach nicht vorhanden ist. Für potenzielle Käufer solcher Systeme ist es also hoch relevant zu erfahren, wie sie ein System auswählen, dass zu ihren Bedürfnissen passt und sich hinterher nicht als teure Fehlinvestition erweist. Genau diesen Schmerz muss man herausarbeiten – die Zielgruppe wirklich gut kennen. Dieses Wissen fasst man am besten in eine beispielhafte Kundenpersönlichkeit, eine so genannte Persona, zusammen. Dann erstellt man exakt die Content-Angebote, nach denen gesucht wird, die, wie in diesem Fall, eine Hilfe und Unterstützung darstellen.
Das lässt sich weiter treiben, wenn man sich Kunden in verschiedenen Stadien in einem enger werdenden Trichter vorstellt – dem so genannten Sales Funnel. Am breiten Rand die flüchtig Interessierten, unten bereits vorsortierte potenzielle Kunden mit konkretem Kaufinteresse. Für den Wissensstand jeder Gruppe lassen sich unterschiedliche Angebote formulieren.
Und in der Analyse kann man schauen, was kommt wie an, wer liest was, von welcher Art Content brauchen wir mehr, wovon weniger? Mit Zahlen und Analysetools ermittelt die Content Marketing Managerin, wie oft Inhalte, zum Beispiel ein Blogeintrag, gelesen werden und wie sie konvertieren, also wieviele Kundenanfragen („Leads“) sie erzeugen. Aus diesen Erkenntnissen optimiert sie die Inhalte weiter.
Was für Fähigkeiten sollte eine Content Marketing Managerin mitbringen?
So unterschiedlich die Themen und Anspruchsgruppen sind, so unterschiedlich sind auch die Formate, die zur Auswahl stehen. Hier hilft es, kreativ zu sein und in verschiedenen Mediengattungen denken zu können. Statt in einem langen Text lässt sich die Produktionsstraße vielleicht in einem Comic viel besser erklären. Infografiken, Videos, Kurzfilme, E-Books – all diese und noch viel mehr Formate können in einer Content-Strategie wichtig werden.
Für ein Computerspiel habe ich beispielsweise ein 10-minütiges Video gestalten lassen, das den Spielerinnen und Spielern die tiefergehenden Interaktionsmöglichkeiten mit der Welt genau zeigt und auch ins Verhältnis zu den Vorgängerspielen der Entwickler setzt.
Außerdem sollte man gerne Daten betrachten, um den Erfolg bewerten zu können und Webtechnik mögen, um mit verschiedenen Tools und Redaktionssystemen umzugehen. Nicht zuletzt ist ein Verständnis für Suchmaschinenoptimierung (SEO) sehr wichtig, damit die Inhalte bei Google, Bing und anderen Suchmaschinen gefunden werden.
Mit welchen Bereichen und Abteilungen arbeitest du zusammen? Woher bekommst du die Infos?
Für das Computerspiel habe ich zum Beispiel gemeinsam mit dem Brand Manager den Inhalt entwickelt und fehlende Szenen aus dem Spiel aufgenommen. Ein Autor hat nach unserem Briefing den Sprechertext geschrieben und ein Cutter hat das Video am Schluss zusammengeschnitten und mit Overlay-Grafiken versehen. An diesen WM-Spiel-Sonntag im Schnittraum erinnere ich mich noch sehr gut. Nach der finalen Feedbackrunde und Abnahme habe ich das Video über Presse und Social-Media-Kanäle verteilt.
Im Marketing ist es extrem wichtig mit verschiedenen Agenturen, Freiberuflern und Dienstleistern gut kommunizieren zu können und Briefings so zu gestalten, dass das Resultat am Ende zum eigenen Unternehmen passt.
Nach meiner Erfahrung liegen die relevanten Informationen für gute Themen oft über verschiedene Abteilungen verstreut, und manchmal sind die Dinge auch gar nicht so, wie sie sich zunächst darstellen. Aus meinem Start-up-Training habe ich vor allem einen Satz mitgenommen: „Break your riskiest assumption“, stelle deine Basis-Informationen auf den Prüfstand und operiere nicht aufgrund von Annahmen.
Du hattest schon die unterschiedlichen Anspruchsgruppen und Themen genannt. Wie findest du das richtige Thema?
Bei der Themenfindung ist neben dem Social Listening, Daten- und Keyword-Analyse auch die Konkurrenzbetrachtung wichtig. Dann sollte man allgemeine Themen im entsprechenden Feld kennen, Umfragen machen oder Studien lesen. Vor allem aber: mit Leuten reden! Je nach Anspruchsgruppe auch auf Messen oder auf Events. Man muss sich Kontakte empfehlen lassen – viele Menschen sind viel hilfsbereiter, als man denkt. Also, mutig sein und das Netzwerk nach hilfreichen Kontakten fragen.
Welche Tools nutzt du und wie hältst du dich up-to-date?
Ich lese gerne beim Content Marketing Institute, im Hubspot Marketing Blog oder auf Zielbar.de. Zum realen Austausch ist das Content Strategy Camp in Darmstadt ein Highlight, in der Facebookgruppe Content Queens sind tolle Expertinnen versammelt.
Hubspot und Feedly sind bei mir täglich im Einsatz. Häufig nutze ich auch Google Analytics, das Google Keyword Tool, Hypersuggest, Buffer oder Social Media Monitoring wie VICO Analytics oder Brandwatch.
Cécile Schneider hat bei Telefónica NEXT einen der höchstgelegenen Arbeitsplätze Münchens und ist dort für PR und Marketing zuständig. Seit 2003, als Content Marketing noch Corporate Publishing hieß, hat Cécile Contentprojekte entwickelt und begleitet – zwischenzeitlich vor allem in der Videospielebranche, wo sie ein Kommunikationsteam leitete. [EndeTextumfluss]
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