Was macht eigentlich eine… App-Produktmanagerin? #DigitaleBerufe

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Mit der Digitalisierung wandeln sich existierende Berufe und neue kommen dazu. Die Abgrenzungen der Berufsbilder und die Aufgabendefinition ist in vielen Fällen noch nicht abgeschlossen. Kein Grund, nicht genauer hinzuschauen und nachzufragen: „Was macht eigentlich ein_e …?“ In loser Abfolge geben Frauen aus unserer #DMW Community Einblick in ihren Berufsalltag in der Digitalwirtschaft.

 

Nelli Hergenröther ist Projekt- und Produktmanagerin für Apps und arbeitet bei Evenly, einer Agentur für mobile, TV und Voice Software.

Was macht eine Produktmanagerin für Apps und wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Ich leite seit fast zwei Jahren die Entwicklung der iOS und Android Apps für den deutsch-französischen Fernsehsender ARTE bei Evenly. Meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit den Verantwortlichen zu schauen, welche Features wann umgesetzt werden, selbst Vorschläge für neue Features zu machen, bzw. ARTE bei der Anpassung von Features für die mobile Apps zu beraten und regelmäßige Releases zu planen. Ich bin die Schnittstelle zwischen dem Kunden, unserem Entwicklerteam und unseren Partnern für Design und sorge dafür, dass wir alle dieselbe Vorstellung vom Produkt haben und die Anforderungen allen klar sind. Gleichzeitig achte ich darauf, dass wir in der geplanten Zeit und im Budget bleiben.

 

Da wir unser Büro in Berlin haben und ARTE in Straßburg sitzt, ist sehr viel Kommunikation nötig. Ich bin eigentlich den ganzen Tag über mit dem Kunden über HipChat in Kontakt, um Fragen zu klären, aber auch spontan über Features oder deren genaue Umsetzung zu diskutieren bzw. zu klären, ob das Feature für mobile Plattformen in der Form Sinn macht. Zusätzlich haben wir einen wöchentlichen Call, wo wir länger persönlich sprechen.

Mit dem Entwicklerteam bei uns im Büro haben wir ein regelmäßiges Standup, das je nachdem, wie es gerade nötig ist, täglich oder mehrmals die Woche stattfindet. Hier klären wir, wer gerade an was arbeitet und ob jemand im Team Unterstützung braucht oder von irgendwas blockiert wird. Meine Aufgabe ist es dann, dafür zu sorgen, dass alle möglichst schnell wieder ungestört arbeiten können und alles erhalten, was sie dafür brauchen.

 

Da wir gleichzeitig an der iOS und der Android App bauen, haben wir den Vorteil, dass wir für beide Plattformen zur selben Zeit die gleichen Features umsetzen und dadurch Synergieeffekte bei Design und Abstimmung nutzen können. Aus diesem Grund können wir auch direkt im Standup oder danach über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Features auf beiden Plattformen reden, denn unser Anspruch ist es, dass beide Apps einerseits in ARTEs plattformübergreifende Strategie passen, sich aber gleichzeitig auch nahtlos in die Nutzergewohnheiten der jeweiligen Plattform einfügen.

 

Jedes Projekt bei Evenly funktioniert im Detail etwas anders, aber das große Ganze bleibt gleich: Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass wir eine mobile App haben, die sowohl zu der digitalen Strategie des Kunden passt als auch den Guidelines der jeweiligen Plattform entspricht und sich intuitiv und nutzerfreundlich bedienen lässt.

Gibt es spezielle Tools oder Produktmanagement-Prozesse, die zum Einsatz kommen?

Wir nutzen z.B. JIRA und Confluence, um über größere Produkt-Epics zu diskutieren, sie dann in kleinere Aufgaben aufzuteilen und für Releases einzuplanen, manchmal auch Trello oder Codebase.

Um Design-Mockups und Produktspezifikationen zu erstellen und abzustimmen verwenden wir InVision oder Milanote, die fertigen Designs werden dann mit Zeplin für die Entwickler exportiert.

So gut wie alle Apps, an denen wir arbeiten, sind in mehreren Sprachen lokalisiert. Für Übersetzungen nutzen wir PhraseApp.

