Mit der Digitalisierung wandeln sich existierende Berufe und neue kommen dazu. Die Abgrenzungen der Berufsbilder und die Aufgabendefinition sind in vielen Fällen noch nicht abgeschlossen. Kein Grund, nicht genauer hinzuschauen und nachzufragen: „Was macht eigentlich ein_e …?“ In loser Abfolge geben Frauen aus unserer #DMW Community Einblick in ihren Berufsalltag in der Digitalwirtschaft.
Sarah Söhlemann, #DMW Orga-Mitglied und Online Marketing Managerin bei cbj, dem Kinder- und Jugendbuchverlag der Verlagsgruppe Random House GmbH, erzählt, warum uns die „Gießkannenwelt“ nicht weiter bringt und Kanäle wie Snapchat, Instagram und WhatsApp nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch eine größere Kundenbindung erzeugen.
Was macht eine Online Marketing Managerin, was sind deine Aufgaben?
Ohne das Internet geht natürlich nichts. Meine Aufgabe ist es, unseren Büchern auf unterschiedlichste Weise zu Aufmerksamkeit im Netz zu verhelfen. Da gehört es zum Alltag, verschiedene Social Media-Kanäle mit Buchtipps, Rätseln, Geschichten oder einfach Neuigkeiten zu bespielen. Außerdem gilt es, Newsletter zu verfassen, Landingpages zu erstellen und zu optimieren oder große Online-Kampagnen zu planen und umzusetzen. Ein wichtiges Stichwort dabei ist das Customer Relationship Management: Wir möchten uns nah an unseren Nutzern und Lesern bewegen und sie mit ihren Leseinteressen abholen.
Genauso gehört es zum Job, sich mit digitalen Medien und Trends auszukennen, sich auf dem Laufenden zu halten und sich mit Kollegen und Kolleginnen aus anderen Bereichen auszutauschen. „Online“ ist heutzutage kein Thema mehr, das einsam in Digital-Abteilungen abgewickelt wird. Jede/r Mitarbeiter/in soll digitales Grundwissen besitzen und vor allem auch wissen, was das eigene Unternehmen digital oder in sozialen Medien so treibt. Auch das ist mein Job: Online-Wissen in meinen Verlag hineinzutragen und das Verständnis näher zu bringen.
Welche Fähigkeiten sollte man als Online Marketing Managerin mitbringen?
Ein tiefes, intrinsisches Interesse an allem, was „online“ ist und Verständnis für bzw. Aufgeschlossenheit gegenüber den vielen Möglichkeiten, die damit verbunden sind. Auch ein technisches bzw. technologisches Fachwissen ist sehr hilfreich. Ich habe neben meinem Literaturstudium Informatik und Computerlinguistik studiert und die Grundlagen einiger Programmier- und Datenbanksprachen gelernt. Davon profitiere ich sehr. Aber auch ohne solche Studieninhalte kann man sich sehr viel selbst beibringen. Das schult das logische Verständnis und verbessert die Kommunikation mit (externen) Programmierer/innen sehr. Mit anderen Worten: Es hilft, wenn man versteht, was man in Auftrag gibt 😉
Hilfreich ist auch eine gute Portion Wissbegier. Denn Online Marketing ist ein großes Feld. Mit Social Media Marketing, Advertising, SEO, Websitemanagement, Webdesign, E-Mail-Marketing, CRM etc. scheint es fast unmöglich, in allen Teilbereichen up-to-date zu bleiben oder gar Expertin zu sein. Es ist aber praktisch, wenn man weiter nach links und rechts schaut als nur in die Richtung, in die man sich spezialisieren möchte.
Außerdem ist wie in vielen anderen Berufen Projektmanagement eine wichtige Fähigkeit. Und Flexibilität. Denn was heute der große Hype ist, ist morgen schon wieder Vergangenheit. Das kann mitunter die eigene Strategie ganz schön durcheinanderwirbeln. Ein Gespür für gute Geschichten – egal ob aus Büchern oder aktuellen Ereignissen – und für das Erzählen gehört ebenfalls dazu.
Wie bist du zu dem Beruf Online Marketing Managerin gekommen?