 

Ein essentieller Bestandteil unseres Arbeitsprozesses ist das regelmäßige Testen von App-Betas mit HockeyApp und TestFlight. Auf diese Weise haben wir eine noch nicht vollständige Version der App, die nur einem begrenzten internen Kreis an Nutzern zur Verfügung gestellt wird. So können wir direkt auf mobilen Geräten schauen, ob das Feature tatsächlich so aussieht und sich so benutzen lässt, wie wir es uns gedacht haben. Dadurch sind sowohl wir als auch unsere Kunden während der Entwicklung immer auf dem neusten Stand und können Fehler schnell korrigieren oder Features verändern. Intern nutzen wir bei Evenly auch Werkzeuge wie den iOS Simulator bzw. Android Emulator, um Apps schon vor dem Bauen einer Beta auf dem Computerscreen anzuschauen und Details zu besprechen.

 

Für die Kommunikation nutzen wir intern Slack, für die Kommunikation mit Kunden auch HipChat oder Skype.

Welche Fähigkeiten sollte man als Produktmanagerin im App-Bereich mitbringen?

Man sollte vor allem keine Angst vor Fragen haben – wenn ein Feature oder dessen Umsetzung nicht klar sind, heißt es nicht, dass man nicht genug Wissen hat, es zu verstehen, sondern dass das Feature vielleicht auch den Nutzern der App nicht klar wird. Viel zu hinterfragen ist ein Vorteil, kein Nachteil.

Grundsätzlich sollte man Interesse an mobilen Plattformen mitbringen und sich auch für die Unterschiede zwischen den Plattformen und deren Philosophien begeistern. Ein gutes Produkt muss die Visionen hinter den Plattformen und die jeweiligen Nutzergewohnheiten in Betracht ziehen.
Interesse an User Experience (UX) und User Interface Design (UI) ist ebenfalls nötig. Ansonsten helfen natürlich auch gute Organisationsfähigkeiten und diplomatisches Geschick, denn man muss die Interessen verschiedener Stakeholder miteinander vereinbaren und in ein rundes Produkt gießen.

Welche Herausforderung hat der Job?

Man muss bei technischen Entwicklungen und Trends immer up to date bleiben – in diesem Bereich ändert sich Vieles schnell. Man kann sich also nicht darauf verlassen, dass Wissen über Jahre hinweg aktuell bleibt. Andererseits gibt das einem aber natürlich auch die Möglichkeit, viel auszuprobieren und Neues zu lernen. Man muss Neugier auf neue Technologien mitbringen – ich habe z. B. gerade angefangen, mit Storyline eine Voice UI App für Amazon Alexa zu bauen.

Zudem sind wir in einer etwas besonderen Situation – wir machen zwar Produktmanagement, aber nicht für eigene Produkte, sondern für Kunden. Das macht die Abstimmung und die Vereinbarkeit verschiedener Ziele und Interessen noch etwas herausfordernder.

Wie hältst du dich im App-Bereich auf dem Laufenden?

Ich kann die MobX und das Product Camp für mobile Produktentwicklung sehr empfehlen. Außerdem bin ich gerne auf der beyond tellerrand, um mir Inspiration aus dem Web-Bereich zu holen. Wichtig finde ich auch plattformspezifische Konferenzen wie die UIKonf für iOS und die Droidcon für Android, um mehr in die Plattformspezifika einzutauchen.
Ich lese regelmäßig das Blog von InVision, um im UX Bereich auf dem neusten Stand zu bleiben und Little Big Details für kleine UX-Inspirationen. Und wenn ich mal lieber hören als lesen will, dann Productish.

Außerdem bin ich immer gerne bei den Meetups der Digital Media Women und der Ladies That UX in Berlin.

 

Nelli Hergenröther (Foto: Anna-Lena König)

Nelli Hergenröther ist Projekt- und Produktmanagerin für Apps mit Background in der digitalen Kommunikationsforschung. Seit 2017 ist sie an der Führung der Evenly GmbH beteiligt, einer Agentur für mobile, TV und Voice Software. Als Einwandererkind liegt ihr das Thema Accessibility besonders am Herzen – eine App muss auch für jemanden, der eine Sprache nicht perfekt spricht, verständlich und benutzbar sein.[EndeTextumfluss]

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