Im Großen und Ganzen bin ich meinen Interessen gefolgt. Mein Studium der englischen Literatur kombiniert mit Psychologie und Informatik ist nicht unbedingt klassisch. Informatik bzw. Computerlinguistik im Magisternebenfach gab mir aber ein schönes Gegengewicht zu den Geistes- und Sozialwissenschaften und ist eine ganz andere Art von Studium. Programmiersprachen und Algorithmen haben mir Spaß gemacht. Im ersten Job nach dem Studium fiel mir der „Online-Teil“ im Marketing ziemlich schnell in den Schoß. Also hieß es ausprobieren, vorantasten, Social-Media-Kanäle starten und bespielen, die veraltete Website (SEO-)technisch zumindest an den Anfang des 21. Jahrhunderts holen und so, viel „on the job“ zu lernen. Google war (und ist) mein bester Freund neben einigen genialen und sehr hilfreichen Blogs, einem tollen, wachsenden Netzwerk und ein paar Büchern. Nach einem Zwischenstopp in der Digitalkommunikation einer PR-Agentur, aus dem ich viel Spannendes über Kommunikation und Storytelling mitgenommen habe, bin ich 2016 als Online Marketing Managerin bei der Verlagsgruppe Random House gelandet.
Was ist die Herausforderung in deinem Job?
Eine meiner Herausforderungen sind Kennzahlen wie Interaktionsraten und Klickraten samt ihrem Kontext. Diese mögen auf den ersten Blick im Vergleich zum Durchschnitt „gut“ oder gar „sehr gut“ sein, doch mit einigen wenigen Prozent umgerechnet sind sie höllisch frustrierend. Ein typisches Werbeproblem – bekannt vor allem aus der Gießkannenwelt – verbunden mit massigen Streuverlusten. Also lerne ich meine Konsument/innen besser kennen. Ich versuche zu verstehen, wer wann wie womit interagiert und reagiert und unterteile in viele, kleinere Untergruppen, die ich gezielter ansprechen möchte. Diverse Kanäle und ein CRM machen das gleichzeitig einfacher und komplizierter bzw. zeitaufwendiger. Es ist aber auch unheimlich spannend. Vor allem wenn ich mich selbst und mein Netzwerk immer wieder im eigenen Nutzerverhalten testen kann, um schließlich festzustellen, dass etwas, das wir uns im Meeting ausgedacht haben, in der Wirklichkeit nicht funktioniert und spontane Ideen dagegen oft gut klappen.
Welche Trends und Entwicklungen findest du im Online Marketing aktuell besonders spannend?
Die allgemeine Entwicklung hin zum nativen (Social) Storytelling mit Snapchat, Instagram, WhatsApp oder Facebook Stories ist ebenfalls eine tolle und wichtige Spielwiese, um echte Aufmerksamkeit für unsere Bücher zu bekommen und unsere Community einzubinden. Für uns als Verlag gehört Storytelling quasi zum kleinen Einmaleins. Digital können wir unsere Geschichten wunderbar medial erweitern – beispielsweise über unsere neue digitale Leseproben-Plattform www.read-n-go.de. Dort sind die Leseproben nicht nur responsiv und teilbar, sondern sie erzählen die Geschichten der einzelnen Bücher auf ganz eigene und emotionale Weise: Hier geht es zu meinem aktuellen Lieblingsbeispiel.
Wie hältst du dich auf dem Laufenden und bleibst du up-to-date und / oder welche Websites, Konferenzen oder Gruppen kannst du zu dem Thema empfehlen?
Ich bin ein großer Fan von fachlichen Facebook Gruppen. Die deutschlandweite Digital Media Women Gruppe ist zum Beispiel inhaltsstark und bemerkenswert konstruktiv bei ganz verschiedenen Fragen. Da komme ich auf Blickwinkel, an die ich in meinem Alltag vielleicht gar nicht denke.
Natürlich habe ich einige Newsletter und Branchenmedien abonniert – beispielsweise den digital publishing report – die ich aber oft nur überfliege und bei Bedarf tiefer einsteige. Auf Facebook folge ich bspw. Karl Kratz mit karlsCORE und Kerstin Hoffmann. Viele Infos erreichen mich über meinen Facebook oder Twitter Stream oder eben im direkten Austausch bei Events wie dem Publishing Stammtisch, dem Social Media Club oder Meet-ups der #DMWmuc. Einmal im Jahr ist republica-Zeit, und im Herbst findet in München der Zündfunk Netzkongress statt, den ich auch sehr empfehlen kann.
Sarah Söhlemann ist seit 2012 Online Marketing Managerin in der Verlagsbranche und fühlt sich online pudelwohl. Sie ist aktives Mitglied der Digital Media Women in München und organisiert daneben zusammen mit Norsin Tancik und Katharina Eichler den Publishing Stammtisch München mit Impulsvorträgen zu ganz verschiedenen Branchenthemen. In ihrer Freizeit fotografiert sie Menschen, Städte und Hochzeiten, hört Podcasts und verliert sich abwechselnd in Serien oder Büchern. [EndeTextumfluss]
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